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Die Suendenburg

Die Suendenburg

Titel: Die Suendenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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ich den Gerichtsprotokollen beilege.
    Bilhildis hat sich selbst gerichtet, bevor der Richtspruch sie traf. Bilhildis handelte allein oder allenfalls mit Wissen ihres Gemahls Raimund, der sich, als er vom Tode seiner Frau erfuhr, erhängte.
    Die Untersuchung ist abgeschlossen.

Epilog
    4. Mai des Jahres 956

Malvin
    Vor genau dreiundvierzig Jahren haben meine Schwiegermutter Claire und ihr Gemahl Aistulf als neu ernanntes Herzogspaar von Schwaben die Burg verlassen – kein Jahrestag, den ich mit einer Wiederaufnahme meiner Niederschriften begehen müsste. Ich hatte nie vor, das vor langer Zeit Begrabene noch einmal hervorzuholen. Doch vor einer Woche starb meine über alles geliebte Elicia nach kurzer, schwerer Krankheit, und so bin ich nun der Letzte derer, die diese Geschichte zu erzählen begonnen haben. Ist es die Einsamkeit, die mir die Feder noch einmal in die Hand drückt, um diese Geschichte zu Ende zu bringen? Oder die Verantwortung?
    Elicia erinnerte sich bis zuletzt an nichts, was ihr Verbrechen anging, und auch nicht an ihre letzte Unterredung mit Bilhildis, die zunächst so schlimme Folgen hatte. Sie erholte sich rasch. Ich erzählte ihr, dass sie in Ohnmacht gefallen war, dass Bilhildis sich in Raserei selbst getötet hatte und so weiter. Nichts hat je dafür gesprochen, dass sie meinen Erklärungen nicht glaubte. Ich denke, sie wollte daran glauben. Wieder und wieder hat sie sich in unseren gemeinsamen Jahren mein Dokument, in dem ich Bilhildis zur Schuldigen erklärte, durchgelesen, so als wolle sie sich die Buchstaben in ihre Seele brennen. Das letzte Mal bat sie mich am Tag vor ihrem Tod, es ihr vorzulesen, weil ihre Augen schon schwach waren. Ich glaube, sie hat sich nie gefragt, warum sie von jenem Dokument so besessen war, und ich habe ihr die Antwort vorenthalten. Die Geister, die sie nach ihrer blutigen Tat geplagt hatten, verschwanden nie zur Gänze aus unserem Leben, aber sie haben uns die meiste Zeit in Ruhe gelassen. Zwei oder drei Male im Jahr wachte Elicia des Nachts auf und rief nach ihrem Vater, ansonsten schlief sie wie ein Kind. Am Tage genoss sie es aus vollen Zügen, die Herrin der Burg zu sein. Und das war sie bis zu ihrem Tod. Elicia ist mir immer ein geliebtes und gefürchtetes Rätsel geblieben, und ich habe mich nicht selten gefragt, ob es eine Bedeutung hatte, dass sie sich ausgerechnet in mich, einen Erforscher des Verborgenen, verliebt hatte. Den Ring ihres Vaters, den sie in der Umnachtung weggeworfen und den ich im Wald wiedergefunden hatte, habe ich ihr nie zurückgegeben. Sie sollte meine Frau sein, nicht die von Agapet.
    Ich erinnere mich noch gut des Tages vor dreiundvierzig Jahren, als Claire und Aistulf sich von uns verabschiedeten. Wir sammelten uns im Großen Saal um die Tafel herum und stießen miteinander an. Zuvor hatten sich Elicia und Claire lange unterhalten. Sie hatten fast fünf Stunden miteinander geredet, so viel wie in ihrem ganzen bisherigen Leben zusammengenommen, und ich habe weder Elicia noch Claire je gefragt, was dabei alles zur Sprache gekommen war. Aber beide waren nach dieser Unterredung erleichtert, und Orendel wurde von Elicia herzlich aufgenommen.
    Wir haben nie wieder so zusammengesessen: Elicia, Claire, Aistulf, Orendel und ich. Claire und Aistulf verbrachten einige gute Jahre miteinander, sie bekamen nach dem kleinen Richard noch ein Mädchen, aber Aistulf starb viel zu früh. Das war vor – mein Gedächtnis lässt mich im Stich, aber ich glaube, es war vor ungefähr dreißig Jahren. Claire ging danach ins Kloster. Ihre drei Zofen begleiteten sie freiwillig dorthin, wo sie weiter ihre Lieder sangen. Claire starb hochbetagt vor zwölf Jahren. Ihr Sohn Orendel war schon ein Jahr nach unserem letzten gemeinsamen Beisammensein als Mönch ins Kloster gegangen. Er hatte zu viele Jahre in Abgeschiedenheit gelebt, um die Geschäftigkeit einer Burg oder den Trubel eines herzoglichen Hofes erträglich zu finden. Sogar Abt zu werden lehnte er ab. Er starb vor sieben Jahren im Kloster Sankt Gallen, wo er fast sein ganzes Leben lang Bücher kopiert, sich der Komposition geistlicher Lieder gewidmet und dabei seinen Frieden gefunden hatte.
    Wir saßen also nur ein einziges Mal zu fünft beisammen, danach sahen wir uns nur noch selten, und immer fehlte wenigstens einer von uns, die wir über das Land verstreut lebten. Trotzdem hätten wir es leicht einrichten können. Ich frage mich, ob wir ein solches Treffen nicht deshalb vermieden, weil wir in jener

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