Die Sumpfloch-Saga Bd. 1 - Feenlicht und Krötenzauber
verschworen. Ausgerechnet heute war Vandalez verhindert!
„ Wir können nicht länger abwarten“, flüsterte sie Lisandra ins Ohr. „Gleich nach der letzten Stunde gehen wir zu dieser Spinnenfrau! Ich habe das Gefühl, wir müssen unbedingt etwas unternehmen!“
Lisandra dachte an Geicko, den sie gerne mitgenommen hatte, doch sie erwähnte ihn nicht, sondern nickte nur.
„ Was ist mit Maria? Vielleicht ist es sicherer, wenn wir sie mitnehmen?“
„ In den bösen Wald?“, fragte Scarlett. „Bist du verrückt? Wenn ihre Feinde uns dort auflauern, sind wir verloren!“
„ Scarlett!“, rief Estephaga Glazard erbost, „was soll das Getuschel? Komm an die Tafel und erkläre uns die Formel des Zwerg-Riesen-Äquinoms!“
Scarlett war zu abgelenkt, um Unwissenheit vorzutäuschen. Sie schrieb die Formel an die Tafel und erklärte sie in ein paar Sätzen, um sich schnell wieder in ihre Bank verdrücken zu können. Doch das war ein großer Fehler. Frau Glazard hob die Augenbrauen und hätte fast mit der langen, blauen Zunge geschnalzt, als sie feststellte:
„ Der Nachhilfe-Unterricht bei Herrn Vandalez zahlt sich aus, Scarlett. Ich denke, du hast diese Extrastunden nicht mehr nötig. Es wäre ungerecht deinen Mitschülern gegenüber, wenn du weitere Nachhilfestunden erhältst.“
Scarlett erschrak, doch sie riss sich schnell wieder zusammen und setzte ein Lächeln auf.
„ Na endlich! Ich kann keine Vampire mehr sehen.“
Sie schlenderte in ihre Bank zurück und versuchte zufrieden auszusehen. Doch Frau Glazards Blick, der immer wieder an Scarlett hängen blieb, war ihr alles andere als geheuer.
„ Was hat die denn?“, flüsterte Lisandra. „Sie sieht so triumphierend aus!“
„ Was weiß ich“, murmelte Scarlett. „Vielleicht kann sie Vandalez nicht leiden.“
Was es mit Estephaga Glazard auf sich hatte, erfuhren die Mädchen, als sie sich nach der Tiersprache-Stunde aus der Festung schleichen wollten. Estephaga fing die Mädchen ab und bat sie in die Krankenstation. Hier war Scarlett schon einmal gewesen, nach dem Kampf mit der Rosenblatt-Schlange. Damals war ihr Viego Vandalez sehr unheimlich vorgekommen. Jetzt vertraute sie ihm und Estephaga Glazard traute sie überhaupt nicht. Die Lehrerin für Heilmittelkunde bat die Mädchen, auf den Krankenbetten Platz zu nehmen, während sie am Fenster stehen blieb, das auf den großen Wald hinauszeigte.
„ Zuerst zu dir, Scarlett“, sagte Estephaga. „Was bringt dir Viego in der Nachhilfestunde bei? Und jetzt behaupte nicht, dass ihr die Naturkreisläufe studiert. Zweimal die Woche eine Extrastunde Naturkreisläufe bei so einer begabten Schülerin wie dir – das halte ich für stark übertrieben.“
„ Entschuldigung“, erwiderte Scarlett. „Weshalb ist Herr Vandalez denn heute verhindert?“
„ Das würde mich auch brennend interessieren“, sagte die Lehrerin. „Ich dachte, du könntest mir weiterhelfen? Gerüchten zufolge treibt er sich im Wald herum.“
Bei diesen Worten schaute Estephaga interessiert aus dem Fenster, fand jedoch nicht, wonach sie suchte, und wandte sich wieder den Mädchen zu.
„ Was denkst du, Scarlett, wo könnte er wohl stecken?“
„ Woher soll ich das wissen?“, fragte Scarlett und versuchte, nicht unruhig auf ihrer Bettkante hin und her zu rutschen. Sie warf stattdessen betont lässig den Kopf zurück. „Vielleicht ist er zu einem Jahrgangstreffen der Blutsauger-Vereinigung gegangen?“
Lisandra kicherte und hielt sich die Hand vor den Mund. Estephaga fand Scarletts Bemerkung gar nicht lustig.
„ Meine liebe Scarlett! Ich schlage vor, du verrätst mir, was du weißt, oder ich muss deinen Fall an die Direktorin weiterleiten, die womöglich eine Untersuchung der Regierung veranlasst. In dieser Schule sind seit Schuljahresbeginn seltsame Dinge geschehen. Ich erinnere nur an die Rosenblatt-Schlange …“
Estephagas Augen traten sehr weit aus ihrem ansonsten gewöhnlichen Menschengesicht hervor. Und mitten in diesen runden, hervorstehenden Augen saßen zwei schmale, spitze Pupillen, die sich manchmal wie Schlitze zusammenzogen, sodass sie kaum noch zu sehen waren. Scarlett starrte in diese merkwürdigen Augen und entschied sich zum Angriff.
„ Also … wenn Sie mich so fragen, dann kann ich Ihnen etwas verraten. Herr Vandalez sprach von einer bösen Cruda, die sich im Wald versteckt hält und manchmal in die Festung schleicht. Mehr wollte er mir nicht verraten.“
„ So!“, rief Estephaga Glazard.
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