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Die Supermarkt-Lüge

Die Supermarkt-Lüge

Titel: Die Supermarkt-Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Zipprick
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Säuglingsnahrung und stillende Mütter, 2,5 mg pro Liter für alle anderen Produkte. In Europa und der Schweiz lag der Grenzwert bei 30 mg pro Kilo Lebensmittel.
    Was der jeweilige Gesetzgeber erlaubt, ist also ebenso unterschiedlich wie die Studien, auf die er sich bezieht. Wären die Auswirkungen der Verwendung von Additiven so objektiv messbar wie beispielsweise die Geschwindigkeit eines Automobils, dann gäbe es keinen Grund für ­nationale Regelungen. Doch unterschiedliche Studien führen zu unterschiedlichen Resultaten. Und, ganz wichtig, jeder Zusatzstoff wird bei Tests und Studien so behandelt, als sei er der einzige, dem unser Organismus ausgesetzt wird, was natürlich nicht der Fall ist.
    Wie kann ein Stoff in einem Land gefährlich sein und im anderen als harmlos gelten? Und woher nimmt man in Europa die Sicherheit (oder die Arroganz), die einzig wissenschaftlich korrekte Sichtweise zu vertreten?
    Wissenschaftler begründen solche Abweichungen oft damit, dass gewisse Meinungen und Studien umstritten seien. Die Mehrheit der Studien würde die »offizielle« Meinung stützen. Testergebnisse unterliegen jedoch nicht den Prinzipien einer Demokratie. In allen Wissenschaftszweigen gibt es Beispiele dafür, dass sich die schweigende Mehrheit irren kann.
    Eine gut argumentierte Minderheitsmeinung gibt es zum Beispiel zu Carrageen , E 407 , das in vielen Milchprodukten steckt. Der Zusatzstoff taucht auch unter dem ­Namen Algenextrakt auf Etiketten auf, weil er aus für den Menschen nicht verzehrbaren Algen besteht, die einem langen Säurebad unterzogen werden. Eine Vielzahl von Stu­dien bescheinigt E 407 absolute Harmlosigkeit, doch es gibt auch Kritiker, wie die amerikanische Medizinerin Dr. Joanne K. Tobacman. Nach ihren Forschungen kann E 407 allergieähnliche Symptome auslösen, Zellen des Immunsystems beeinflussen und schlimmstenfalls Darmkrebs verursachen. Tobacman gehört zu den ersten Forschern, die Langzeitstudien mit E 407 durchgeführt ­haben. Ihre Testreihen gelten in Fachkreisen als seriös und trugen dazu bei, dass der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der Europäischen Kommission (SCF) empfahl, den Gehalt degradierter (das heißt abgebauter) Carrageene in E 407 so gering wie möglich zu halten. Da wissenschaftlich nicht geklärt ist, ob Säuglinge Carrageen durch den Darm aufnehmen, empfahl das SCF außerdem, E 407 nicht für Säuglingsanfangsnahrung zuzulassen. Auch ein ADI-Wert ­( Acceptale Daily Intake , also eine Tageshöchstmenge) von 75 mg pro Kilo Körpergewicht wurde festgelegt.
    Carrageene werden seit den 1930er Jahren in industriellem Maßstab genutzt, doch laut Dr. Tobacman hat sich der menschliche Konsum dieses Additivs in den letzten 15 Jahren mehr als verdreifacht. Ist dieser hohe Konsum gefährlich? Ist das Additiv an und für sich gesundheitsschädlich?
    Man weiß es nicht, zumindest nicht genau. Unbekannt ist beispielsweise, wie Zusatzstoffe untereinander rea­gie­ren. Der Gesetzgeber tut so, als enthalte jedes Lebensmittel nur einen Zusatzstoff, die anderen existieren unberührt nebenher. Auch weiß niemand, was mit Zusatzstoffen bei Erhitzung passiert. Zudem sind Additive manchmal verunreinigt oder enthalten andere, nicht ausgewiesene Bestandteile. Azofarbstoffe und andere Zusatzstoffe können zum Beispiel Aluminium enthalten, was im Verdacht steht, ­Demenzerkrankungen zu fördern.
    Trotz aller noch anhaltenden Diskussionen – es gilt als erwiesen, dass Menschen auf Additive empfindlich reagieren können. Das stellte auch der TÜV klar, der als Technischer Überwachungsverein nicht nur Automobile testet, sondern auf Anfrage auch die Herstellungsweise von Lebensmitteln zertifiziert. In einer Veröffentlichung zum Thema Lebensmittelzusatzstoffe aus dem Jahr 2003 nennt der TÜV Süd negative gesundheitliche Folgen des Konsums von Zusatzstoffen. Einige können sogenannte Pseudo­allergien erregen, im Unterschied zur ­Allergie werden hier keine Antikörper gebildet. Solche Pseudoallergien sind nicht leicht zu diagnostizieren, denn als ­potentielle Verursacher kommen letztendlich alle Umwelteinflüsse in Frage. Von Hautschwellungen oder Asthma auf den Verzehr eines Lebensmittels und den darin enthaltenen Zusatzstoff zu schließen, dürfte viele Hausärzte überfordern. Ansonsten lösen Pseudoallergien meist dieselben Symp­tome

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