Die Sumpfloch-Saga Bd. 2 - Dunkelherzen und Sternenstaub
was er sich bildlich vorstellen konnte, blieb darin hängen.
Nach der Schule erfuhr Geicko dann auch, was es mit Lisandras Armreif auf sich hatte. Dieses alte und schon etwas heruntergekommene Schmuckstück zog magikalisches Fluidum an und speicherte es. Nicht viel, es war nur eine unauffällige Dosis, aber für den Anfang genug. So hatte es Gerald ausgedrückt, von dem Lisandra das aus Metall geflochtene Armband bekommen hatte. Jetzt musste Lisandra lernen, das Fluidum zu benutzen. Sie hatte Gerald versprochen, Geicko dabei um Hilfe zu bitten. Geicko war schließlich ein normaler Schüler mit ein wenig Zaubertalent.
„Warum schenkt dir Gerald so ein Ding?“, fragte Geicko, als er mit Lisandra im Kutsch-Schuppen herumsaß (im baufälligen Turm war es gerade zu kalt) und das Armband von allen Seiten betrachtete. „Was hat er davon?“
„Er hat davon, dass ich Scarlett nicht erzähle, wer er wirklich ist.“
Geicko hob überrascht die dunklen Augenbrauen.
„Du lässt dich bestechen?“
Lisandra hob die Schultern.
„Warum nicht? Du hast doch gesagt, er gehört zu den Guten!“
„Aber wenn er es für nötig hält, dir was zu schenken, nur damit du die Klappe hältst …“
„Na ja“, sagte Lisandra zögernd, „es war eher so, dass ich ihm vorgeschlagen habe, mir so etwas hier zu besorgen.“ Sie schaute verzückt auf den Armreif, den ihr Geicko gerade zurückgegeben hatte. „Du hattest nämlich recht: Gerald ist genauso eine Niete im Zaubern wie ich, aber er hat alles Mögliche, um es auszugleichen. Nicht nur so ein schäbiges Armband. Er kann magikalisches Fluidum messen, anziehen, benutzen und speichern. Mit Uhren, Stiften, Manschettenknöpfen, Gürtelschnallen und allem möglichen anderen Kram. Im Vergleich dazu bin ich eine sehr bescheidene Betrügerin!“
„Nur, weil du es dir nicht leisten kannst“, sagte Geicko spöttisch. „Weißt du, wie deine Augen funkeln, wenn du von dem ganzen Zeug sprichst?“
„Ist ja auch ungerecht. Sein Ritter-Papa hat Geld und Einfluss, der besorgt ihm Fluidum-Spielzeug bis zum Abwinken. Und ich? Ich kann Gerald nur beiläufig darauf ansprechen, dass er meine Freundin nach Strich und Faden belügt, und ich mich frage, warum ich ihr das nicht erzählen sollte.“
Geicko schnappte nach Luft.
„Du hast ihn erpresst?“
„Nein! Ich habe ihm nur vor Augen geführt, dass ich mich wesentlich besser tarnen könnte, wenn ich so ein magikalisches Speicherding hätte. Gerald will doch, dass wir uns tarnen! Außerdem hatte ich das Gefühl, dass er meinen Wunsch lustig fand. Er war nicht sauer oder skeptisch oder so. Nur wenn es darum geht, was Scarlett wissen darf und was nicht, dann wird er nervös.“
„Und warum darf Scarlett die Wahrheit nicht wissen?“
„Weiß nicht. Er sagt, er hat seine Gründe und will es ihr bei einer passenden Gelegenheit erzählen. Demnächst.“
Geicko schwieg und dachte nach. Er war wirklich der Meinung gewesen, dass Gerald und sein Vater vertrauenswürdig waren. Aber eigentlich wusste Geicko nicht viel über die beiden. Nur dass Gerald und sein Vater aus einer anderen Welt kamen und geheime Verbindungen hatten.
„Hat er denn auch ein Talent? Eine Gabe, die sonst niemand hat? So wie Thuna, Maria und du?“
Lisandra lachte.
„Ja, das hat er wohl! Er behauptet, es wäre was ganz Blödes, das kein Mensch braucht. Er hat sich geweigert, mir zu sagen, was es ist.“
„Wenn das stimmt, gefällt es mir“, sagte Geicko. „Denn das hieße, dass selbst so einer wie Gerald mal Pech hat.“
Obwohl es wegen der Kälte verboten war, ins Freie zu gehen, schien es Hanns sehr oft zu tun. Scarlett erkannte es daran, wie dick er sich immer anzog und wie bläulich angelaufen seine Haut war, wenn er zu ihren Verabredungen kam. Einmal rieb er sich wie verrückt die Finger, in denen kaum noch Leben war, weil sie so kalt geworden waren.
„Was machst du bloß da draußen?“, fragte Scarlett.
Damit er sich aufwärmen konnte, gingen sie in die Heizräume, die im Winter als Trockenräume für gewaschene Wäsche dienten. Hier standen Dutzende von Öfen, die warme Luft ins Hauptgebäude pusteten, und an ellenlangen Wäscheleinen hingen Bettbezüge, Handtücher und lange Unterhosen in allen Größen und Farben zum Trocknen. Obwohl es hier unten bullig warm war, bibberte Hanns noch lange vor sich hin. Sie drehten Wäschekörbe um und setzten sich darauf. Dann holte Hanns Kekse aus seiner Jacke, die er von seiner Zieh-Oma geschickt bekommen
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