Die Sünderinnen (German Edition)
sind der Einzige, der über alle drei Frauen Bescheid wusste. Genau das ist doch der Punkt.«
»Aber ich war es nicht. Deshalb werden Sie von mir auch nichts an irgendeinem der drei Tatorte finden.«
»Das lassen Sie unsere Sorge sein.«
»Kann ich jetzt gehen?«, fragte Mark Milton. »Oder haben Sie noch weitere Fragen?«
»Die haben wir in der Tat«, antwortete Pielkötter. »Warum haben Sie mir nicht gleich von dem mysteriösen Tod Ihrer ersten Frau erzählt?«
Augenblicklich driftete Marks Gesichtsfarbe in Richtung aschfahl. Lag es daran, dass Pielkötter offensichtlich in seiner Vergangenheit herumgewühlt hatte, oder daran, dass er das Bild der toten Lea plötzlich so real vor Augen sah?
»Es war Selbstmord«, erklärte Mark, nachdem alle eine Weile geschwiegen hatten.
»Zumindest konnte man einen Selbstmord nicht ausschließen«, entgegnete Pielkötter mit vielsagendem Blick. »Nach meiner Information hat dieser sogenannte Selbstmord die Ermittler eine ganze Weile beschäftigt. Die Schnittwunden an den Handgelenken waren ungewöhnlich tief. Zudem wurde eine beträchtliche Dosis an Schlafmitteln in Lea Miltons Blut nachgewiesen.«
»Ich weiß. Trotzdem war es Selbstmord.«
»Und warum haben Sie uns den dann verschwiegen?«
»Wahrscheinlich habe ich einfach keinen Zusammenhang zu dem Mord an Barbara Winkler gesehen.«
»So, so, drei Ihrer Patientinnen werden erstochen, Ihre erste Frau verblutet mit aufgeschnittenen Pulsadern, aber Sie sehen einfach keinerlei Zusammenhang. Im Übrigen war Lea auch eine Patientin von Ihnen.«
»Leider stimmt das«, gab Mark kleinlaut zu. »Vielleicht wäre sie heute noch am Leben, wenn ich nicht mit diesem ungeschriebenen Gesetz gebrochen hätte. Patientinnen sind tabu, absolut. Unsere Beziehung begann zwar erst, nachdem Lea nicht mehr zu meinen Patienten gehörte, aber sie hat trotzdem ein schreckliches Ende gefunden.«
»Wie haben Sie Lea genau kennengelernt?«, fragte Pielkötter.
»Nach dem Studium habe ich zunächst in einer Duisburger Klinik in der Psychiatrie gearbeitet. Lea war für mich zunächst nichts weiter als eine Patientin. Nun gut, vielleicht eine, an der mir besonders viel lag. Ohne Hintergedanken natürlich. Einige Zeit nachdem sie entlassen worden war, habe ich übrigens auch in der Klinik aufgehört.«
»Und dann haben Sie sich zum Essen verabredet«, platzte es aus Barnowski heraus, womit er sich einen strafenden Blick von Pielkötter einfing.
»Nein, nein«, wehrte Mark Milton ab. »Ich habe sie erst ein Jahr später zufällig getroffen. Inzwischen hatte ich eine eigene Praxis. Sie kam auch nicht als Patientin zu mir. Wir sind uns an der Volkshochschule begegnet. Ich habe dort einen Vortrag über Therapieformen bei psychischen Erkrankungen gegeben. Sie war eine der Teilnehmerinnen. Nach dem Vortrag ist sie zu mir gekommen. Hat sich für meine Hilfe bedankt und vorgeschlagen, noch irgendwo etwas zu trinken. An dem Abend sind wir in der Bar am Theater gelandet. Inzwischen weiß ich, wie groß dieser Fehler war.«
Während Barnowski ihn in gewisser Weise verstehen konnte, drückte Pielkötters Miene nichts als Abscheu aus. Tabus waren nun einmal nicht dazu da, gebrochen zu werden.
»Lea erschien mir wirklich vollkommen geheilt«, fuhr Mark Milton fort. »Natürlich weiß ich, dass Depressionen in Schüben verlaufen können, aber in diesem Moment habe ich das ganz einfach ausgeblendet.«
»Und als die Depressionen zurückkehrten, waren Sie bereits mit ihr liiert.«
»Das wissen Sie doch schon alles«, schrie Mark erregt und geriet in Versuchung, einfach aufzuspringen und davonzulaufen. Dabei schmerzte die Erinnerung weitaus mehr, als Pielkötters offensichtlicher Verdacht.
»Sie haben Ihrer Frau professionelle Hilfe vorenthalten. Allein das werte ich als schwerwiegenden Tatbestand.«
»Lea hat einen anderen Therapeuten abgelehnt, zu dem ich ihr geraten habe. Und ich konnte sie nun nicht mehr behandeln«, verteidigte sich Mark.
»Möglicherweise kam Ihnen das ganz gelegen«, entgegnete Pielkötter. »Immerhin besaß Ihre Frau ein beträchtliches Vermögen. Soviel ich erfahren habe, waren Sie der einzige Erbe.«
»Dann wissen Sie sicher auch, dass ich keinen Cent davon für mich behalten habe. Ich habe unter Leas Namen eine Stiftung zur Unterstützung psychisch kranker Menschen gegründet.«
»Nach den unerwarteten Ermittlungen und der Schuld, die Sie auf sich geladen haben, hätte ich das an Ihrer Stelle auch getan.«
Die Art, in der
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