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Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Stimme, eben noch fest und bestimmt, klang mit einem Mal matt und weinerlich. Ihre Unterlippe begann zu zittern wie die eines zweijährigen Kindes, das in der nächsten Sekunde in Tränen ausbrechen will.
    Er sah es in der Fensterscheibe. Doch auf solch einen billigen Trick fiel er nicht herein. Den Ton hatte seine Tochter auch immer benutzt, wenn sie ihren Willen auf andere Weise nicht durchsetzen konnte. Und die Unterlippe, Mechthild hatte es Eine-Schnute-Ziehen genannt.
    «Ein paar Minuten werden Sie noch können», sagte er. Dass seine Stimme schärfer klang, konnte er nicht verhindern, wollte er auch nicht. Bei aller Rücksicht und Anteilnahme, sie sollte spüren, dass er sich nicht auf Dauer mit Ausflüchten und Verweigerung abspeisen ließ. «Sie sind also im Dezember vor fünf Jahren nach Köln gekommen. Gab eseinen besonderen Grund, dass Sie sich ausgerechnet für Köln entschieden?»
    Er nahm an, dass sie doch etwas über Frankenbergs wahre Identität und seinen Aufenthaltsort herausgefunden hatte. Dass sie sich auf den Weg machte, ihn zu suchen.
    Und sie sagte leise: «Nein! Ich habe mich in einen Zug gesetzt, und der fuhr eben nach Köln.»
    Bis dahin hatte er ihr geglaubt. Das glaubte er auf keinen Fall. «Vielleicht denken Sie noch einmal nach, Frau Bender. Es gab einen Grund. Wir kennen ihn bereits. Aber wir möchten es von Ihnen hören.»
    «Da muss ich nicht nachdenken. Es gab keinen Grund. Ich kannte niemanden in Köln, darauf wollen Sie doch hinaus.»
    Sie begriff nicht, warum er so nachdrücklich fragte, stand im Geiste noch daheim vor der Haustür, schaute in Mutters Gesicht, hörte Mutters Stimme. Cora ist tot. Nein! Cora lebte, der Mann war tot. Und Cora verlor allmählich ihren Verstand. Sie spürte es ganz deutlich – wie eine Hand voll Wasser, das langsam durch ihre Finger davonrann. Sie mochte die Finger noch so fest zusammenpressen, das Wasser ließ sich nicht festhalten.
    Es war nicht gut, eine Lügengeschichte mit Bröckchen von Wahrheit zu mischen. Dann bekam die Lüge lange Beine und holte einen ein, und die Wahrheit schlug einem wie mit Knüppeln auf den Kopf. Und dann geriet alles durcheinander. Das Bild aus Farbklecksen war frei erfunden! Das wusste sie genau. Und trotzdem sah sie es deutlich vor sich, wie es da an der Wand hing in der weiß gehaltenen Halle, nur im Fußboden waren kleine grüne Steine. Und das Gesicht   … So dicht vor dem ihren, dass sie die Augen schließen musste, weil es verschwamm. Es konnte nicht sein. Johnny küsste sie – so wie sie es eben erzählt hatte. Sie fühlte den Druck seiner Lippen auf den ihren.
    Es waren nur die eigenen Finger, die sie gegen den Mundpresste, um nicht aufzuschreien. Sie wusste, dass es nur ihre eigenen Finger waren. Nur half ihr dieses Wissen nicht. Über seine Schulter schaute sie auf die beiden Rücken auf der Treppe!
    Ein kleiner, dicker Mann und ein Mädchen auf dem Weg nach unten. Das Mädchen hatte blonde Haare. Es trug eine dunkelblaue Bluse aus Satin und einen weißen Rock mit gezipfeltem Saum. Der Rock war aus Spitze und fast durchsichtig.
    Wo kamen diese Einzelheiten her? Sie musste es irgendwo gesehen haben. In einem Film! Das war die Erklärung. Es konnte nur ein Film gewesen sein. Und jeder Film hatte Dialoge. Das Mädchen auf der Treppe lachte und rief über die Schulter: «Kommt ihr? Damit könnt ihr unten weitermachen. Da ist es sicher gemütlicher.» Jeder Film hatte Musik. Von unten drang ein Wirbel nach oben. Ein Schlagzeugsolo. Und während sie sich bemühte, sich auf den Titel des Films zu besinnen oder darauf, wie es nach dieser Szene weitergegangen war, fragte der Chef nach Köln.
    Sie war nicht mehr in der Verfassung, sich eine logische Lüge einfallen zu lassen. Köln! Das war Margret. Ob er bereits von ihr wusste? Was er gesagt hatte, klang danach. Ob Gereon sie erwähnt hatte? Möglich.
    Fünf Minuten Pause. Mehr brauchte sie nicht. Nur fünf Minuten, um sich für Köln eine plausible Geschichte auszudenken. Und wenn er ihre Bitten ignorierte, musste sie ihn eben an sein Versprechen erinnern. «Kann ich vielleicht etwas essen, bevor wir weitermachen? Bitte, ich bin sehr hungrig. Am See bin ich ja nicht mehr dazu gekommen. Ich wollte mir den Rest vom Apfel nehmen. Ein Golden Delicious, die Sorte mochte ich schon als Kind sehr gerne.»
     
    Wir hatten einen Garten, er lag nicht beim Haus. Wir mussten weit laufen, um dorthin zu kommen. In Wirklichkeit wares nicht weit. Aber damals kam mir alles sehr

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