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Die Sumpfloch-Saga Bd. 2 - Dunkelherzen und Sternenstaub

Die Sumpfloch-Saga Bd. 2 - Dunkelherzen und Sternenstaub

Titel: Die Sumpfloch-Saga Bd. 2 - Dunkelherzen und Sternenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halo Summer
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andererseits galt die Errichtung der Säule nun mal als Geburtsstunde der gegenwärtigen Republik. Man fürchtete die symbolische Bedeutung, die der Fall der Trümmersäule haben könnte. Außerdem fürchtete man Kreutz-Fortmanns Geist. Das war vielleicht der schwerwiegendere Grund, warum die hässliche Säule noch stand.
    An diesem späten Nachmittag war sie jedenfalls nicht ganz so hässlich wie sonst, denn sie war von Schnee bedeckt und ragte aus den Schneebergen im Hof wie ein schiefer Baum. Um den Baum herum wanderte Hanns, immer und immer wieder, wobei er die Säule interessiert betrachtete. Ab und zu blieb er stehen, verdrehte den Kopf, und ging wieder weiter. Scarlett sah sich das eine Weile an, dann stiefelte sie durch den Schnee zur Säule hinüber.
    „Hallo Hanns!“
    „Hallo“, sagte er, ohne sie anzusehen. Er blieb stehen und verdrehte wieder den Kopf, die Säule anstarrend. „Das ist unglaublich!“
    Er stotterte nicht. Er war also in seinem Element.
    „Was ist unglaublich?“
    „Na, diese Schichten von Zauberei! Es sind so viele, hundert, tausend, ich weiß nicht … Manche sind brüchig vom Alter, halb zerrissen, sind aber eine Verbindung mit neueren Zaubern eingegangen. Das sieht eigenartig aus!“
    „Du kannst die Zauber sehen ?“
    „Ja, manche Leute können das. Man muss aber den Kopf so drehen und ein bisschen zur Seite gucken und dann hinschielen. Im Dunkeln sieht man es besser als am Tag!“
    „Ach, ist das so?“
    „Ja, das ist so! Stimmt es eigentlich, dass General Kreutz-Fortmann spuken würde, wenn all diese Zauber nicht wären?“
    Scarlett starrte die Säule an. Sie kannte zwar die damit zusammenhängenden Geschichten, hatte aber nie darüber nachgedacht.
    „Keine Ahnung. Er wäre kein netter Geist, oder?“
    „Nein, aber ein spannender.“
    Hanns hörte auf, die Säule anzustarren und wandte seinen Blick Scarlett zu.
    „Sumpfloch ist ein Ort mit Geschichte“, sagte er, „das mag ich an dieser Festung.“
    Scarlett zuckte mit den Achseln.
    „Das Blöde an Orten mit so viel Geschichte ist, dass sie mit der Zeit baufällig werden“, sagte Scarlett. „Sie haben keine moderne Heizung, feuchte Mauern, verstopfte Kamine, rostige Wasserleitungen, kaputte Fenster, nasse Keller und jede Menge tote und lebendige Untermieter.“
    „Tote Untermieter, das ist das richtige Stichwort!“ Hanns holte einen Zettel aus seiner Manteltasche hervor. „Weißt du, wo der sprechende Brunnen ist?“
    „Er spricht gar nicht, er gluckert nur. Und an regnerischen Tagen stinkt er. Es heißt, da sickert was aus der undichten Jauchegrube rein.“
    „Trotzdem würde ich ihn gerne sehen! Wenn du nichts dagegen hast, Scarlett.“
    Scarlett hatte nichts dagegen. Auch wenn sie die Begeisterung von Hanns nicht teilen konnte. Früher, als Kinder, hatten sie die gleichen Dinge lustig oder interessant gefunden. Aber dieser Brunnen zum Beispiel, aus dem nur noch ein grünes Rinnsal trielte, war weder schön noch aufregend. Einfach ein Becken in der Wand mit einer Art Wasserhahn ohne Griff.
    Als Scarlett und Hanns nach einer kurzen Wanderung durch Sumpflochs Flure am Brunnen eintrafen, stank er immerhin nicht. Ab und zu gluckste es aus der Tiefe der Abwasserleitung in den Brunnen hinauf. Wenn man gutwillig war, konnte man es als männliches Rülpsen verstehen. Mehr nicht. Dass es sich hierbei um die Stimme eines in den Kerkern der Festung zu Tode gekommenen Meermannes handelte, konnte Hanns doch nicht im Ernst glauben?
    „Wenn du jeden Tag hier vorbeikommst und dir an regnerischen Tagen die Nase zuhältst, weil es so stinkt, wirst du den Brunnen nicht mehr so toll finden“, sagte sie.
    „Scarlett, du musst die Augen aufmachen!“, sagte er. „Hier gibt es mehr zu sehen, als man auf den ersten Blick meint!“
    „Was denn?“
    „Geschichte. Vergangenheit. Die Eingeweide der Zeit!“
    „Wo genau kann man das sehen?“
    „In dir drin musst du es sehen“, sagte er und schaute Scarlett aufmerksam an. „Das innere Auge sieht es!“
    „Frau Schwund wird ihre helle Freude an dir haben“, sagte sie, um ihn zu veralbern, doch gleichzeitig musste sie seinen Blick erwidern, sie konnte gar nicht anders. Das Grau seiner Augen trat auf einmal schärfer hervor und die Schwärze der Pupillen öffnete sich wie ein Tunnel. Es lag so eine intensive Kraft in diesem aufgeladenen Blick, als könne Hanns mit den Augen zaubern, wenn er wollte. Dann plötzlich war es vorbei. Scarlett konnte nicht genau sagen, was vorbei

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