Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Supermarkt-Lüge

Die Supermarkt-Lüge

Titel: Die Supermarkt-Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Zipprick
Vom Netzwerk:
Optik des Produkts – offenbar kommt es darauf an.
    Das österreichische Unternehmen Messer vertreibt seine Gasmischungen unter Namen wie »Gourmet C« (Kohlendioxid), »Gourmet H« (Wasserstoff) oder »Gourmet N70« (70 Prozent Stickstoff, 30 Prozent Kohlendioxid) und ­präsentiert sich geradezu entwaffnend ehrlich. Verspro chen werden »längere Produkthaltbarkeit, verbesserter, optischer Frischeeindruck« und »größere Flexibilität bei Verpackung und Distribution«. Kohlendioxid »reduziert das Wachstum von Bakterien/Schimmel«. Stickstoff ist ein »inertes, reaktionshemmendes Gas«. Und Sauerstoff »verursacht die Oxidation von Fetten/Ölen. Erlaubt das Wachstum von aeroben Bakterien und Schimmel, aber erhält die rote Farbe von Fleisch und hemmt anaerobe Bakterien.« Aerobe Bakterien sind solche, die Sauerstoff zum Wachstum benötigen, etwa Streptokokken, ­Staphylokokken , Pneumokokken oder E. coli. Solche Bakterien und Schimmel wachsen laut dem Hersteller von Schutzgasen also ­weiter, während die schöne Farbe erhalten bleibt.
    Nach einer Untersuchung der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch beschäftigte sich auch das Bundes­institut für Risikobewertung im Jahr 2010 mit Fleischwaren in MAP-Verpackung und kam zu einem klaren Urteil: »Gleichzeitig sorgt der erhöhte Sauerstoffanteil aber ­offenbar dafür, dass die Fleischqualität beeinflusst wird, da es schneller reift und damit auch schneller verderben kann, weil das Fett oxidiert und damit ranzig wird. Ein ranziger Geruch und Geschmack kann also früher eintreten als bei herkömmlich gelagertem Fleisch. Der Begriff ›Unter Schutzatmosphäre verpackt‹ sagt nichts über die mikrobiologische Beschaffenheit des Fleisches aus, d. h. mit welchen Keimen es möglicherweise belastet sein kann.«
    Generell gilt für alle Fleischwaren: Stechender, säuer­licher oder ranziger Geruch ist stets ein Alarmzeichen. Auf den »Genuss« dieser Waren sollten Sie also besser verzichten.
    Die Fleischmisere liegt auch daran, dass Fleisch heutzu­tage gewissermaßen »unser täglich Brot« ersetzt. Fleisch muss billig und permanent verfügbar sein; in vielen ­Supermärkten ist ein Kilo Schweinefleisch weit günstiger als ein Kilo Kirschen in der Saison.
    Wer große Mengen Fleisch verkauft, der verdient daran auch großartig. So kam es besonders zwischen 2003 und 2008 immer wieder zu »Gammelfleisch«-Skandalen: ­Dabei wurden Haltbarkeitsdaten verlängert, Schlacht­abfälle als Fleisch verkauft, verdorbenes Fleisch neu verpackt und etikettiert. Grün oder schwarz angelaufene Stücke schnitten die Mitarbeiter der Großfleischereien einfach heraus.
    Am 1. Juli 2008 traten europaweit neue Bestimmungen in Kraft, die eine bessere Rückverfolgung von Fleisch gewährleisten sollen. Sogenanntes Risikofleisch wird jetzt vom Hersteller mit Glycerintriheptanoat markiert. Der Stoff ist ungiftig und nicht abwaschbar.
    Seitdem ist es um das Gammelfleisch stiller geworden – was nicht heißt, dass niemand mehr mit dem Haltbarkeitsdatum tricksen würde. 2003 und 2005 wurden Fälle bekannt, in denen Mitarbeiter von Real-Märkten Hackfleisch einfach umetikettiert oder neu verpackt und zurück ins Kühlregal gelegt hatten.
    Die Käsetheke
    Kennen Sie den Unterschied zwischen einem » Camembert «, einem »Camembert de Normandie« und einem »Camembert fabriqué en Normandie«? Nein? So viel Französisch (und Lebensmittelrecht) müssen Sie beherrschen, um in einem besseren Supermarkt einen handwerklich erzeugten Käse von einem Industrieprodukt ­unterscheiden zu können.
    Der Camembert ohne Namenszusatz kann aus der ganzen Welt stammen, dieser Käsename ist nicht geschützt. Der »Camembert fabriqué en Normandie« (produziert in der Normandie) ist ein Industrieerzeugnis von Großbetrieben wie Lactalis auf Basis von pasteurisierter Milch. Aber nur beim »Camembert de Normandie AOC« kommt der typische Käsegeschmack auf, denn er entsteht aus Roh­milch.
    Der Legende nach wurde der Camembert von einer ­Bäuerin namens Marie Harel erfunden. Als die franzö­sischen Käsereien schließlich die Namensrechte am ­Camembert schützen lassen wollten, war es zu spät. Ha rels delikate Erfindung wurde inzwischen in der halben Welt hergestellt. Selbst auf ihrem

Weitere Kostenlose Bücher