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Die Sünderin von Siena

Die Sünderin von Siena

Titel: Die Sünderin von Siena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Zusammenstellung.«
    »Sechs auf einen Schlag? Nicht gerade wenig, wie mir scheint. Könnte das nicht bedeuten, dass es zu viele Kinder auf einmal waren? Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Aufgabe offenbar etwas ganz Neues für sie ist?« Di Neros unverblümte Fragen schienen die Luft im Raum zu vergiften.
    »Es waren nicht zu viele«, erwiderte Mamma Lina und mied noch sorgfältiger als bisher, in Enea di Neros Richtung zu schauen. »Von mir aus hätten es sogar noch mehr sein können. Ich komme sehr gut mit meinen Kindern zurecht.«
    »D eine Kinder?«, begehrte Celestina auf. »Hab ich dir nicht erst neulich ausführlich dargelegt, dass sie lediglich eine Leihgabe des Hospitals sind? Eine äußerst kostbare Leihgabe freilich, die du nach bestem Wissen und Gewissen zu hüten hast …«
    »Das reicht, Celestina!« Barnas schmale Hand schnitt ihr mit einer knappen Geste das Wort ab. »Wir brauchen Ergebnisse, keine Predigten.«
    Lautes Stimmengewirr vor dem Uffizium. Dann sprang die Tür auf und der Apotheker kam herein, gefolgt von seinem Gehilfen.
    »Eure übereifrigen Mantellatinnen wollten mich erst gar nicht zu Euch vorlassen«, rief er, schon halb im Raum. »Aber Ihr hattet mich doch gerufen!« Er nickte di Nero kurz zu, dann glitt sein Blick zu Mamma Lina, die allerdings durch ihn hindurchschaute, als bestünde er aus Glas. »Aber entschuldigt, geehrter Rektor! Wir scheinen ja in der Tat zu stören.«
    »Nehmt Platz, Messer Marconi, samt Eurer Begleitung!«, befahl der Rektor. »Ihr stört keineswegs, sondern kommt gerade zur rechten Zeit.« Erneut wandte er sich an Mamma Lina. »Ihr habt vorhin ausgesagt, der Kleine sei vor einiger Zeit krank gewesen. Und deshalb hättet Ihr Medizin bei Messer Marconi geholt. Was genau hat ihm denn gefehlt?«
    »Es war ein hartnäckiger Husten, der mich anfangs sehr beunruhigt hatte, weil ich Angst hatte, es könne vielleicht Halsbräune sein. Aber das war es offenbar nicht, sonst wären die Beschwerden anders gewesen, und inzwischen war Mauro auch längst wieder gesund. Zudem ist diese Medizin bezahlt. Was also sollen all diese Fragen?« Linas Atem ging rasch. Inzwischen vermied sie es nicht nur, in Richtung Fenster zu schauen, wo der Richter saß, sondern auch zur Türe, wo der Apotheker und sein Gehilfe Platz genommen hatten.
    »Das müsst Ihr schon mir überlassen!« Barna klang ungehalten. »Schließlich habe ich den Tod des kleinen Mauro aufzuklären.«
    »Mauro – tot?« Leo war aufgesprungen und stieß dabei ein tiefes, fast tierisches Heulen aus. »Mauro nicht tot! Leo ist sein Pferdchen.« Er vollführte im Stehen ein paar ungelenke Sprünge. »Mauro muss sauber sein, ganz rein und ganz sauber. Das hat der padrone gesagt …«
    »Halt den Mund, Leo! Es ist jetzt wirklich genug mit deinem Unsinn«, herrschte der Apotheker seinen Gehilfen an, und der Hüne schwieg, fiel in sich zusammen und ließ den Kopf auf die Brust sinken. Er begann mit den Fingern zu knacken, ein fürchterlicher Ton, der allen durch und durch ging. Ein Klaps von Marconi ließ ihn innehalten.
    »Er gerät außer sich, wenn einem Kind etwas zustößt«, fuhr der Apotheker entschuldigend fort. »Für Fremde mag es merkwürdig wirken, aber ich bin längst daran gewöhnt. Er nennt sie seine kleinen Freunde, die ihm alles bedeuten. Und wenn er so aufgeregt ist wie jetzt, dann weiß er gar nicht mehr, was er sagt.«
    »Mauro …«, setzte der Gehilfe noch einmal an. Jetzt schlug Savo Marconi ihm kurzerhand auf den Schädel, und Leo verstummte endgültig.
    »Dann hat Mamma Lina also neulich Medizin bei Euch gekauft?«, vergewisserte sich der Rektor.
    Der Apotheker nickte. »Ich hatte bei dieser Gelegenheit einige der Kinder persönlich in Augenschein genommen und danach eines meiner wirkungsvollsten Medikamente empfohlen. Es scheint geholfen zu haben, denn seither habe ich nicht mehr von ihnen gehört. Meine Besorgnis freilich hielt an; deshalb hab ich ihr erst gestern durch Leo einen weiteren Vorrat davon zukommen las sen. Dieses Mal unentgeltlich. Wenn ich helfen kann, bin ich stets gern dazu bereit.«
    »Aber wir brauchen Eure Hilfe nicht«, sagte Mamma Lina barsch. »Deshalb hab ich die Medizin diesem ungeschlachten Kerl auch wieder zurückgegeben.«
    Marconi tat, als hätte er sie gar nicht gehört.
    »Ihr wisst ja, Messer Barna«, fuhr er fort, »wie sehr mir die Waisenkinder von Santa Maria della Scala am Herzen liegen.« Eine angedeutete Verneigung. »Gleichgültig, ob sie nun im Hospital

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