Die Sumpfloch-Saga Bd. 3 - Nixengold und Finsterblau
fort aus ihrer Welt und noch weiter fort von Sumpfloch. Dieser Ort war ihr unheimlich gewesen, daher hatte sie ihn sofort wieder verlassen und nie wieder aufgesucht. Doch seit ihr Gerald die Warnung von Ritter Gangwolf überbracht hatte, musste sie an das Treppehaus denken. Wenn es in Marias Welt hinter den Spiegeln verbotene Türen gab, so erreichte man sie mit Sicherheit von hier aus.
Eigentlich war Maria nicht sonderlich neugierig auf die Türen ins Unbekannte. Sie waren mit Gefahr verbunden und Gefahren schätzte die behütet aufgewachsene Maria überhaupt nicht. Andererseits spielte ihr Lieblingsbuch in einer anderen Welt, die sie zu gerne einmal gesehen hätte. Wahrscheinlich war es Marias Heimatwelt, aus der sie als kleines Kind entführt worden war. Zu gerne hätte Maria mal einen Blick auf diese Welt geworfen, nur durch eine offene Tür hindurch. Sie würde nicht in die Versuchung kommen, diese Welt zu betreten. Da war sie zuversichtlich. Sie war ja nicht lebensmüde!
Das graugrünliche Licht im Treppenhaus schüchterte Maria ein. So ein Licht dachte sie sich nicht selbst aus. Alles andere in der Welt hinter den Spiegeln mochte Marias Fantasie entsprungen sein, aber bestimmt nicht diese trostlos Farbe, die den Raum voller Treppen beherrschte. Maria schaute nach oben. Es mochte über all den Treppen in höchster Höhe ein Dach geben, aber sie konnte nichts erkennen. Was auch immer da oben war, es verlor sich im diesig vernebelten Nichts.
Maria hob die Schultern und ließ sie dann mit einem lang gezogenen Seufzer wieder fallen. Sollte sie nach den gefährlichen Türen suchen? Oder lieber zurückgehen in ihre vertrauten Zimmer? Halbherzig legte sie eine Hand auf das Treppengeländer, das ihr am nächsten war, und stieg die ersten drei Stufen empor. Ein hallendes Geräusch ließ sie herumfahren.
Klack-klack, klack-klack, es kam immer näher. Maria hielt den Atem an. Es gab andere Wesen in dieser Welt. Wesen, die zu Maria gehörten wie der uniformierte Affe, der ihr immer Bücher brachte, oder kleine Singvögel, die Brotkrümel von den Fensterbänken pickten. Doch das Klack-klack klang zu kraftvoll und entschlossen, um Marias Welt zu entstammen. Es war etwas Fremdes.
Endlich ging die Flügeltür auf, die ins Treppenhaus führte, und aus einem sonnigen Flur trat ein großer, stattlicher Mann in das triste Grau, in dem sich Maria befand.
„Hoheit!“, rief er. „Wagt Euch bitte nicht an diesen Ort, ohne meine Unterstützung in Anspruch zu nehmen!“
Maria stand auf der dritten Stufe ihrer Treppe und traute ihren Augen kaum. Dieser Mann musste der General sein. General Kreutz-Fortmann, wie er mal gewesen war, als er noch aus Fleisch und Blut bestanden und geatmet hatte. Seine Uniform war stattlich, der Säbel, der in seinem Gürtel hing, glänzte wie neu. Seine Gesichtszüge waren ernst und streng, sein Blick klar. Er hatte blaue Augen.
„General …“, murmelte Maria.
„Keine Angst“, versicherte er ihr und durchquerte den Raum in wenigen Schritten. Schon stand er unter ihr am Treppenabsatz. „Ich werde gut auf Euch aufpassen. Wollen wir?“
Sie nickte. Es fiel ihr schwer, sich von seinem Anblick loszureißen, denn er sah so echt aus! Kein bisschen gespenstisch oder tot. Aber so waren die Umstände nun mal in Marias Welt hinter den Spiegeln. Abgesehen von diesem einen traurigen Treppenhaus war alles heil und gut und schön. Sogar General Kreutz-Fortmann.
Mit seiner Unterstützung fiel es ihr gar nicht mehr schwer, die Treppen zum ersten Stock emporzusteigen und dort nach Türen zu suchen, die von einer besonderen Art waren. Sie fand drei von der ausgefallenen Sorte und öffnete sie, eine nach der anderen, um auf die anderen Seiten zu schauen. General Kreutz-Fortmann hielt sie am Arm fest, während sie es tat, als könne sie wie ein Luftballon davonfliegen, wenn er nicht gut genug auf sie aufpasste.
Die erste Tür sah feucht aus und bestand aus modrigem Holz. Das Metall der Türklinke war spröde und zerfressen. Maria öffnete sie einen Spalt breit und salzige Meeresluft wehte ihr entgegen. Als sie die Tür ein Stück weiter öffnete, erblickte sie eine nächtliche Straße. Sie war krumm und voller Schlaglöcher und Steine. In der Ferne am Rand einer Klippe sah sie ein schwarzes, windschiefes Haus mit erleuchteten Fenstern. Ein schmaler Mond stand am Himmel und sein Licht schimmerte auf der Oberfläche des Meeres, das man in der Ferne erkennen konnte, wenn man genau hinsah.
„Wo ist das
Weitere Kostenlose Bücher