Die Sumpfloch-Saga Bd. 1 - Feenlicht und Krötenzauber
flüsterte sie. „Ich hab sie gehört, wie sie in ein Spiegelfon gesprochen hat. Sie hat Thuna verraten, jede Wette!“
„ Das ist ja furchtbar“, sagte Lisandra ganz entgeistert und setzte sich oben aufs Dach, wo auch Thuna immer gesessen hatte. „Bist du sicher?“
„ Nicht ganz“, antwortete Scarlett. „Aber wir müssen vorsichtig sein. Ich werde Berry im Auge behalten. Vielleicht ist es ein Missverständnis, aber sicher ist, dass sie mich angelogen hat. Sie hat behauptet, sie hätte mit ihren Eltern gesprochen, obwohl sie eindeutig mit jemand Fremdem gesprochen hat.“
Wie jeden Abend stiegen vom Horizont her die Wolken an den Himmel. Sie würden immer näher kommen und sich in der Mitte treffen, sodass auch das letzte Stückchen Sternenhimmel bald verschwinden würde. Lisandra sank der Mut.
„ Ich sollte auch dir gegenüber misstrauisch sein“, sagte sie. „Aber mit irgendeiner Freundin muss ich darüber sprechen, sonst werde ich verrückt. Thuna ist von einer Cruda entführt worden.“
„ Von einer Cruda?“ Scarlett war entsetzt. Natürlich – das musste die böse Cruda gewesen sein, von der Vandalez gesprochen hatte. „Aber warum denn? Was will die Cruda von unserer Thuna? Thuna ist so lieb und harmlos!“
„ Eben nicht. Sie kommt aus einer anderen Welt und hat ein großes Talent. Hoffentlich findet sie rechtzeitig heraus, was es ist, damit sie sich helfen kann. Denn sonst wird ihr kaum jemand helfen. Ich werde dir später alles erzählen, aber jetzt sollten wir wieder reingehen, damit Berry keinen Verdacht schöpft.“
„ Ist gut“, sagte Scarlett. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie selbst eine Cruda war. Auch sie hatte ein böses Geheimnis, so wie Berry. Aber sie hatte Thuna nicht verraten und würde alles tun, was in ihrer Macht stand, um Thuna zu helfen.
Als sie in ihr Zimmer zurückkehrten, hatte Maria Rackiné im Arm und sprach sehr lebhaft mit Berry.
„ Manchmal glaube ich, er wäre lebendig!“, sagte sie. „Und so habe ich ein Tier bei mir, obwohl Haustierhaltung in Sumpfloch verboten ist. Er spricht mit mir, weißt du? Nicht laut, aber in Gedanken.“
Berry, Scarlett und Lisandra starrten Rackiné an. Warum sah er wirklich so lebendig aus? In diesem Moment geschah etwas, das nicht hätte passieren dürfen: Rackiné, der Stoffhase, blinzelte mit den Augen. Vielleicht wusste er selbst, dass er nicht hätte blinzeln dürfen. Er spielte die Rolle des Stoffhasen sonst sehr gut. Doch jetzt hatte ihn etwas gekitzelt oder Maria hatte ihn zu lange vorgeführt, jedenfalls passierte es: Er blinzelte und verriet damit sich selbst und seine Besitzerin.
„ Oh nein …“, flüsterte Scarlett tonlos.
Lisandra verstand noch nicht. Ein lebendiger Stoffhase. Na und? In Sumpfloch gab es viele Dinge, die sie nicht verstand. Doch da sah sie, wie Berry reagierte. Berry richtete sich auf, sah für einen kurzen Moment sehr erfreut aus, beugte sich aber dann wieder vor und streichelte Rackinés Kopf.
„ Er ist zwar kein weißes Pony“, sagte sie mitfühlend, „aber doch wenigstens ein Freund in der Not.“
Hier merkte Lisandra, dass mit Berry etwas nicht stimmte. Denn sie tat so, als hätte sie Rackiné nicht blinzeln sehen, dabei war es nicht zu übersehen gewesen. Scarlett schwieg, legte sich auf ihr Bett und behielt Berry im Auge. Es dauerte nicht lange, da verkündete Berry, sie gehe sich jetzt waschen – ein Stockwerk tiefer, weil das Wasser dort wärmer sei als unterm Dach.
„ Ich komme mit!“, rief Lisandra sofort und nickte Scarlett dabei unmerklich zu.
Kaum hatten die beiden das Zimmer verlassen, sprang Scarlett auf.
„ Meine Güte, Maria!“, rief sie. „Weißt du denn nicht, was mit dir los ist?“
Maria war ganz erstaunt. Hatte sie etwas falsch gemacht? Sie drückte Rackiné an sich, den sie immer noch im Arm hielt, und sah Scarlett verständnislos an.
„ Dein Hase ist lebendig!“, erklärte Scarlett und setzte sich neben Maria aufs Bett. „Er hat gezwinkert. Berry hat es auch gesehen und deswegen bist du in großer Gefahr, Maria! Wer Gegenständen Leben einsprechen kann, beherrscht eine sehr schwierige Zauberkunst. Nur böse Crudas haben die Macht dazu, aber du bist keine Cruda! Du bist ein normales Mädchen und hast diese außerordentliche Fähigkeit! Jemand wie du kann diese Fähigkeit nur haben, wenn er aus einer anderen Welt kommt, verstehst du?“
Maria nickte.
„ Aber ich habe Rackiné kein Leben eingesprochen“, sagte sie.
„ Wer denn
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