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Die Sünderin von Siena

Die Sünderin von Siena

Titel: Die Sünderin von Siena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Fiamma?«, stieß er plötzlich hervor. »Fiamma Baglioni?«
    Gemma schüttelte den Kopf. »Diesen Namen hab ich noch nie gehört«, sagte sie. »Wer soll das sein?«
    »Und auch kein Kind namens Angelina? Angelina Baglioni? Das ist dir ebenfalls nicht bekannt?«
    »Ich kenne eine kleine Angelina, allerdings nicht ihren Nachnamen. Sie ist eines von Mamma Linas Kindern. Was sollen diese Fragen, Mario?«, sagte sie. »Heraus mit der Sprache!«
    »Ich hab diese Namen in diversen Rechnungsbüchern gefunden«, sagte Mario. »Und zwar in denen, die zio Bartolo und Lupo di Cecco über gemeinsame Geschäfte führen. Darin sind Summen vermerkt, die laufend bezahlt werden. Keine großen Beträge, wie ich zugeben muss, aber doch sehr regelmäßig, monatlich …«
    »Alimente!« Das Wort war heraus, noch bevor Gemma nachgedacht hatte. Alles stand plötzlich glasklar vor ihren Augen. »Lupo bezahlt monatliche Alimente für ein Kind namens Angelina, das ihm eine gewisse Fiamma geboren hat. Ist es das, was du mir sagen wolltest?«
    Der Junge schien auf einmal nicht mehr zu wissen, wohin mit seinen Händen. »So ungefähr«, sagte er. »Ich dachte nur, du solltest es wissen.«
    »Lebt diese Frau in Siena?« Es kam kläglicher heraus, als Gemma es sich gewünscht hätte.
    »Fiamma ist tot«, sagte Mario. »Offenbar schon seit mehr als drei Jahren. Es scheint, als ob sie …« Sogar die Art zu hüsteln hatte er bereits Bartolo abgeschaut! »… nicht ganz ehrbar gewesen sei.«
    »Sie war eine Hure? Willst du das sagen?«
    Ein kurzes, eher geschäftsmäßiges Nicken.
    »Seitdem gehen die monatlichen Zahlungen direkt an Santa Maria della Scala.« Er schaute Gemma erschrocken an, weil sie plötzlich aschfahl geworden war. »Soll ich dir etwas zu trinken holen?«
    »Nicht nötig«, brachte sie mühsam hervor. »Mein Vater – er weiß ebenfalls davon?«
    »Anzunehmen«, sagte Mario, und sie war froh um seine ungekünstelte Offenheit.
    Deshalb also hatte Bartolo sie gezielt nach Kindern ausgefragt, jenen, die Lupo und ihr versagt geblieben waren, und jenen, die bei Mamma Lina lebten! Um herauszubekommen, wie viel sie von allem wusste. Und als ihm aufgegangen war, wie ahnungslos sie war, hatte er es schleunigst aufgegeben. Um sie zu schonen? Um ihr nicht mehr aufzuladen, als sie womöglich ertragen konnte? Aber warum war er nicht offener gewesen, nachdem sie ihm ihr Herz ausgeschüttet hatte?
    Eine große Schwäche überfiel Gemma, fuhr in sie hinein und rollte sich in ihrer Magengegend zusammen wie eine fette Schlange. Plötzlich war ihr speiübel – egal, was zwischen Lupo und ihr auch vorgefallen war, ihr Ehemann hatte sie demütigen wollen, und mit einem Hurenkind war es ihm auf das Trefflichste gelungen, allein das zählte. Ihr Vorsatz, dem Vater einen heiteren Abschied zu bereiten, hatte sich verflüchtigt. Mindestens bis zu Bartolos Rückkehr war sie nun mit diesen quälenden Gedanken allein.
    »Ich danke dir, Mario«, sagte sie. »Und jetzt geh bitte! Pass gut auf dich auf und komm mir gesund zurück! Die heiligste Muttergottes sei mit euch!«
    In Marios Augen schlich sich bei ihren Worten ein sehnsüchtiger Ausdruck, den sie nicht recht zu deuten wusste. Fiel ihm der Aufbruch wirklich so schwer? Oder war ihm nur bang vor der Reise? Er öffnete den Mund, als wolle er noch etwas sagen, schloss ihn aber wieder. Das Letzte, was Gemma von ihm zu sehen bekam, war sein schmaler Rücken, der in einer neuen grünen Schecke aus feinstem Kattun steckte.
    Der Abschied vollzog sich dann in fast unziemlicher Eile, als könne es Bartolo auf einmal gar nicht schnell genug gehen, sein Haus voller Frauen hinter sich zu lassen und mit dem Jungen an seiner Seite loszureiten. Wenigstens hinderte der rasche Aufbruch Lavinia daran, in ihr übliches Wehklagen auszubrechen, denn bis sie richtig begriffen hatte, waren die beiden ungleichen Reiter schon hinter der nächsten Straßenecke verschwunden.
    Jetzt wurde der Druck auf Gemmas Brust noch unerträglicher, und sie zog sich auf ihr Zimmer zurück. Doch auch dort fand sie keine Ruhe. Sie legte sich auf das Bett, starrte zur Decke – und musste irgendwann doch eingeschlafen sein, denn plötzlich fuhr sie aus wirren Träumen hoch.
    Lavinia beugte sich über sie, allein schon das eine Seltenheit, denn normalerweise vermied sie es, Gemmas Zimmer zu betreten.
    »Da ist Besuch für dich. M adre Celestina. Sie wartet unten«, sagte sie. »Eine Angelegenheit, die keinen Aufschub dulde, so hat sie sich

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