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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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sehnt sich irgendwann nach seiner Weide. Ich habe die Sehnsucht in Eurer Stimme gehört, als Ihr mir Euer Haus in Alexandria beschrieben habt. Ihr würdet gern dorthin zurückkehren.«
    »Das werde ich auch tun.«
    »Und doch wird es nicht so sein, wie Ihr es in Erinnerung habt, nicht wahr? Auch wenn alles so erscheint wie früher, etwas ist anders. Jedenfalls ergeht es mir heute so.« Sie ließ den Blick über die Umfriedung hinweg bis über die Felder schweifen. »Hier bin ich geboren, hier kenne ich jeden Winkel. Und doch bin ich heute eine Fremde im eigenen Haus.«
    »Ihr wurdet liebevoll begrüßt.«
    »Ja, und ich bin auch willkommen. Aber ich bin hier nicht mehr zu Hause.«
    Lena brach einen dünnen Kirschblütenzweig ab.
    »Ich bin wie dieser Zweig, der mit dem nächsten Wind davongetragen wird.« Sie schnippte ihn fort, doch Philip war schneller und fing ihn auf.
    »Jetzt habe ich ein Teil Eurer Seele gefangen.« Sein Mund blieb ernst, aber seine Augen lachten auf die ihm unnachahmliche Weise, und seine Seelenflamme sprühte bunte Funken. In ihrem Bauch kribbelte es. Nie zuvor war sie einem Mann begegnet, der solche Gefühle in ihr ausgelöst hatte. Wie gern hätte sie ihn umarmt und an sich gezogen, wie sie es in ihrem verbotenen Traum getan hatte.
    »Bekomme ich dafür auch etwas von Eurer Seele?« Sie trat einen Schritt näher auf ihn zu.
    »Ich glaube, die würde Euch nicht viel Freude bereiten.«
    »Warum nicht?«
    »Ihr seid so rein und voller Leben, Lena. Trotz allem, was Ihr erdulden musstet. Wenn Ihr wüsstet, wie ich wirklich bin, würdet Ihr mich verachten.«
    Hatte er sie wirklich Lena genannt? Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
    »Ich weiß, wie Ihr wirklich seid. Und es gibt keinen Grund, Euch zu verachten.«
    Er senkte den Blick. »Ihr habt Euch ein Bild von mir gemacht, das vermutlich nicht viel mit der Wirklichkeit gemein hat.«
    »Ein Bild, das Ihr selbst gezeichnet habt.« Sie berührte ihn am Unterarm. »Ihr seid ein Mann von aufrechter Gesinnung und steht treu zu Euren Freunden. Ich sehe es in Saids Augen. Ihr würdet füreinander sterben. Ihr wart auch bereit, Euer Leben für mich zu wagen. Das tut niemand, der verachtenswert ist.«
    Er drehte den Kirschzweig zwischen den Fingern. Dann hob er den Blick und sah ihr unverwandt in die Augen.
    »Ihr wollt es wissen, nicht wahr?«
    »Darum geht es nicht. Es geht um Euch. Irgendwann ist die Zeit reif, Worte für etwas zu finden, für das es zuvor keine Worte gab.«
    »Für das es zuvor keine Worte gab«, wiederholte er. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen und das bunte Funkeln seiner Seelenflamme verloschen, das sie eben noch so entzückt hatte.
    »Ihr müsst nichts sagen.« Sie legte ihm sanft den Zeigefinger auf die Lippen. »Ganz gleich, was Euch quält, wer einen solchen Schmerz mit sich herumträgt, wer so sehr bereut, dem ist längst vergeben.«
    Er ergriff ihre Hand und zog sie von seinem Mund.
    »Ich kann mir selbst nicht vergeben.«
    »Ist das Eure Sünde, Philip? Der Hochmut? Genügen Euch Gottes Gnade und seine Vergebung nicht?«
    »Hochmut. Vermutlich ist es das. Wäre es anders, dann« – er schluckte – »wäre mein Vater noch am Leben.«
    »Ihr gebt Euch die Schuld an seinem Tod?«
    Ihre Hand lag noch immer in der seinen. Das Licht in seinen Augen war nichts als ein schwaches Glimmen.
    »Ich gebe mir nicht die Schuld. Ich trage sie.« Er wich ihrem Blick aus. »Ich … ich habe ihn getötet.«
    Seine Hand war ganz kalt geworden, fast wie die eines Toten. Sie hielt sie noch fester umklammert, bevor er auf den Gedanken kommen konnte, sie ihr zu entziehen.
    »Ihr habt Euren Vater geliebt. Ich habe es aus jedem Eurer Worte gehört. Es war ein Unfall, nicht wahr?«
    Er wagte sie kaum anzusehen. »Ihr zeigt Euch nicht entsetzt?«
    »Nein. Ihr seid kein Mörder. Sonst würdet Ihr nicht so leiden. Wie ist es geschehen?«
    Er atmete tief durch, setzte mehrfach an, doch jedes Mal presste er die Lippen wieder aufeinander, bevor er die rechten Worte fand. Sie dachte an seine Abneigung gegen Fürst Leopolds Turniervorbereitungen.
    »Geschah es während eines Turniers?«
    »Kein Turnier«, antwortete er leise. »Jedenfalls kein echtes. So etwas gibt es in Ägypten nicht. Aber wenn sich mehrere Ritter trafen, dann maßen sie gelegentlich ihre Kräfte. Die Reitbahn hinter dem Haus meines Großvaters war beliebt.«
    Er lehnte sich mit dem Rücken gegen den Stamm des Kirschbaums, der ihm am nächsten stand, ohne Lenas Hand

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