Die Sündenheilerin (German Edition)
Ritter seid?« Leopolds Augen funkelten.
»Habt Ihr schon einmal von einem Ritter ohne die Zeichen seines Standes gehört?«
»Ihr ahnt nicht, was ich schon alles gehört habe. Ihr könnt es Euch ja noch einmal überlegen.« Wieder dieser seltsame Glanz in den Augen des Fürsten, als wüsste er ganz genau, wer Philip wirklich war. Doch das war unmöglich. Nur Lena und die Äbtissin kannten seine wahre Abkunft.
15. Kapitel
W artet einen Moment, Frau Helena!« Philip griff sacht nach ihrer Hand, um sie zurückzuhalten, während Schwester Margarita und Said schon an ihnen vorbei zu den Kammern gegangen waren, die der Fürst seinen Gästen zugewiesen hatte.
»Was wünscht Ihr, Herr Philip?«
»Ich wollte Euch danken.«
»Wofür?«
»Für Euer Schweigen und Euer Nicken an den rechten Stellen.«
»Habt Ihr geglaubt, ich würde Euch bloßstellen, wenn Ihr Mutter Claras Tochter zu schützen versucht?«
»Nicht mit Worten, allenfalls mit unbewussten Gesten. Ich habe Euch einmal mehr unterschätzt. Vergebt mir.« Er deutete eine leichte Verbeugung an. In seinen Augen sah Lena wieder das leuchtende Feuer, bunt und strahlend. Jenes Feuer, das sie auch gesehen hatte, als er ihr die Geschichte seines Vaters erzählt hatte, und das beinahe verloschen war, als er Zeuge der Turniervorbereitungen geworden war. Wie gern hätte sie sein Geheimnis erfahren. War sein Vater bei einem Turnier ums Leben gekommen? Aber hatte er nicht erwähnt, in Ägypten gebe es keine Turniere? Noch wurde sie nicht klug aus ihm. Nur eines war sicher. Sein Schmerz hing mit dem Tod seines Vaters zusammen, und es war ein größerer Schmerz, als er gewöhnlicher Trauer angemessen war.
»Was glaubt Ihr, wie lange werden wir auf Burg Schlanstedt verweilen?«
»Sehnt Ihr Euch zurück in Euer Kloster?«
Es lag kein Spott in seiner Stimme, und doch fühlte sie einen Stich im Herzen. Gewiss, sie sehnte sich nach Frieden und Geborgenheit. Seit dem Überfall hatte sie diesen Zustand nur in Sankt Michaelis zu finden geglaubt, doch seit sie mit Philip von Burg Birkenfeld geflohen war, hatte sich alles verändert. Trotz aller Gefahr hatte sie das Leben wieder gekostet, seine Schönheit, die Freiheit. An seiner Seite hatte sie sich sicher und geborgen gefühlt. Selbst als er mit gezogenem Schwert gegen die Räuber galoppiert war. Vor allem da, denn seitdem waren die Mörder von einst nicht länger gesichtslose Dämonen, sondern dahergelaufenes Gesindel, das man besiegen konnte. An Philips Seite fürchtete sie sich nicht länger vor jedem Knacken im Gesträuch. Konnte sie danach jemals wieder in Sankt Michaelis glücklich werden?
»Würdet Ihr mir eine Gefälligkeit erweisen, Herr Philip?«
»Wenn ich es vermag.«
»Es bedeutet keinen großen Aufwand. Gar nicht weit von hier liegt das Gut meiner Eltern. Ich habe es seit ihrem Tod nicht mehr betreten. Würdet Ihr mich dorthin begleiten?«
»Sehr gern.« Seine Augen leuchteten. »Und vergesst nicht, mir die beiden Kirschbäume zu zeigen, deren Zweige sich ineinander verschlingen.«
»Ihr erinnert Euch daran?«
»Ich habe selten einen schöneren Vergleich der ewigen Liebe gehört.«
Heißes Blut stieg ihr in die Wangen, und in ihrem Bauch kribbelte es. Fühlte er sich in ihrer Nähe etwa genauso wohl wie sie sich bei ihm? Sie senkte die Lider.
»Morgen früh?«, fragte sie leise.
»Wann immer Ihr wollt, Frau Helena.«
In dieser Nacht wurde sie von seltsamen Träumen heimgesucht. Immer wieder sah sie Philips Gesicht vor sich, schlang ihm die Arme um den Nacken, zog ihn an sich, spürte seine Lippen und seine Hände auf ihrem Leib. Wollüstige Träume, die ihr Beichtvater gewiss als vom Teufel geschickt verurteilt hätte. Doch diese Träume gehörten ihr ganz allein. Niemals würde sie sie mit irgendeinem Menschen teilen. Außer vielleicht mit dem, dem sie galten …
Das kühle Wasser der Waschschüssel brachte ihre Selbstbeherrschung zurück. Hastig wusch sie den Schweiß der Nacht ab und kleidete sich an. Nach dem Frühgebet wollten sie aufbrechen. Schwester Margarita war hocherfreut gewesen, dass es nach Gut Eversbrück gehen sollte.
»Wer hätte gedacht, dass ein Mann, der einen Heiden seinen Freund nennt, von derart edler Gesinnung ist wie Herr Philip?«, raunte sie Lena nach der Morgenandacht zu. »Und selbst der Heide macht einen ehrbaren Eindruck.«
»Du hättest Schwester Ludovika hören sollen«, antwortete Lena. »Die hatte eine ganz andere Meinung von den beiden.«
»Ich sage doch
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