Die Sumpfloch-Saga Bd. 1 - Feenlicht und Krötenzauber
„Und warum hat er dir überhaupt irgendwas verraten?“
„ Ich konnte mir nicht erklären, wo die Rosenblatt-Schlange so plötzlich herkam. Es entspricht keinem Naturkreislauf-Gesetz, wissen Sie?“
„ Eine Cruda soll sich also im Wald verstecken“, sagte Estephaga. „Und jetzt besucht er sie gerade oder was meinst du, Scarlett?“
„ Ich habe keine Ahnung, Frau Glazard“, sagte Scarlett und das entsprach sogar der Wahrheit.
Die Lehrerin verließ das Fenster und ging hinüber an ihren Schreibtisch, auf dem allerlei Gläser und Dosen standen.
„ Ich werde später darauf zurückkommen“, meinte sie. „Nun zu dir Lisandra. Zufälligerweise habe ich bemerkt, wie du gestern das Gelände von Sumpfloch verlassen hast. Zusammen mit diesem … Jungen.“
Scarlett sah Lisandra überrascht an. Was für ein Junge war hier gemeint? Und warum wurde Lisandra jetzt rot?
„ Ja, das stimmt, Frau Glazard“, erwiderte Lisandra. „Wir wollten uns mal den Wald ansehen.“
„ Das hat recht lange gedauert. Mehrere Stunden sogar. Ich frage dich: Wo seid ihr gewesen und wie habt ihr aus dem Wald wieder herausgefunden?“
Lisandra wurde jetzt nicht mehr rot, sondern blass, und schwieg. Sie wusste beim besten Willen nicht, was sie antworten sollte.
„ Vielleicht hat deine Erinnerung seit gestern ein bisschen Schaden genommen?“, fragte Estephaga Glazard und es klang überhaupt nicht nett. „Für diesen Fall kann ich deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen: Ihr habt im Wald das Versteck einer höchst fragwürdigen Dame besucht. Alabastra, die Spinnenfrau, wird wegen mehrerer Verbrechen von der Regierung gesucht. Sie ist eine Gesetzlose, die vor keiner Tat zurückschreckt! Nicht wahr, Lisandra, jetzt bist du erstaunt!“
Das war Lisandra tatsächlich. Mit offenem Mund saß sie da und fragte sich, wem sie eigentlich noch vertrauen konnte. Doch da legte Scarlett ihre Hand auf Lisandras und fragte so arglos wie möglich:
„ Glauben Sie, Frau Glazard, dass Herr Vandalez mit der Verbrecherin unter einer Decke steckt? Womöglich ist er gerade bei ihr?“
„ Das ist er ganz sicher nicht“, sagte Estephaga Glazard. „Denn die Spinnenfrau wurde heute Morgen verhaftet und in das Untersuchungsgefängnis von Quarzburg gebracht.“
Lisandra war noch entsetzter als zuvor. Doch sie versuchte angestrengt, ihre Erregung zu unterdrücken. Zu diesem Zweck faltete sie ihre Hände, die viel lieber Frau Glazards Kragen gepackt und sie geschüttelt hätten, und senkte die Stimme.
„ Entschuldigen Sie, Frau Glazard, aber ich wusste nicht, dass es sich bei der Spinnenfrau um eine Verbrecherin handelt. Sie rief uns zu sich und erzählte uns einige unglaubliche Geschichten. Sie behauptete, eine böse Cruda hätte Thuna entführt. Und dann war Thuna tatsächlich verschwunden. Aber das war sicher gelogen, Frau Glazard? Es gibt doch gar keine Crudas mehr, oder?“
Ebenso wie Lisandra hatte nun auch Scarlett wie auf Knopfdruck ein ängstliches und bestürztes Gesicht gemacht. Es zeigte Wirkung. Der Gesichtsausdruck der Lehrerin wurde sanfter, sie setzte sich an ihren Tisch und seufzte.
„ Ach Kinder, es ist leider nur zu wahr. Eine Schülerin – eure Freundin Thuna – wurde entführt und wir müssen annehmen, dass eine grausame Cruda hinter dem Verbrechen steckt. Natürlich hat die Regierung alles ihr Mögliche unternommen, um diese Welt von Crudas zu befreien. Aber Crudas können nun mal sehr mächtig werden, wenn man nicht einschreitet.“
Scarlett wurde innerlich eiskalt. Sie entnahm Estephagas Worten, dass man ihr Geheimnis noch nicht entdeckt hatte. Doch gleichzeitig wurde ihr klar, was passieren würde, wenn man es entdeckte: Die Regierung würde einschreiten, was auch immer das Schreckliches bedeutete!
„ Eine sehr alte Cruda konnte für lange Zeit untertauchen“, fuhr Estephaga fort. „Wir nehmen an, dass sie einige Jahrhunderte in einer anderen Welt verbracht hat. Doch jetzt ist sie zurückgekommen und sie muss Pläne verfolgen, die höchst gefährlich sind. Wir wissen nichts Genaues. Wenn wir die Spinnenfrau verhört haben, wissen wir vielleicht mehr.“
Lisandra überfiel eine große Traurigkeit, als sie hörte, was der Spinnenfrau bevorstand. Wie konnte man ein so schönes und freundliches Wesen verhören? Doch Lisandra durfte sich nichts anmerken lassen.
„ Das ist ja das Letzte!“, rief sie so empört wie möglich. „Uns hat die Spinnenfrau erzählt, dass sie gegen die Cruda kämpft. Nie hätte ich
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