Die Sünderin
unserer Gegend, das merkte ich, als ich sie sprechen hörte. Sie schauten sich um. Mich nahmen sie nicht zur Kenntnis. Sie setzten sich an einen Tisch. Nach ein paar Minuten stand Johnny auf und ging zu einem Mädchen. Er tanzte ein paar Mal mit ihr. Später verließen sie das Lokal zusammen mit dem kleinen Dicken.
Am nächsten Samstag waren sie wieder da, auch das Mädchen. Sie saß mit zwei Freundinnen in einer Ecke. Als sie Johnny und seinen Freund bemerkten, steckten sie die Köpfe zusammen und tuschelten. Aber das Mädchen ging nicht zu ihnen. Ich hatte den Eindruck, sie wollte mit Johnny und demDicken nichts mehr zu tun haben. Johnny kümmerte sich auch nicht um sie. Es dauerte nicht lange, da tanzte er mit einer anderen. Wenig später verschwand er mit ihr. Der kleine Dicke lief hinterher. Und am nächsten Samstag kannten sie sich nicht mehr.
Ein paar Wochen ging es so. Vielleicht hätte mich ihr Verhalten und mehr noch das der Mädchen stutzig machen müssen. Aber ich dachte mir nichts dabei. Ich war wirklich sehr naiv damals. Und sehr verliebt! Was hätte ich dafür gegeben, wenigstens einmal mit ihm zu reden.
Ich konnte es kaum noch erwarten, samstags aus dem Haus zu kommen. Nie vorher habe ich meine Mutter so dreist belogen wie in der Zeit. Es drehte sich alles nur noch um Johnny. Ich wusste, dass ich bei ihm keine Chance hatte. Ich wollte auch nur in seiner Nähe sein und fragte ein bisschen herum, wer er war. Aber keiner wusste etwas Genaues. Ein paar von den Mädchen erzählten, dass er Musik mache. Und die, die mit ihm und seinem Freund zusammen gewesen waren, grinsten, wenn ich sie fragte. Ein paar Mal hieß es: ‹Es war ein netter Abend. Aber für dich wäre es kaum das Richtige.›
Und dann, es war am 16. Mai, eine Woche nach meinem Geburtstag, sprach der kleine Dicke mich an. Es war nicht viel los an dem Abend. Sie hatten schon eine Weile am Tisch gesessen, ehe der Dicke zu mir kam. Ich tanzte mit ihm, weil ich dachte, danach nimmt er mich vielleicht mit an ihren Tisch. Irrtum! Er wurde zudringlich. Ich hatte Mühe, ihn mir vom Leib zu halten. Er wurde ausfallend und beschimpfte mich.
Ich war ziemlich deprimiert und ging. Und draußen auf dem Parkplatz hörte ich Johnny nach mir rufen. Er entschuldigte sich für seinen Freund. Ich solle die Schimpferei nicht übel nehmen. Sein Freund sei ein Hitzkopf und habe leider nicht viel Glück bei Mädchen. Wir blieben eine Weile draußen und unterhielten uns. Ich konnte es kaum glauben. Erfragte, ob ich wieder mit hineingehen wolle. Es sei doch zu früh, um heimzugehen. Und er werde dafür sorgen, dass sein Freund mich nicht noch einmal belästige.
So hat es angefangen mit Johnny und mir. Es kam mir vor wie ein Wunder. Mir war schon der Verdacht gekommen, dass er nur nach Buchholz kam, um ein Mädchen für einen Abend abzuschleppen. Aber so benahm er sich bei mir nicht. Der Dicke ging, als wir zurück ins Lokal kamen. Fast eine halbe Stunde saßen wir allein am Tisch und unterhielten uns. Dann fragte Johnny, ob ich Lust hätte, mit ihm zu tanzen.
Mehr passierte nicht an dem Abend. Der Dicke tauchte nicht wieder auf. Als ich gehen musste, brachte Johnny mich hinaus. Er wollte mich auch heimbringen. Das ging leider nicht. Wenn meine Mutter uns gesehen hätte, wäre ich nie wieder vor die Tür gekommen. Wir verabschiedeten uns auf dem Parkplatz. Er gab mir nur die Hand und fragte: ‹Sehe ich dich wieder?›
Ich sagte: ‹Wahrscheinlich bin ich nächsten Samstag wieder hier.›
Er lächelte. ‹Ich auch. Und es ist wohl am besten, wenn ich allein komme. Also dann bis nächsten Samstag.›
Er kam tatsächlich allein. Und er war sehr zurückhaltend. Es dauerte drei Wochen, ehe er mich zum ersten Mal küsste. Er war lieb und zärtlich, und egal, was ich sagte, er verstand es. Auch als ich ihm von meiner Mutter erzählte, lachte er nicht. ‹Jeder so, wie er glaubt, dass es richtig wäre›, meinte er.
Natürlich fragte ich ihn nach seinem Namen. Er sagte, er hieße Horsti. Das war mir zu blöd, also blieb ich bei Johnny. Er sagte, er kann Mädchen nicht ausstehen, bei denen man auf Anhieb landen kann, die seien nur gut, um sich zu amüsieren. Er sagte, er hätte noch nie ein Mädchen wie mich getroffen und dass er mich liebe. Es war alles perfekt. Er war sogar ein bisschen eifersüchtig. Ein paar Mal konnte er am Wochenendenicht nach Buchholz kommen. Dann bat er mich, daheim zu bleiben, damit ihm kein anderer in die Quere kam.
Ich wusste nicht
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