Die Sünden des Highlanders
schneidender. Morainn begann zu zittern. Jetzt spürte sie auch den Blick, der auf ihr ruhte, sie spürte die böse Absicht des Beobachters. Er war zornig, dass sie ihn gefunden hatte.
Sie drehte sich um und ging raschen Schrittes in die Gasse. Dort stand eine große, düstere Gestalt. Morainn konnte fast seine Augen sehen, es war der große Kerl aus ihren Visionen, sie hatte ihn schon so oft in ihren Träumen gesehen, dass ein Irrtum ausgeschlossen war. So, wie der Mann dastand und sie anstarrte, wäre sie am liebsten zu Tormands Haus gestürzt und hätte sich unter der Bettdecke verkrochen.
»Dort drüben ist er«, flüsterte sie so leise und zaghaft, dass sie fast schon fürchtete, weder Harcourt noch Rory hätten sie verstanden. Aber die beiden reagierten sofort. Rory zögerte allerdings ein wenig, offenbar fand er, dass jemand bei ihr bleiben sollte. Sie schüttelte den Kopf. »Geht, wir bleiben hier, wo wir von vielen Menschen gesehen und gehört werden.« Doch als er Harcourt hinterhereilte, wusste sie, dass die beiden den Kerl nicht schnappen würden, denn der hatte sich bereits tief in die Schatten zurückgezogen.
»War es einer der Mörder?«, flüsterte Nora mit vor Furcht bebender Stimme.
»Ja, aber keine Sorge – wir stehen hier im Hellen, umringt von vielen Leuten.« Morainn lächelte kalt. »Und ich habe ein sehr großes Messer unter meinen Röcken.«
»Ach ja? Kommst du denn schnell genug daran?«
»Jawohl. Ich kann es durch einen Schlitz in meinem Rockbund packen, meine Hand ruht bereits darauf.«
»Sie werden den Mann nicht erwischen, oder?«
»Nein, ich glaube nicht. Das wird sie bestimmt ärgern.«
»Ich hätte schreckliche Angst, aber Harcourt und Rory wirkten äußerst ruhig und überlegt.« Morainn musste fast lachen, doch auch in ihr tobte die Angst. Der Beweis, dass die Mörder sie unablässig beobachteten, erschreckte sie zutiefst. Sie spürte noch immer, wie dieser Blick auf ihr geruht hatte, und dieses Gefühl wollte sie so schnell wie möglich loswerden. Als die im Schatten verborgene Gestalt sie angestarrt hatte, hatte sie einen Moment lang das Blut an den Händen des Mannes riechen können, und in ihrem Kopf hatten die Schreie der ermordeten Frauen widergehallt.
»Nora, ich möchte, dass du James beauftragst, dafür zu sorgen, dass du und die Deinen nie allein sind.«
»Aber keiner von uns hatte je etwas mit Tormand zu tun. Du hast doch gesagt, dass die Ungeheuer es auf seine Geliebten abgesehen haben.« Nora starrte Morainn mit schreckgeweiteten Augen an. »Jesus! Und du hast vor, eine von ihnen zu werden.«
»Na ja, ich habe eher vor, mein Bestes zu versuchen, um der letzte Name auf seiner Liste zu werden. Aber vergiss nicht – die Mörder waren bereits hinter mir her. Die Verrückte glaubt, dass ich sein Bett schon teile. Sie würde mir nicht glauben, wenn ich es leugnen würde, und außerdem befürchtet sie ja, dass Sir Simon meine Gabe nutzen könnte, um sie zu finden. Jetzt versuchen sie womöglich, mir eine Falle zu stellen und dafür die Menschen zu benutzen, die mir lieb sind. Also bitte – lass dich und die Deinen von James bewachen und geh nie allein aus dem Haus.«
»Versprochen.« Nora schüttelte den Kopf. »Mir ist nie aufgegangen, wie groß die Gefahr ist, in der du schwebst. Ich war zwar erschrocken über die Morde, aber ich dachte nie, dass ich oder einer, den ich kenne, gefährdet ist. Und so bin ich einfach weiter unbeschwert meinen Geschäften nachgegangen. Aber wie du schon sagtest – diese Leute sind verrückt, die Wahl ihrer Opfer muss keinen Sinn ergeben.«
»Nein, und schlimmer noch – das Morden macht ihnen Spaß. Sie empfinden beide großes Vergnügen dabei.«
»Ich wünschte, das hättest du mir nicht gesagt«, murrte Nora. »Jetzt ist mir wirklich angst und bange.«
»Besser so. Solange die Bestien nicht gefasst sind und gehängt werden, ist es am besten, wenn es jedem hier so geht. Die Frau, die an den Morden beteiligt ist, bringt alle um, von denen sie glaubt, sie hätten sie irgendwann einmal verletzt oder ihr Unrecht getan. Doch verrückt, wie sie ist, bildet sie sich all diese Verletzungen oder das Unrecht wahrscheinlich nur ein. Ich glaube, sie hat in ihrem Wahn ihren Mann umgebracht und vielleicht auch schon einige andere Verwandte.«
»Und deine Bewacher haben den Mann nicht gefasst, den du gesehen hast. Die Gefahr bleibt also bestehen«, sagte Nora leise, als Harcourt und Rory zurückkehrten. Beide wirkten sehr
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