Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sünderin

Die Sünderin

Titel: Die Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
Vom Netzwerk:
dass es ihr auch wirklich gut ging. Auf dem Tablett, das man ihr vorsetzte, stand ein Teller mit Wurst- und Käsebroten. Sie war nicht hungrig. Der Chef forderte sie auf, wenigstens ein bisschen zu essen. Sie tat ihm den Gefallen, biss einmal von einem Salamibrot ab und schluckte den Bissen mit viel Kaffee hinunter.
    Dann fragte sie nach den Namen. «Es tut mir Leid. Mir ging gestern so viel durch den Kopf. Ich konnte mir Ihre Namen nicht merken.»
    Der Chef nannte sie ihr, aber in seinem Fall war der Name ohne Bedeutung. Er hatte sie an den Rand des Wahnsinns getrieben und ihr damit deutlich gemacht, wie viel Macht er besaß über sie und ihren Verstand. Nach ihm konnte keiner mehr kommen, der stark genug wäre, ihr das anzutun.
    Er erklärte, dass sie nun zum Amtsgericht nach Brühl führen, um sie dem Haftrichter vorzustellen.
    «Damit werden Sie warten müssen», sagte sie, schaute Werner Hoß an und erklärte mit unbewegter Miene: «Sie hatten ja in der Nacht bereits Zweifel an meiner Geschichte. Mit Recht!»
    Sie waren beide sehr aufmerksam, ließen kein Auge von ihr, während sie mit ruhiger und gefasster Stimme das gesamte Lügengebilde um Johnny Guitar widerrief. Sie schloss mit einer winzigen neuen Lüge: Im Oktober vor fünf Jahren sei sie beim Überqueren einer Straße nicht aufmerksam gewesen und von einem Auto angefahren worden.
    Sie sah Werner Hoß nicken, seine Miene drückte Genugtuung aus. Der Chef warf ihm einen wütenden Blick zu und schüttelte den Kopf. Dann begann er von Margret zu sprechen, vorsichtig, behutsam, wie die Katze um den heißen Brei schleichend. Margret habe ihm von einer furchtbaren Misshandlung erzählt. Sie selbst habe auch ein paar Hinweise gegeben, behauptete er.
    Es war ein harter Schlag zu erfahren, dass Margret sie angelogen und doch geredet hatte. Die Häufchen Dreck ausgebreitet, die sie von Vater kannte, das Ende der Geschichte! Furchtbar misshandelt! Und ihr den Rat gegeben, die Wahrheit zu sagen. Ab August! Ab August war die Wahrheit für Margret nicht mehr gefährlich. Denk jetzt mal an dich! Margret hatte an sich gedacht.
    «Was soll der Blödsinn?», fuhr sie auf. «Ich habe keine Hinweise gegeben. Oder habe ich etwa behauptet, ich sei misshandelt worden?»
    Der Chef lächelte. «Nicht direkt.» Er bat sie, sich ein Stück von einem der Bänder anzuhören, natürlich nur, wenn sie sich dazu in der Lage fühle.
    «Von mir aus», sagte sie. «Ich fühle mich genau richtig für meine Lage.»
    Er schaltete das Bandgerät ein. Und sie hörte sich das Gestammel an. «Er hat so lange auf sie eingeschlagen, bis sie tot war. Ich habe gehört, wie ihre Rippen brachen.»
    «Mein Gott», sagte sie, «das klingt ja scheußlich. Hört sich an, als sei ich ziemlich durcheinander gewesen. Sie haben mir aber auch ganz schön zugesetzt. Das können Sie nicht leugnen. Der Weißkittel, den Sie mir auf den Hals gehetzt haben, sagte, ich sei starkem emotionalem Druck ausgesetzt gewesen. Deshalb sei ich zusammengeklappt. Fragen Sie ihn, wenn Sie mir nicht glauben. Oder fragen Sie Herrn Berrenrath, er hat es auch gehört. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde mich nicht über Sie beschweren. Sie haben Ihre Arbeit getan. Ich verstehe das.»
    Rudolf Grovian nickte, warf Werner Hoß einen undefinierbaren Blick zu. Es war eine Bitte um gütliches Einvernehmen oder die Verurteilung zum Schweigen, das blieb sich gleich. Er atmete tief durch, versuchte einzuschätzen, in welcher Verfassung sie war. Sie wirkte völlig klar. Und wenn sie wollte, konnte sie ihm eine Menge Arbeit ersparen. Siemusste nur den Namen des Mädchens nennen, das der kleine Dicke für sich mitgenommen hatte.
    Er ging äußerst behutsam vor, erklärte ihr, zu verstehen, was sie zu ihrem Widerruf veranlasste: Die Angst, sich noch einmal mit grausamen Dingen auseinander setzen zu müssen.
    Sie verzog spöttisch den Mund. «Sie verstehen einen Dreck. Es gab kein Mädchen für den Dicken. Es war Johnny, der die Mädchen abschleppte. Der Dicke trottete jedes Mal hinter ihnen her wie ein Hündchen, das nur mal am Knochen schnuppern darf.»
    «Dann gab es Johnny also», stellte Rudolf Grovian fest.
    «Natürlich. Aber nicht für mich. Der hat mich doch mit dem Hintern nicht angeguckt.»
    Rudolf Grovian legte ein wenig väterliche Ermahnung in die Stimme. «Frau Bender, Ihre Tante sagte   …»
    Weiter kam er nicht. «Lassen Sie mich doch in Ruhe mit dem Quatsch! Margret hat keine Ahnung! Oder war sie etwa dabei? Vergessen

Weitere Kostenlose Bücher