Die Sünden des Highlanders
geworben hat. Männer wollten mich mit Gewalt erobern, sie haben mit mir gekämpft, mir ein paar Münzen angeboten oder ein Kaninchen für den Eintopf, ja, sie haben mich sogar in meinen eigenen vier Wänden angegriffen, aber noch nie hat mich einer umworben.«
»Das ändert sich vielleicht, wenn alles vorbei ist und die Leute erfahren, dass du dabei geholfen hast, die Ungeheuer zu fangen. Damit wirst du vielen Frauen ein ähnlich grausames Schicksal ersparen.«
Morainn lächelte matt, denn sie hörte den Zweifel in der Stimme ihrer Freundin. Aber was sie nicht hörte und auch während des ganzen Gesprächs nicht gehört hatte, war Missfallen oder gar ein Schuldspruch. Nora war nur besorgt, dass Morainn verletzt werden könnte. Es war zwar gut möglich, dass es dazu kommen konnte, aber davon ließ sie sich nicht abhalten.
»Nein, nichts wird sich ändern. Wahrscheinlich wird meine Hilfe nur die Meinung der Leute bestärken, dass ich eine Hexe bin.«
»Dann wirst du es also tun?«
»Ich glaube schon. Selbst wenn es nur etwas sehr Flüchtiges, Stürmisches ist, möchte ich es gerne tun. Selbst wenn mir der Mann nur seine Leidenschaft und einen süßen Abschiedsgruß schenkt, nachdem es passiert ist, will ich es haben. Aber vielleicht gibt er mir ja mehr, vielleicht ist er ja doch der Mann, von dem mir meine Träume berichten. Wenn er wirklich meine Zukunft ist, wäre ich dann nicht töricht, wenn ich nicht wenigstens versuchen würde, sie festzuhalten?«
»Könntest du das nicht auch, ohne mit ihm zu schlafen?«
»Vielleicht schon, aber hier geht es um Tormand Murray. Ich glaube, er gehört nicht zu den Männern, die eine unschuldige Werbung, bei der nichts als ein paar Küsse getauscht werden, lange durchstehen. Es heißt zwar immer, Liebe gehe bei einem Mann durch den Magen, aber ich glaube, bei Tormand liegt der kritische Punkt ein bisschen tiefer. Vielleicht entscheidet sich alles, wenn ich ihm andeute, dass ich bereit wäre, seine Geliebte zu werden. Aber vielleicht könnte ich mir in der Hitze der Leidenschaft und dem sanften Nachspiel doch eher einen Weg in sein Herz bahnen.
Und offen gesagt liegt mir nichts daran, als Jungfrau zu sterben. Es glauben ohnehin zu viele Männer, dass ich leicht zu haben bin. Wenn so ein Mistkerl das nächste Mal mitten in der Nacht in mein Schlafzimmer schleicht oder mich irgendwo allein erwischt, rettet mich das Messer unter meinem Kopfkissen womöglich nicht mehr. Ich würde meine Unschuld lieber dem Mann meiner Wahl schenken, einem Mann, mit dem ich vielleicht eine Zukunft habe, als sie mir von irgendeinem anderen gewaltsam nehmen zu lassen.«
»Ich glaube, ich würde dasselbe tun. Also wünsche ich dir viel Glück!« Nora lachte, als Morainn hochsprang und sie umarmte. »Mach dich wieder an die Arbeit, meine Liebe. Meine Hochzeit rückt näher, und ich will mindestens eine Truhe voller feinstem Leinen mitbringen, noch besser aber zwei.«
Sobald Morainn sich wieder hingesetzt hatte, meinte Nora: »Und jetzt erzähl mir, wie es um die Jagd nach den Mördern steht.«
Die Sonne ging schon unter, als Morainn sich wieder auf den Heimweg machte. Nora begleitete sie, Harcourt und Rory schlenderten hinter ihnen. Noras Tante wohnte auf dem Weg zu Sir Tormands Haus, und Nora wollte ihre Familie bei der Tante treffen und mit allen zusammen zu Abend essen. Morainn überlegte gerade, was sie den Männern heute zum Nachtmahl auftischen wollte, als es plötzlich um sie herum kalt wurde. Sie blieb stehen.
»Was ist los?«, wollte Nora wissen. »Hast du jemanden gesehen, mit dem du noch reden wolltest?«
»Spürst du die Kälte?«, fragte Morainn. Harcourt und Rory waren mittlerweile hinter ihnen stehen geblieben.
»Nein, ich finde es nicht kalt«, erwiderte Nora ein bisschen verwirrt. »Die Nacht ist lau.«
»Ist es kalt wie in Euren Visionen?«, fragte Harcourt.
Morainn sah ihn dankbar an. Sie glaubte nicht, dass sie es anderen je erklären könnte, wie schön sie es fand, von Menschen umgeben zu sein, die ihre Visionen wirklich verstanden. »Ja, genau so«, erklärte sie. »Sie beobachten uns.« Sie spürte, wie Nora sie bei der Hand packte. »Ich kann sie nur nicht sehen«, murmelte sie, während sie ihren Blick schweifen ließ.
Dann setzte sie sich in Bewegung. Wie ein Jäger, der seiner Beute folgt, begann sie, der Kälte zu folgen, und zog Nora mit. Harcourt und Rory blieben dicht hinter ihr, was ihr Mut machte. Vor einer düsteren Gasse blieb sie stehen. Die Kälte wurde
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