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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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auch schon schmerzhaft. Sie klammerte sich am Arm des Kaplans fest, der sie vorsichtig hochzog. Eine eigentümliche Schwere lastete in ihren Beinen. Fast so wie in den Tagen nach dem Überfall, als sie erstmals wieder versucht hatte aufzustehen. Warum ließ Gott sie das alles noch einmal durchleben?
    »Die Mägde werden Euch ein warmes Bad bereiten. Versprecht mir, künftig nicht mehr so leichtsinnig zu sein, selbst wenn es Eurer frommen Seele schwerfallen mag.«
    Sie nickte stumm. Zum Widerspruch fehlte ihr die Kraft. Mit ungelenken Schritten verließ sie an Ewalds Arm das kleine Heiligtum. Auf dem Weg zurück zum Turm sah sie einen dunklen Schatten, der im Pferdestall verschwand.
    Ewald war ihrem Blick gefolgt. »Ein seltsamer Mensch, dieser Ägypter«, bemerkte er. »Seit drei Tagen ist er hier, doch jeden Morgen reitet er in aller Frühe fort und kehrt erst nachmittags zurück.«
    »Sagt, Herr Ewald, habt Ihr ihn jemals beten sehen?«
    »Natürlich. Jeden Abend bei Tisch.«
    »War er schon einmal in der Kapelle?«
    Nachdenklich runzelte der Kaplan die Stirn. »Nicht dass ich wüsste. Warum fragt Ihr?«
    »Glaubt Ihr, er ist ein guter Sohn der Kirche?«
    Sie hatten den Turm erreicht. Ewald öffnete die Tür, doch er zögerte einzutreten.
    »Warum sollte ich daran zweifeln, Frau Helena?«
    »Das sollt Ihr nicht. Ich war nur neugierig auf Eure Einschätzung. Ihr nanntet ihn einen seltsamen Menschen.«
    »Das ist er in der Tat.«
    Lena beobachtete, wie ihr eigenes Misstrauen Besitz von dem Geistlichen ergriff. Er geleitete sie in ihre Kammer hinauf und schickte kurz darauf zwei Mägde, die einen großen Zuber trugen und ihn anschließend mit heißem Wasser füllten. Die Frauen mussten viele Male den Turm hinaufsteigen, bis die Wanne für das Bad gefüllt war. Es war Lena peinlich, derartige Umstände zu verursachen, doch sie wagte keinen Widerspruch gegen die Anordnung des Kaplans, und den Mägden schien es nicht so viel auszumachen, wie sie befürchtet hatte.
    Das Wasser war nicht mehr heiß, als sie in die Wanne stieg, aber angenehm warm. Langsam ließ das Brennen in den erwachenden Zehen nach, auch ihre kalten Hände wurden geschmeidiger. Stundenlang hätte sie so in der Wärme ruhen mögen. Erst als das Wasser langsam auskühlte, verließ sie den Zuber, trocknete sich sorgsam ab und kleidete sich an.
    Während die Mägde damit beschäftigt waren, die Wanne auszuschöpfen und fortzuräumen, besuchte Lena Ludovika in deren Stube. Die junge Nonne hatte noch nichts von Lenas nächtlichem Ausflug in die kalte Kapelle erfahren, und Lena hielt es für besser, ihr vorerst nichts davon zu erzählen. Ludovika würde ihr nur ähnliche Vorwürfe wie der Kaplan machen. Lieber ließ sie sich von der Freundin von der gestrigen Tafel berichten.
    »Die Gräfin war zum ersten Mal seit unserer Ankunft zugegen«, erzählte Ludovika freimütig. »Sie wirkte frisch und lebendig, lachte sogar über die Scherze des Ägypters. Wer es nicht besser wüsste, würde glauben, du hättest sie schon geheilt.«
    Sie zehrt von meiner Kraft, durchzuckte es Lena. Ist es doch ein Dämon, der in ihrer Seele haust?
    Doch sie hütete sich, den Gedanken auszusprechen, denn sie fürchtete, Ludovikas religiösen Eifer zu wecken. Seit der Ägypter und sein arabischer Freund Burg Birkenfeld betreten hatten, hatte Lena Seiten in Ludovikas Wesen entdeckt, die ihr bis dahin fremd gewesen waren, ja, die sie sogar mit Angst erfüllten.
    »Obwohl«, fuhr Ludovika fort, »fast erschien sie mir ein bisschen zu lebendig. Vor allem missfiel es mir, wie sie den Ägypter ansah.«
    Lena horchte auf. »Wie sah sie ihn denn an?«
    »Ein bisschen zu wohlgefällig.« Ludovikas Lippen waren schmal geworden. »Der Mann ist mir nicht geheuer. Er nennt einen Heiden seinen Freund, verteidigt ihn glühender als seinen eigenen Glauben und zieht die Blicke der Mägde auf sich, als sei er die Versuchung des Leibhaftigen persönlich. Und jetzt schaut ihn selbst die Gräfin mit der gleichen Bewunderung an. Herr Dietmar täte gut daran, die beiden Fremden von der Burg zu jagen.«
    Jetzt bedauerte Lena es, nicht selbst Zeugin dieses Zusammentreffens geworden zu sein. Und zugleich fragte sie sich, wo eine fromme Schwester wie Ludovika gelernt hatte, unkeusche Blicke zu deuten.
    »Hat der Graf sich etwas anmerken lassen?«
    Ludovika schüttelte den Kopf. »Er war viel zu glücklich über die gute Stimmung seiner Frau und hat eine Schwäche für die Erzählkunst des Ägypters. Es stimmt,

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