Die Sünderinnen (German Edition)
gedauert hat.«
Pielkötter nickte irgendwie gütig, was selten vorkam.
»Ein Jahr etwa«, fuhr Bodenthal fort. »Mit uns hat es angefangen zu dem Zeitpunkt, als sie sich von ihrem Mann getrennt hat. Ich war allerdings nicht der Trennungsgrund. Der Typ war einfach furchtbar. Was der für Macken hatte.«
»Wie ernst war Ihre Beziehung?«
Irritiert starrte Bodenthal die beiden Beamten an. »Wie, wie meinen Sie das?«
»Hatten Sie beispielsweise die Absicht, mit Frau Winkler zusammenzuziehen oder sie gar zu heiraten?«
»Nein, nein, darüber haben wir nie gesprochen. Aber wie schon gesagt, ich habe sie sehr geliebt.«
»Gegen zwanzig Uhr haben Sie die Polizei verständigt«, leitete Pielkötter einen kleinen Themenwechsel ein. »Aber wo waren Sie, bevor Sie in der Wohnung Ihrer Geliebten eingetroffen sind?«
Verlegen schaute Bodenthal zur Seite. Er wirkte plötzlich hilflos. »Ich war bei Tanja«, stammelte er, nachdem er eine ganze Weile geschwiegen hatte. »Tanja Hofstein. Hier aus Duisburg-Ruhrort.«
»Wie lange?«, fragte Barnowski ungerührt.
»Vielleicht zwei Stunden, vielleicht auch länger.«
»Darf ich annehmen, dass Sie auch mit dieser Dame ein Verhältnis unterhalten?«
Schuldbewusst nickte Bodenthal.
»Wir sind keine Moralapostel«, stellte Pielkötter klar. »Uns geht es nur darum, dass Frau Hofstein Ihre Aussage bestätigen kann.«
»Ich habe Babsi trotzdem geliebt«, erklärte Bodenthal. »Das können Sie mir wirklich glauben.«
»Wir glauben gar nichts«, gab Barnowski seinem Unmut wieder nach. »Uns interessieren nur Fakten.«
»Kann ich jetzt gehen? Ich bin nämlich noch anderweitig verabredet.«
Sicher lässt er sich jetzt trösten, von einer Melanie, die er ebenso heiß und innig liebt wie Tanja oder Babsi, dachte Pielkötter und erhob sich.
»Schönen Abend noch«, wünschte er und beobachtete aus den Augenwinkeln den verdutzten Barnowski. »Sie schreiben uns nur noch eben die Adresse von Tanja Hofstein auf, dann sind Sie vorerst entlassen.«
Erleichtert legte Bodenthal eine Visitenkarte auf den Schreibtisch, dann verabschiedete er sich eilig. Barnowski schielte auf die Visitenkarte und erkannte als Erstes einen hochgehobenen Rock mit hoch schwingendem Bein. Tanzlehrerin, las er, nachdem er die Karte mit der gezeichneten Dame in seine Richtung gedreht hatte.
»Was halten Sie von dem Typen?«, fragte Pielkötter, nachdem Bodenthal den Raum verlassen hatte.
Barnowski hielt die Frage seines Chefs für einen miesen Trick und dachte nicht daran, darauf hereinzufallen. »Ich erlaube mir noch kein Urteil. Keine voreiligen Schlüsse, das ist doch immer Ihre Devise.«
»Korrekt, aber ich habe Sie schließlich nicht gefragt, ob Sie Bodenthal für den Mörder halten. Ich wollte lediglich etwas über den ersten Eindruck wissen.«
»So, so«, brummte Barnowski wenig überzeugt. »Jedenfalls hätte ich mir den Typen an Barbara Winklers Stelle nicht gerade als Geliebten geangelt. Er wirkte ziemlich zerstreut. Vielleicht war er auch nervös, weil er die unangenehme Frage vorausgesehen hat, die wir ihm gestellt haben. Na, ja, direkt von einem Bett ins andere. Ist ja auch irgendwie peinlich. Zwar sind wir keine Moralwächter, aber wir könnten daraus ein Motiv zimmern. Er wäre schließlich nicht der erste Mann, der eine lästige Geliebte wegen einer neuen Flamme ins Jenseits befördert.«
»Können Sie sich Barbara Winkler als lästige Geliebte vorstellen?«
»Eigentlich eher, dass sie ihn verlassen wollte. Aber deshalb dreht ein Typ wie er ja nicht gleich durch, wo er doch gerade aus dem Bett einer anderen kommt.«
»Vielleicht hat sie das bemerkt, weibliche Intuition oder auch nur der Duft eines fremden Parfüms.«
»Worüber sie dann gestritten haben.«
»Unwahrscheinlich«, entgegnete Pielkötter und schaute Barnowski über den Rand seiner altmodischen Lesebrille an. »Denken Sie an den Dolch. Das war kein Mord im Affekt.«
»Und was halten Sie von dieser Tanja Hofstein als Täterin?«
»Wenn diese Tanzlehrerin die Statur eines Ringers aufweist.«
Während Pielkötter über seinen eigenen Witz lachte, fühlte sich Barnowski zu unwohl, um darüber auch nur zu lächeln. Er hatte keinen blassen Schimmer, worauf dieses Gespräch hinauslaufen sollte. Wollte sein Chef so lange weiterbohren, bis er ihn durch einen Fehler wieder einmal bloßstellen konnte? Eine gewisse Wachsamkeit konnte jedenfalls nicht schaden.
»Als Mörder kommt eigentlich nur ein Mann in Frage«, stellte Pielkötter
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