Die Suenden der Vergangenheit
Das war nicht wahr. Sie war Tri'Ora. Die Vorderläufe der Bestie knickten ein, als hatte es vor, sich vor ihr zu verbeugen. Erneut dieses markerschütternde Jaulen, dann löste es sich genauso schnell in Luft auf, wie es gekommen war. Tiponi verspürte einen weiteren, diesmal aber wesentlich leichteren Stoß, der durch ihren Körper ging, dann verloschen ihre Augen und alles war vorbei.
Nein, nicht alles. Theron lag immer noch verletzt neben ihr. Tiponi murmelte weitere, entschuldigende Worte in der alten Sprache, die er gewiss verstehen würde und vielleicht annehmen konnte, während sie aller Kräfte beraubt auf das Messer zu robbte, um sich noch einmal für ihn zu schneiden. Freiwillig würde sie sich selbst nun auch nicht mehr beißen.
Tiponi!
Theron bemühte sich, sich auf sie zu konzentrieren. Er musste sie beschützen! Ihr durfte nichts geschehen. Sie gehörte ihm, er musste für sie sorgen!
Den Höllenhund hatte er sich vermutlich eingebildet. Wahrscheinlich Schuldgefühle. Große Schuldgefühle, weil er Tiponis Kehrseite einen begehrlichen Blick sandte, obwohl er ziemliche Schmerzen hatte und zudem eine deutliche Botschaft bekommen hatte, die Finger von ihr zu lassen. Aber die Bestie, die sich aus seinem Inneren mit langen Klauen an die erhoffte Freiheit gerissen hatte, wollte sich nicht so leicht bändigen lassen. Nicht wenn noch ein Funken Leben in ihm war.
„Nicht… nicht…“
Theron umfasste ihr Handgelenk und zog Tiponi an seine Seite, ungeachtet der Schmerzen, und entwand ihr den Dolch, den er achtlos zur Seite warf. Sie war warm und weich und linderte sofort seine Qualen, als er spürte, dass sie unverletzt war. Er war nicht wichtig. Er hätte besser aufpassen müssen, er hatte den Kopf verloren.
„Jetzt… nicht! Ich… muss verzichten! Bis zum Sonnenaufgang… Wenn ich jetzt… trinke, dann… ich kam… in dir!“
Theron musste das sagen, weil er nicht sicher war, ob es ihr bewusst war. Vermischte sich nun sein Blut und sein Samen unter dem Einfluss des Mondes, nachdem er von ihr getrunken hatte, dann würde sie unweigerlich ein Kind von ihm empfangen. Allein der Gedanke ließ seine untere Körperregion wieder zum Leben erwachen, wogegen er gerade nichts unternehmen konnte. Sie lag an seiner Seite und würde es hoffentlich nicht merken. Er drückte sie gleich noch fester an sich und legte den anderen Arm über sie, obwohl er dafür seinen Oberkörper streifen musste, doch das war ihm gerade egal, da er sich mit den Fingern in ihr seidenweiches Haar wühlen wollte.
Er blickte irgendwie losgelöst von allem an die Decke, während Tränen aus seinen Augenwinkeln rannen. Das Zimmer um sie herum verwandelte sich plötzlich, als hätte jemand die Zeit zurückgedreht, es war jedoch nur Rons Wille, der Bilder aus der Vergangenheit entstehen ließ auch für Tiponis Augen, obwohl er sich dessen nicht bewusst war. Sie erlebte mit, wie er mit Malakai auf die Geburt von Romana angestoßen hatte, dann den Streit wegen Marga, nachdem er seinen Onkel praktisch entführt hatte… Die tödliche Auseinandersetzung, die für ihn ähnlich schmerzhaft geendet hatte wie jetzt, draußen wo ihn Tiponi angefallen hatte und schließlich die düstere Beerdigung… Therons Kräfte schwanden und die Illusion löste sich schrittweise in Nebel auf, bis sie wieder auf dem Boden in dem leicht demolierten Zimmer lagen.
„Die Sonne geht bald auf… Dann ist es vorbei!“, krächzte er mit rauer Stimme.
Sein Blick wurde glasig, ohne seine Umarmung zu lockern, weil es das einzige war, was ihn gerade in der Realität hielt, dann verdrehte er die Augen und fiel in eine erlösende Ohnmacht.
Tiponi ließ geschehen, dass er ihr die Waffe entwand, und weinte leise Tränen, weil sie es tatsächlich gewagt hatte, sich an einem unantastbaren Krieger zu vergreifen, ihn zu schlagen und schlimmer noch, ihn dazu zu bringen, sich zu vergessen. Wäre die ganze Situation nicht so ausweglos und überfordernd, wären ihre Wangen wahrscheinlich vor Scham rot geworden, als er sie mit schmerzverzerrtem Gesicht daran erinnerte, in ihr gekommen zu sein. Es hätte ihr nicht egal genug sein können, eine Empfängnis zu riskieren, sie wollte nur, dass er wieder gesund wurde und sich von dem Schaden erholte, den sie angerichtet hatte.
„Es tut mir leid.“, flüsterte sie, als sie in seinen Armen lag und nichts weiter tun konnte, als Entschuldigungen zu auszusprechen.
Ihretwegen musste er die nächsten Stunden leiden. Immerhin war es ein
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