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Die Sünderin von Siena

Die Sünderin von Siena

Titel: Die Sünderin von Siena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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gekränkte Rechtschaffenheit in Person. Tisch und Truhen standen, wo sie bisher gestanden hatten; die Maluntensilien lagen in gewohnter Unordnung herum. Alles schien wie immer, davon hatte er sich mit einem prüfenden Blick überzeugt, und dennoch kam es ihm vor, als hätte allein Ornelas Gegenwart in dem Raum etwas verändert.
    »Ich muss nicht bei dir putzen«, sagte sie. Dabei wusste er genau, wie notwendig sie das Geld brauchen konnte. »Und dein Essen kannst du dir gefälligst auch wieder selber kochen, wenn du ohnehin nur mäkelig in allem he rumstocherst. Es gibt andere, viele andere, die mehr als froh wären, wenn ich zu ihnen käme.«
    »Und warum tust du es dann nicht?«, sagte er und ärgerte sich im gleichen Moment über sich selber. »Allerdings hättest du dann auch weniger herumzuerzählen.«
    »Ich – und eine Tratsche?« Jetzt schrie Ornela beinahe, so aufgebracht war sie. »Das nimmst du sofort zurück! Mein ganzes Leben hab ich alles immer hübsch bei mir behalten, das kannst du dir merken. Obwohl ich durchaus einiges zu erzählen gewusst hätte, einiges!«
    Als er stumm blieb, was sie zu verblüffen schien, packte sie Eimer, Besen und ihre Lappen und stolzierte mit hochgerecktem Kinn an ihm vorbei, als sei er plötzlich Luft.
    An der Tür hielt sie kurz inne.
    »Das wird dir noch leidtun, Matteo Minucci«, sagte sie. »Sehr leid sogar.«
    Er fühlte sich elend, nachdem sie gegangen war, und die dunkle Leere, die ihn bislang nur gestreift hatte, begann sich mehr und mehr seiner zu bemächtigen. Eine Weile half es noch, sich zu rasieren und zu waschen, auch wenn einige Farbflecken an den Händen hartnäckig blieben, frische Kleider anzulegen und ein paar Gegenstände lustlos hin und her zu räumen. Dann sank er auf sein Bett und starrte blicklos ins Nichts.
    Er musste eingeschlafen sein, denn als er erwachte, lag der Raum bereits im Dämmerlicht.
    Was genau hatte ihn geweckt? Jedenfalls war er nicht mehr allein, das wusste er, noch bevor er seine Augen geöffnet hatte.
    »Steh auf!«, hörte er eine Männerstimme sagen. »Ich hab mit dir zu reden.«
    Bevor er etwas erwidern oder sich auch nur rühren konnte, rissen ihn bereits grobe Hände hoch. Es waren drei Männer, zwei grobschlächtige Handlanger und einer, der offenbar die Befehle erteilte.
    »Du bist das also«, sagte dieser, der helles Haar hatte und hochgewachsen war, und hielt die Öllampe näher, um ihn von oben bis unten zu betrachten. »Ein magerer Kerl mit weißen Haaren und schmutzigen Fingern. Ich habe mir eigentlich etwas Besseres erwartet.«
    »Wenn ihr gekommen seid, um Beute zu machen, könnt ihr gleich wieder gehen«, sagte Matteo und bemühte sich, jeglichen Gedanken an die Truhe in seiner Schlafkammer so schnell wie möglich aus seinem Kopf zu verbannen. »Ich bin alles andere als reich. Ihr werdet folglich nichts von Wert bei mir finden.«
    Der Anführer gab ein Handzeichen, darauf versetzte ihm einer der Grobschlächtigen den ersten Hieb in die Magengegend.
    Der Schmerz war dumpf. Matteo schnappte nach Luft.
    »Du redest ab jetzt nur noch, wenn du gefragt wirst. Verstanden?«
    »Was wollt ihr?«, fragte Matteo. »Weshalb seid ihr hier?«
    Der nächste Hieb in die gleiche Gegend, aber um einiges heftiger. Matteo presste die Lippen aufeinander. Beinahe hätte er aufgeschrien.
    »Wir können beliebig so weiterverfahren«, sagte der Blonde, und es klang beinahe freundlich. »Stundenlang, meinetwegen bis morgen früh. Wir können die Prozedur aber auch abkürzen. Das liegt allein bei dir.«
    Das flackernde Licht enthüllte ein flächiges, blasses
    Gesicht. Kalte, helle Augen. Der Mund leicht schief, als sei er in ständiger Anspannung verzogen.
    Matteo nickte schließlich, etwas anderes fiel ihm im Augenblick nicht ein.
    »Dann lass uns zur Sache kommen! Du hast etwas gestohlen, das mir gehört. Und du musst wissen, ich hasse nichts mehr, als wenn jemand anderer sich an meinem Eigentum vergreift. Nimmst du deine Strafe an? Das würde die Sache einfacher machen – für uns und für dich.«
    »Ich hab nichts getan …«
    Jetzt prasselten vier Fäuste zugleich auf ihn herab, und sie trafen hart und präzise. Matteo glaubte schon, sich an den Schmerz gewöhnt zu haben, da griff einer der Männer hinter sich und begann mit einem Holzstock auf ihn einzuschlagen. Jetzt war es kaum mehr zu ertragen: Arme und Schenkel bekamen ihren Teil ab, bevor die Schläge sich abermals auf die Mitte konzentrierten. Matteo hatte das Gefühl, als

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