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Die Suendenburg

Die Suendenburg

Titel: Die Suendenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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ihre Frauen, sie verschleppten unsere Frauen, die fortan zerrissen waren von den Wünschen nach Rache und nach Frieden. Frauen wie ich.
    Zwei Männer, die vor vierzehn Jahren einen Pakt geschlossen hatten, Kaiser der eine, König der andere, hatten Baldur und mich über etliche Verästelungen der Zeit und des Schicksals in diesen Wald gebracht, der weiß vom Schnee und rot vom Blut war. Der Dolch in meiner Hand war nur einer von vielen Dolchen unter der Sonne, die zugestoßen hatten. Unsere Geschichte war nur eine von unzähligen anderen Geschichten des Krieges, die wir nicht kannten und von denen wir nie erfahren würden: Tausende und Abertausende von Vätern und Müttern beerdigten jene Söhne, von denen sie hatten beerdigt werden wollen; Tausende und Abertausende von Tränen versalzten jenen fruchtbaren Boden, auf dem fortan Freundschaft, Vertrauen und Liebe verdorrten. Es war nur eine Kehle mehr, die aufgeschlitzt werden würde.
    Der Wunsch in mir, zu töten, war lebhaft. Der Wunsch, zu verzeihen, ebenso. Ich habe als Begleiterin der Feldzüge meines Volkes Schreckliches gesehen: Erhängte, Erschlagene, Erwürgte, Ertrunkene, Verhungerte, Verbrannte, Verstümmelte … Ich habe Ruinen gesehen, solche aus Stein und solche aus Fleisch und Blut. Ich habe mit den Verletzten gelitten, mit ihnen geweint. Ich begann, das Töten zu hassen und zu fürchten und das Verzeihen zu lieben. Doch das, was man hasst und fürchtet, wirkt nicht minder stark als das, was man liebt. Ich sehnte mich nach Frieden, und zugleich war ich unfähig dazu, denn es gab keinen Frieden in mir, es gab nur den Krieg, eine weitere Gefangenschaft, in der ich mich befand.
    Als ich drei Schritte von Baldur entfernt war, richtete er das Wort an mich, ohne mich anzusehen. Er rupfte weiterhin Federn aus. Die Lautstärke, in der er mich ansprach, ließ darauf schließen, dass er meine Annäherung bemerkt hatte.
    »Du bist durch meine Schuld verschleppt worden«, sagte er. »Agapet hatte zunächst nichts damit zu tun. Ich habe dich gesehen, und du hast mir sofort gefallen, dort auf der Wiese, Wasser schöpfend am Bach. Es waren deine Bewegungen, deine Haare und … Nein, ich glaube, es war mehr als das, es war das Bild, das du verkörpert hast, die große Ruhe, den Frieden, das Bild der Frau in einem friedlichen Leben, so wie Eva, Adams Frau, und ich wünschte mir sofort, es gäbe nur uns beide. Das wollte ich haben. Dich wollte ich haben.«
    Er rupfte den Hahn mit größerer Heftigkeit.
    »Aber Agapet gönnte mir dich nicht. Er nahm dich nur deshalb in Besitz, damit ich es nicht tun konnte. Das war seine Art, mich in die Schranken zu weisen, eine absichtliche Herausforderung.«
    Ich war nur noch eine Armlänge von Baldur entfernt. Noch immer im Schnee kniend, wandte er sich um und blickte zu mir auf, den Kopf mir entgegenstreckend, beinahe so, als böte er mir seine Kehle dar. Ich hielt die Hand mit dem Dolch auf dem Rücken.
    »Ich weiß, du würdest mir nicht glauben, selbst wenn du mich verstehen könntest. Als ich dich bei dem Verhör schlug, schlug ich im Grunde mich, weil ich dich liebte, obwohl du doch eine Barbarin warst, eine Feindin. Und als ich damals zu dir in dein Gefängnis kam, da … Ich sage dir, dass ich auch da aus Liebe handelte, so abscheulich es auch war.«
    Allein für einen solchen Satz hatte er es verdient, von mir getötet zu werden, und allein für einen solchen Satz hatte er es verdient, dass ich ihm verzieh. Ungeheuerlich, die Liebe derart in den Schmutz zu ziehen, wo sie doch das Gute, Reine war. Aus Liebe Gewalt antun, durfte man das Liebe nennen? Wer war dieser vor mir kniende Mann? Ein großes, grausames Kind, das nichts im Kopf hatte als Krieg, selbst wenn es zu lieben versuchte? Ein einsamer Mann, der ohne Krieg nichts war? Oder einfach einer, dem es wie uns allen auf der Burg erging, die wir uns verfangen hatten im Spinnennetz der Feindschaft und des Krieges? Um des Friedens willen Krieg führen, das Glück auf dem Elend aufbauen, aus Liebe heraus Gewalt antun, das war dasselbe, und wenn es das eine gab, so gab es auch das andere. War Baldur wirklich so viel anders als ich? Als wir? Als du, der du diese in die Mauern gekerbten Zeilen liest?
    Er streckte mir mit blutiger Hand einen Strauß schwarzer Federn entgegen, die noch warm waren vom Leben. Ich erinnere mich an keine Begebenheit, die mich stärker berührt hat, die stärker durchwoben war von der Suche nach Liebe einerseits und dunklem Sinnbild andererseits. Denn

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