Die Sünden des Highlanders
und leerte ihn in einem Zug. Das starke Getränk wärmte sie rasch, und sie fühlte sich etwas ruhiger, als sie Sir Adam den leeren Becher zurückgab.
»Warum?«, fragte sie, während er den Becher abstellte und sich dann breitbeinig auf den Stuhl neben ihrem Bett niederließ.
»Weil mein Vater ein brünstiger alter Bock war«, erwiderte er gedehnt.
Sie hustete, um nicht lachen zu müssen. »Nein, ich meinte, warum sagt Ihr mir das jetzt? Warum habt Ihr so lange gewartet?«
»Tja nun – solange mein Vater noch lebte, wollte er nicht, dass ich mit den anderen seiner Nachkommen etwas zu tun habe.«
»Hatte er denn noch mehr?«
»Traurigerweise ja, aber du bist die Einzige, die noch am Leben ist. Sobald ich alt genug war, um diesen Abkömmlingen zu helfen, habe ich es versucht, aber die wenigen, die damals noch lebten, weilten nicht lange unter uns. Das Schicksal meinte es nicht gut mit ihnen. Ich versuchte, deiner Mutter zu helfen, aber sie wollte nichts mit jemandem namens Kerr zu tun haben. Sie hatte ihren Stolz. Trotzdem habe ich auf sie aufgepasst. Leider war ich nicht hier, als sich die Leute aus dem Ort gegen sie wandten und dich verstießen.«
»Stolz, ja, davon hatte meine Mutter eine ganze Menge.« Sie verzog das Gesicht. »Deshalb habt Ihr mich also das Häuschen und das Land nutzen lassen.«
Er nickte. »Mein Vater war damals schon zu krank, um zu merken, was ich tat, aber er war noch so klar im Kopf, dass ich dich nicht nach Dubhstane bringen konnte. Und außerdem«, fuhr er augenzwinkernd fort, »machst du einen ausgezeichneten Met.«
Sie lächelte, auch wenn ihr etwas unbehaglich zumute war. Es war seltsam, auf einmal einen Bruder zu haben, einen Blutsverwandten. Unwillkürlich stieg Argwohn in ihr auf. Warum wich dieser Mann auf einmal von dem Pfad ab, den er bislang so standhaft beschritten hatte?
»Aha, jetzt bist du misstrauisch«, sagte er und nickte. »Gut, aber das brauchst du nicht zu sein. Abgesehen von ein paar Cousins, die meist um viele Ecken mit uns verwandt sind, bist du meine einzige Blutsverwandte. Das ist mir aber erst aufgegangen, nachdem ich erfahren hatte, dass du schwer verletzt worden bist.«
»Aber Euer Vater ist doch schon vor Jahren gestorben, wenn ich mich recht entsinne. Warum ist es Euch nicht schon damals aufgegangen?«
»Weil du dich damals recht gut eingerichtet hattest. Ich hatte daran gedacht, es dir zu sagen, aber dann hatte ich das Gefühl, dass schon genügend Bürden auf deinen Schultern lasteten – das Kind, das man dir vor die Tür gelegt hatte, die Leute, die ständig munkelten, du seist eine Hexe, und jeder Narr im Umkreis von mehreren Meilen, der glaubte, du seist mit deiner Gunst recht freizügig und wärst deshalb leichte Beute. Außerdem habe ich den Ruf meines Vaters geerbt, zu oft mit zu vielen Frauen zu verkehren. Warum dich damit weiter in Verruf bringen? Als ich erfuhr, dass dich die Mörder angegriffen hatten, wollte ich zu deiner Rettung eilen, aber Sir Tormand war schneller.«
Er beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie und sah sie eindringlich an. »Was bedeutet dir Sir Tormand Murray?«
Alles, dachte sie, sagte es aber nicht. »Da Ihr so viel über mich wisst, habt Ihr wahrscheinlich auch erfahren, dass ich manchmal Visionen habe.« Er nickte. »Ich hatte Visionen von den Morden«, fuhr sie fort. »Und ich dachte, vielleicht könnten sie helfen, die Mörder zu finden. Sie haben mir jedenfalls gezeigt, dass Sir Tormand nicht der Mörder war. Auch Sir Simon und Sir Tormand glaubten, dass die Visionen bei der Suche helfen könnten. Als die Mörder auf mich aufmerksam wurden, waren Sir Simon und Sir Tormand der Meinung, dass Walin und ich bei ihnen sicherer wären.«
»Das hast du schön gesagt, und es ist sicher wahr, aber es ist nicht die volle Wahrheit.« Er hob eine elegante, schmale Hand, um ihren Protest zu unterbinden. »Aber momentan ist es nicht weiter wichtig. Vielleicht können wir zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal darüber reden.«
»Vielleicht. Warum Euer schlechter Ruf Euch davon abgehalten hat, verstehe ich allerdings nicht ganz. Ich gelte als Hexe; man weiß, dass ich ein Bastard bin; und man glaubt, dass das Kind, das ich bei mir aufgenommen habe, mein leiblicher, unehelich gezeugter Sohn ist. Ein Bruder, der ein Lustmolch ist, hätte kaum zusätzlichen Schaden angerichtet.«
»Ich habe nie behauptet, die Sache sorgfältig durchdacht zu haben.« Er lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der
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