Die Sünderinnen (German Edition)
schmutzigen, aber kippenfreien Aschenbecher klopfte.
Sollte das etwa ein Angebot sein? Darüber wollte er gar nicht erst nachdenken.
»Könnte Barbara Winkler denn von Ihrer Existenz erfahren und Herrn Bodenthal in irgendeiner Form erpresst haben?«
Während Tanja Hofstein hemmungslos lachte, quoll stoßweise Rauch aus ihrem Mund.
»Sie hat es definitiv nicht gewusst«, antwortete sie, nachdem sie sich wieder etwas beruhigt hatte. »Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich erwarte Schüler.«
»Okay«, erwiderte Barnowski und erhob sich. »Allerdings müssen Sie in den nächsten Tagen noch einmal zum Kriminalkommissariat 11 kommen, um Ihre Aussage zu unterschreiben.«
Seufzend knallte er wenig später die Haustür zu. Irgendwie wusste er immer noch nicht recht, was er von diesem Dreiecksverhältnis zu halten hatte.
Missmutig blätterte Pielkötter in der Tageszeitung. Draußen dämmerte es schon, und er hatte noch nicht einmal den Lokalteil gelesen. Dabei war er Beamter. Die meisten Leute stellten sich den typischen Beamten doch gerade als Zeitungsleser vor. Natürlich im Dienst. Die Wirklichkeit sah anders aus, jedenfalls bei ihm.
Während er las, wischte Marianne diverse Möbelstücke um ihn herum mit einem Staubtuch ab, was nicht gerade zur Besserung seiner Laune beitrug. Musste sie so spät noch putzen? Konnte sie das nicht in seiner Abwesenheit erledigen? Sie beschwerte sich doch sowieso immer, dass er viel zu selten zu Hause sei. Verstohlen beobachtete er sie über den Rand der Zeitung hinweg. Falls ihn sein Instinkt nicht täuschte, konzentrierte sie sich genauso wenig auf den nicht vorhandenen Staub wie er auf den Artikel über das Ausbluten der Innenstädte, den er soeben überflogen hatte. Unausgesprochene Anklagen lagen in der Luft. Daran gab es keinerlei Zweifel, auch wenn sie ihm den Rücken zudrehte und er nicht in ihren Gesichtszügen lesen konnte. Demonstrativ legte er die Zeitung zur Seite und schaute so lange in ihre Richtung, bis sie sich zu ihm umdrehte.
»Bist ja ein schöner Vater«, klagte sie ihn ohne weitere Vorwarnung an. »Liest hier in aller Ruhe Zeitung, während dein Sohn sich mit den Möbeln abschleppt.« Dazu starrte sie ihn mit vorwurfsvoller Miene an.
»Wieso schleppt er Möbel?«, fragte Pielkötter irritiert.
»Dein Sohn zieht nach Hochfeld in eine größere Wohnung. Aber wenn man so wenig Interesse zeigt wie du, kann man das natürlich nicht wissen.«
Jetzt triefte ihre Stimme vor Ironie. Er mochte es absolut nicht, wenn sie zickig wurde. Es passte auch nicht zu ihr. Fremd kam sie ihm nun vor, fremd und unnahbar. Warum musste der Bruch mit Jan Hendrik sich gleich derart katastrophal auf seine Ehe auswirken? Schon länger kriselte es in ihrer Beziehung, nur hatte er bisher konsequent versucht, darüber hinwegzusehen. Eigentlich war die Aussprache überfällig. Er hatte es sich angewöhnt, den beruflichen Stress vorzuschieben, um nicht weiter über seine familiären Probleme grübeln zu müssen. Dabei waren die Differenzen mit Marianne nur logisch. Unwillkürlich fiel ihm ein, was er einmal in einem Seminar gelernt hatte: Ein System aus drei füreinander wichtigen Personen konnte nicht stabil sein, wenn nur eine der drei Beziehungen gestört war. Analytisch ging er nun die Lösungsmöglichkeiten durch. Die einzig realistische Alternative lag in der Änderung seines Verhaltens.
»Unser Sohn zieht also in eine größere Wohnung«, erwiderte er, um eine gewisse Gesprächsbereitschaft zu demonstrieren. Dabei versuchte er möglichst neutral zu klingen.
»Er zieht mit seinem Freund Sebastian Lorenz zusammen, wenn du es genau wissen willst.«
Eigentlich mochte er das lieber nicht so genau wissen, aber diese unumstößliche Tatsache behielt er lieber für sich. Diplomatisches Vorgehen war angesagt, sofern er beabsichtigte, den häuslichen Frieden wiederherzustellen. Auf keinen Fall wollte er auf Mariannes Zuneigung verzichten.
»So, so«, brummte er. »Jan Hendrik hätte mich ja auch um Hilfe bitten können.«
»Wie denn?«, erwiderte sie zornig. »Am Telefon wolltest du doch nie mit ihm sprechen.«
Unwillig kratzte Pielkötter an seinem Kinn herum. Er mochte keine Anklagen, erst recht nicht von Marianne und am allerwenigsten, wenn sie berechtigt waren.
»Ich konnte ja nicht ahnen, dass er Hilfe braucht«, versuchte er, sich zu verteidigten. »Und du hast auch nichts gesagt.«
»Das hätte sowieso nichts genützt.«
Ihre Augen füllten sich mit Tränen, dann rannte
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