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Die Supermarkt-Lüge

Die Supermarkt-Lüge

Titel: Die Supermarkt-Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Zipprick
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Für industrielle Lebensmittel kommen eigene Verfahrenstechniken zum Einsatz. Sie haben mit dem, was wir unter ­»Kochen« verstehen, zum größten Teil nur wenig zu tun.
    Benutzen Sie in der eigenen Küche vielleicht einen ­ Extruder ? Das ist ein sogenannter »Schneckenförderer« (also eine Metallröhre mit einer Schneckenwelle darin), der feste bis dickflüssige Massen unter hohem Druck und hoher Temperatur aus einer Öffnung herauspresst und ihnen damit gleichzeitig Form verleiht. Seit über 100 Jahren werden solche Geräte in der Kau­tschukproduktion genutzt, etwa für Schläuche und Fo­lien. Die Lebensmittelindustrie verwendet sie für Kau gummi oder Erdnussflips. Produkte, die in einem Extruder stark erhitzt wurden, verlieren ihren Geschmack. Sie gewinnen ihn dann oft erst durch Laboraromen oder Geschmacksverstärker wieder. Und die landen dann in unserem Magen.
    Ein anderes Beispiel: Tumbeln sie zu Hause vielleicht Fleischreste? So nennt man die erste Etappe der Formfleischherstellung. Beim Tumbeln werden die Fleischreste in einer Art großen, metallenen Waschmaschine durchgewalkt. Die Firma Schröder Maschinen nennt das »Massiertechnologie für die Steigerung der Produktivität« und ­listet die Vorteile des Verfahrens auf: intramuskuläre ­Eiweißaktivierung, deutlich gesteigerte Wasserbindung, aktives Einarbeiten der Lake bis in die kleinste Fleisch­faser, effiziente Ausnutzung der Trommelkapazität.
    Nach dem Walken wird die Masse gepresst und entweder gefroren oder erhitzt. Das ausgetretene Eiweiß ge rinnt, so dass die Fleischreste jetzt einen größeren Brocken bilden, der verarbeitet werden kann. Hersteller können den Prozess vereinfachen, indem sie den Fleischresten das Klebe-Enzym Transglutaminase zugeben. Wäre Formfleisch stets korrekt gekennzeichnet, würde wenig gegen seinen Einsatz sprechen. Doch das Formfleisch aus Fleischresten ist vielen Herstellern noch viel zu wertvoll, um es dem Verbraucher pur vorzusetzen. So kann man der Mas se aus Fleischfasern Wasser zufügen, das während des Produktionsvorgangs gebunden wird. Der Hersteller kann die Wasseraufnahme auch noch verstärken, indem er Blutplasma, Stärke oder Geliermittel wie E 400 bis E 466 hinzugibt. Abgerundet wird das Ganze mit Geschmacksverstärkern und Aromen. Dank dieser Tricks erhöht sich das Gewicht des Formfleischs schnell um bis zu 40 Prozent. Und abgerechnet wird die Ware nach Gewicht.
    Industrielle Saucen werden nicht im großen Topf reduziert. Während zur traditionellen Zubereitung von Saucen lediglich ein Fond, Crème fraîche oder Sahne und ­Gewürze oder Kräuter nötig sind, nutzt ein industrieller Hersteller Wasser, Fett, Aromen aus dem Labor, Emulgatoren und Stabilisatoren. Er imitiert also die vertraute Konsistenz einer Sauce, fügt Geschmack nach Wahl hinzu und sorgt für lange Haltbarkeit. Streng genommen handelt es sich also um eine rein optische Imitation einer ­Sauce, in der die traditionellen Inhaltsstoffe nicht enthalten sind.
    Abgesehen davon, dass solche Beigaben aus der Chemie fabrik traditionelle Herstellungsweisen vieler Produkte bis zur Unkenntlichkeit verfremden, wirft die Omnipräsenz der Zusatzstoffe eine weitere Frage auf: Wirken sich Additive auf unsere Gesundheit aus, gefährden sie sie vielleicht sogar? Die Antwort fällt von Land zu Land unterschiedlich aus.
    Eigentlich sollte ein nach dem Stand der Wissenschaft als »gefährlich« eingestufter Stoff rund um den Globus als gefährlich gelten. Bei Zusatzstoffen ist dies jedoch nicht immer der Fall, Gesetzgeber in unterschiedlichen Ländern verbieten unterschiedliche Zusatzstoffe. Zum Beispiel ist der Süßstoff E 952 (Cyclamat) in den USA wegen möglicher krebserregender Wirkung schon seit 1969 verboten, in Europa jedoch erlaubt. Umgekehrt werden in Europa, anders als in den USA, den Rindern keine Wachstumshormone verabreicht. Die Praxis der amerikanischen Geflügelbarone, ihre Hühner mit Natriumhypochlorit zu desinfizieren, führte zum Verbot ihrer Produkte in der EU und Russland. Norwegen wiederum hat den Azofarbstoff E 102 (Tartrazin) verboten.
    Auch Grenzwerte für Giftstoffe schwanken je nach Land. Im Jahr 2008 musste Nestlé seine mit Melamin belastete Milch Dairy Farm in Hongkong vom Markt nehmen. Hongkong hatte Grenzwerte für Melamin eingeführt: 1 mg pro Liter für

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