Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
Vom Netzwerk:
Sie den Mist da. Hören Sie sich lieber das erste Band an. Da haben Sie die richtigen Antworten bekommen. Ich habe Georg Frankenberg gestern zum ersten Mal gesehen. Und ich habe gehört, wie der Mann, der bei ihm war, über ihn sprach. Deshalb konnte ich Ihnen etwas über die Musik und den Keller erzählen.»
    «Nein», widersprach er. «Sie haben schon vor Jahren von einem Keller gesprochen, geträumt haben Sie davon. Da war Ihre Tante sehr wohl dabei. Und in der vergangenen Nacht sind Sie nicht zusammengebrochen, weil ich Sie unter Druck gesetzt habe. Ich habe Sie unter Druck gesetzt, das bestreite ich nicht. Aber das war nicht der Grund für Ihren Zusammenbruch. Sie haben sich an den Keller erinnert. Geschrien haben Sie, dass Sie es nicht aushalten. Dass ich Ihnen helfen soll. Ich will Ihnen helfen, Frau Bender. Aber Sie müssen mir einen Schritt entgegenkommen. Ihre Tante sagte   …»
    Sie schürzte die Lippen und begann zu nicken. Dabei grinste sie, mit den Verletzungen im Gesicht wirkte es hilflos. «Ich könnte Ihnen etwas von meiner Tante erzählen, da würden Ihnen die Ohren flattern. Meine Tante hat sich ein Ding geleistet, ich glaube, das nennt man Diebstahl. Und Sie kommen im schlimmsten Albtraum nicht darauf, was sie geklaut hat. Margret hat Sie genauso belogen wie ich. Das dürfen Sie mir unbesehen glauben. Sie kann es sich gar nicht leisten, Ihnen die Wahrheit zu sagen. Aber lassen wir das, ich will niemanden in die Scheiße reiten. Ich hatte ein paar Albträume, als ich bei ihr wohnte, das stimmt. Aber die hatten nichts mit Georg Frankenberg zu tun. Da ging es um ganz andere Dinge.»
    «Ich weiß», sagte er, «um Böcke, Schweine und Tiger. Um Würmer und dergleichen. Man braucht nicht viel Phantasie, um das zu interpretieren. Für mich klingt es nach einer Vergewaltigung.»
    Wie er dazu kam, ihr ein Wort in den Mund zu legen, hätte er niemandem erklären können. Er fing sich einen verständnislosen Blick von Werner Hoß ein.
    Und sie lachte auf. «Vergewaltigung? Wer hat Ihnen denn den Floh ins Ohr gesetzt? Margret?» Sie nickte, lachte noch einmal kurz und abfällig. «Wer sonst! Zu ärgerlich, dass sie es nur Ihnen gesagt hat. Das hätte sie besser mit mir besprochen, da hätte ich aber eine Story gehabt. Da säße ich jetzt hier wie ein Lamm.»
     
    Margret hat oft gesagt, ich hätte meinen Weg gemacht, trotz allem. Für sie sah es vielleicht so aus. Aber es war nicht mein Weg, es war meine Teststrecke. Bewusst sündigen! Und zusehen, was passiert. Mit Magdalenas Leben spielen, als wäre der Tod nur ein kleiner Ball, den man von einer Hand in die andere wirft. Eine Zeit lang war es das, Nervenkitzel. Später war es Gewohnheit.
    Es fing mit kleinen Dingen an. Mit dem Traum vom Wolf, bei dem ich das Bett nass machte. Bei dem ich nicht aufhörte, mir zu wünschen, dass er noch einmal käme. Weil er mich frei machte, wenigstens für die kurze Zeit in der Nacht. Und er kam immer wieder. Fast ein Jahr lang, fast jede Nacht. Oder dass ich am Nachmittag zu Grit hinüberhuschte und um ein Bonbon bettelte oder ein Stück Kuchen, das ich dann in aller Eile hinunterschlang. Jedes Mal, wenn ich danach ins Haus zurückkam, beobachtete ich Magdalena. Immer war ihr Zustand unverändert. Die kleinen Sünden konnten sie also nicht umbringen.
    Ich wollte sie auch nicht umbringen, wirklich nicht. Sie war eine große Belastung für mich. Sie zwang mir ein Leben auf, das ich nicht führen wollte. Aber nach dem Nachmittag mit dem Taschentuch und den nassen Füßen des Erlösers wünschte ich mir oft, ich hätte mehr für sie tun können, als mit ihr reden oder ihr Geschichten aus der Bibel vorzulesen.
    Ich glaube, ich hatte angefangen meine Schwester zu lieben. Und wenn ich bei Grit Süßigkeiten schnorrte   … Vielleicht wollte ich mir nur beweisen, dass ich sündigen konnte auf Teufel komm raus, ohne dass es einen Einfluss auf Magdalenas Befinden hatte. Wenn mir dafür eines Tages die kleinen Teufel das Fleisch mit glühenden Zangen vom Körper rissen, war das allein mein Problem.
    Und dann fand ich eines Tages auf der Straße ein Markstück. Da war ich elf und ging bereits zur Hauptschule. Ich hatte noch nie eigenes Geld gehabt. Die anderen Mädchen in meiner Klasse bekamen sonntags von ihren Eltern etwas. Und montags gingen sie nach der Schule in einen kleinen Laden und kauften sich Negerküsse, Weingummi oder Eis am Stiel. Mich zogen sie auf, dass ich nie in den Laden gehen konnte.
    Es war morgens auf dem

Weitere Kostenlose Bücher