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Die Süße Des Lebens

Die Süße Des Lebens

Titel: Die Süße Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulus Hochgatterer
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sind stockparanoid. Sie gehen jetzt heim, nehmen drei Tage lang kein Suchtmittel, dann kommen Sie wieder.«
    »Hast du gehört? Er will mich operieren«, sagte Ley zu seiner Mutter. Die Frau tat einen kleinen Schritt auf Horn zu: »Sein Vater schlägt ihn tot.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht«, sagte Horn. Es gibt Spinnen, dachte er, die injizieren ihren Speichel in dich hinein, dann saugen sie dich aus und ehe du irgendwas tun kannst, bist du ein bleiches leeres Gerüst.
    »Er prügelt einfach auf ihn los.«
    »Und auf Sie?«
    »Auf mich auch.«
    »Ich glaube Ihnen nicht.«
    »Ich lass das nicht mit mir machen!« Ley zerrte seine Mutter zur Tür. Er saugt an ihr und sie an ihm, dachte Horn, und in Wahrheit ist von beiden nicht mehr allzu viel übrig.
    »Wo ist eigentlich Ihr Nasenring?«, rief Horn ihm nach. Ley blieb knapp außerhalb des Zimmers stehen, stützte sich mit der linken Hand auf den Unterarm seiner Mutter und griff sich mit der rechten prüfend ans Gesicht. Er schien eine Weile zu überlegen, dann machte er eine wegwerfende Handbewegung und die beiden verschwanden.
    Linda lugte hinter dem Empfangstresen hervor. »Tut mir leid. Sie sind einfach reingegangen.«
    »Kein Problem«, sagte Horn.
    Ich habe ihn gesiezt, dachte er, entweder liegt mir wirklich sehr viel an der Distanzierung oder mein Unbewusstes erlebt ihn derartig verwachsen mit seiner Mutter, dass ich ihn automatisch so anspreche wie sie.
    »Sie sollen übrigens Ihre Station anrufen«, sagte Linda.
    Ich mag Junkies nicht, dachte Horn, das ist die Wahrheit.
    Liu Pjongs Heulen schwappte im Treppenhaus runter bis ins Erdgeschoss. Manchmal war das Unheil so freundlich, sich anzukündigen, bevor es einem ins Auge schaute. Sebastian Stemm, der chirurgische Oberpfleger, der ihm vor dem Eingang zum OP-Trakt begegnete, sagte mitleidsvoll: »Viel Vergnügen.« »Danke«, antwortete Horn. Stemm war von Anfang an eine Stütze im Umgang mit den Ressentiments gewesen, die es im Haus gegenüber psychiatrischen Patienten gab. Manche sagten, das hänge damit zusammen, dass er einen schizophrenen Halbbruder habe, andere, das stimme gar nicht. Horn fand Stemm menschlich in Ordnung, so oder so.
    Als er die Tür zur Station öffnete, sah er zuerst Ernst Maywald mitten auf dem Gang stehen, neben ihm Katharina. Gleich dahinter saß links an der Wand Caroline Weber und hielt ihrem schreienden Baby die Ohren zu. Im Hintergrund schwoll Frau Pjongs Stimme rhythmisch an und wieder ab. Der Wahnsinn bildet Cluster, dachte Horn. »Schick bitte alle hinaus«, sagte er zu Christina, die soeben aus dem Schwesternstützpunkt trat. Sie nickte und drückte ihm die Fixiergurten, die sie bei sich trug, in die Hand. »Liu ist in ihrem Zimmer«, sagte sie.
    Raimund und Hrachovec hielten Frau Pjong auf ihrem Bett fest. Als sie Horn kommen sah, blitzten ihre Augen und sie brüllte noch lauter. »Sie wollte das Baby haben«, sagte Hrachovec. Er schwitzte und war knallrot im Gesicht. »Frau Weber wollte das nicht«, sagte Raimund. Auf seinem rechten Unterarm war eine frische Bissmarke zu sehen, die an einer Stelle leicht blutete. »Sind Sie Tetanus-geimpft?«, fragte Horn. Raimund lächelte säuerlich und nickte.
    In dem Augenblick, in dem die Gurten am Bettrahmen angebracht und um Liu Pjongs Handgelenke geschlossen waren, beruhigte sie sich. Horn beschloss, sie trotzdem schlafen zu legen, und schickte Raimund um eine Dormicum-Infusion. Er besprach das weitere Vorgehen mit Hrachovec. Sie mussten die Patientenanwaltschaft und das Gericht verständigen, egal, ob eine Verlegung an die Klinik notwendig werden würde oder nicht, und sie mussten die Sache Richard Jurowetz mitteilen, dem Lebensgefährten der Frau. Für ihn würde es am schwierigsten sein, da waren sie sich einig. »Er liebt sie«, sagte Hrachovec und eine Sekunde lang klang das so, als sei es etwas ganz und gar Eigenartiges.
    Während sie den venösen Zugang legten und die Tropfgeschwindigkeit der Infusion einstellten, lag Liu Pjong mit geschlossenen Augen da und schwieg. Erst als sich Horn aufrichtete und Hrachovec ersuchte, noch eine Weile am Bett zu bleiben, sagte sie: »Und es ist doch mein Kind und sie heißt Liu wie ich und alle, die etwas anderes behaupten, lügen!« Hrachovec schien darauf etwas sagen zu wollen, doch Horn legte den Finger an die Lippen. »Wenn sie schläft, nehmen Sie ihr die Gurten wieder ab«, murmelte er ihm im Vorbeigehen zu.
    Draußen war inzwischen Caroline Webers Mann mit warmer Kleidung für Frau

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