Die Sünden des Highlanders
spüre, und die sich nicht vor mit bekreuzigen. Tormand hat keinerlei Scheu vor mir, er hilft mir sogar, wenn ich nach einer Vision schwach bin oder wenn mein Kopf so schmerzt, wie er es oft tut.«
Nora legte ihre Stickerei zur Seite und nahm Morainns Hand. »Er wird dir wehtun, er wird dein zartes Herz entzweibrechen und auf den Stücken herumtrampeln.«
Morainn lächelte schwach. »Er würde nie so gemein sein, auf den Stücken herumzutrampeln. Glaub mir, der Mann hat nichts Grausames an sich. Du weißt, ich würde es spüren, wenn es anders wäre. Na ja, es kann schon sein, dass er mir das Herz bricht, aber wenn ich wieder alleine lebe, werde ich immerhin ein paar sehr schöne Erinnerungen haben. Ich glaube, Tormand wird ein großzügiger und sehr geschickter Liebhaber sein. Schließlich hat er mit genügend Frauen geschlafen, er hat dabei bestimmt einiges gelernt.« Beide mussten ein wenig lachen.
»Du willst es also wirklich? Liebst du den Narren denn?«
»Möglicherweise. Ich habe zwar dagegen angekämpft und mich nach Kräften gegen seine Reize gewehrt, aber in den letzten zwei Tagen habe ich Dinge gehört, die mir den Wind aus den Segeln genommen haben. Ich habe mitbekommen, wie sich seine Verwandten über seine tölpelhaften Versuche, um mich zu werben, lustig gemacht haben. Sie machen kein Hehl daraus, dass er sich noch nie an so etwas versucht hat. Er hat ihnen erklärt, dass er es bislang noch nie nötig gehabt hat, aber auch darüber haben sich seine lieben Verwandten nur lustig gemacht. Doch er hat auch gesagt, dass er es bislang nie gewollt hat.«
»Das klingt zwar ziemlich eingebildet, aber wahrscheinlich stimmt es.« Nora verzog das Gesicht und griff wieder zu ihrer Stickerei. »Ich gestehe, an deiner Stelle würde ich das auch als gutes Zeichen werten.«
Morainn war erleichtert, denn sie hatte befürchtet, sie klammere sich nur an jeden noch so dünnen Strohhalm, um sich nicht mehr gegen Tormand wehren zu müssen. »Gestern Abend habe ich ein Gespräch zwischen ihm und Simon mitbekommen. Tormand gestand ihm, dass es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen gefallen sei und er eine richtige Offenbarung hatte. Er meinte, je länger diese elende Liste würde, desto mulmiger wurde ihm, und er fing an, einen Mann zu sehen, den er nicht sehr gern hatte. Auf einmal sei ihm das, was ihm seine Klanmitglieder, vor allem die Frauen, immer wieder gesagt haben, nicht mehr wie eine Belästigung vorgekommen, die man tunlichst überhört, sondern wie etwas mit einer sehr bitteren Wahrheit im Kern. Außerdem gestand er Simon etwas, worüber der offenkundig sehr verwundert war: Tormand Murray, der große Frauenheld, ist seit über vier Monaten nicht mehr mit einer Frau zusammen gewesen!« Sie nickte, als Nora überrascht aufstöhnte. »Tormand glaubt, dass sich sein Unbehagen über sein jahrelanges Treiben bereits in sein Herz und sein Hirn eingenistet hat. Und was ich in meiner Wut und Empörung über seine Liste zu ihm gesagt habe, hat ihn ebenfalls schwer getroffen. Ihm gefiel der Mann überhaupt nicht, den ich in ihm gesehen habe.«
»Ach du meine Güte! Das klingt ja wirklich vielversprechend. Trotzdem – bist du dir sicher, dass du dein Herz und deine Tugend aufs Spiel setzen willst wegen etwas, was vielleicht nur eine vorübergehende Laune dieses Mannes ist?«
Morainn nickte bedächtig. »Ich glaube schon. Ich träume von ihm, Nora, jede Nacht träume ich von ihm. Er ist mir sogar schon lange vor unserer ersten richtigen Begegnung im Traum erschienen, auch wenn meine Träume immer detaillierter werden, seit ich ihn kenne. Beim Aufwachen fühle ich mich bedürftig und leer. Er spricht mich tief in meinem Innersten an. Anfangs träumte ich nur von einem Mann mit verschiedenfarbigen Augen, mit dem ich ins Bett ging – es waren verschwommene, romantische Bilder. Aber jetzt träume ich nicht mehr nur von körperlicher Liebe. Ich träume davon, wie er mich beim Essen anlächelt oder nach einem Tag am Hof zu mir heimkehrt und mir berichtet, was er dort erlebt hat. Ja, ich träume sogar davon, dass ich seine Kinder in den Armen wiege.«
»Du liebst diesen lüsternen Narren«, grummelte Nora.
»Vielleicht.«
»Nein, du liebst ihn wirklich. Ein ›vielleicht‹ ist hier fehl am Platze, das sehe ich ganz deutlich, wenn du schon von Kindern träumst. Ich wette, sie sehen ihm ähnlich.«
»Ja, aber vielleicht träume ich das auch nur, weil ich jetzt schon dreiundzwanzig bin und noch nie jemand um mich
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