Die tägliche Dosis Gift - Warum fast alles, was wir berühren, essen oder einatmen, chemisch belastet ist. Und wie wir uns davor schützen können
koordiniertes Überwachungsprogramm etabliert für das sogenannte Monitoring von Rückständen in unserem Gemüse und Obst, dem Fleisch oder dem Getreide. Dabei kommt es zwangsläufig zu einer zunehmenden Registrierung von Mehrfachrückständen von Pflanzenschutzmitteln, die sich seit den vergangenen zehn Jahren etwa verdoppelt haben.
Die Europäische Pflanzenschutzrichtlinie wurde im Jahr 1993 eingeführt, seinerzeit waren rund 920 Einzelwirkstoffe auf dem Markt. Inzwischen ist knapp die Hälfte davon nicht weiter erhältlich oder verfügbar, mehr als 130 sind jedoch neu hinzugekommen. Es bedarf keines Rätselratens, um zu ermessen, dass diese neuen Umwelttoxine meist ein höheres Vergiftungspotenzial aufweisen als ihre oft noch relativ harmlosen Vorgänger. Besonders häufig mit Mehrfachrückständen belastet sind Obst und Gemüse, aufgeführt in folgender Hitliste:
Mandarinen
Weintrauben
Erdbeeren
Orangen
Johannisbeeren
Zitronen
Paprika
Salat
Äpfel
Birnen
Das Prinzip Genmutation
Die paradiesische Vielfalt von Tieren und Pflanzen auf der Erde konnte sich nur deshalb so üppig entfalten, weil sich Gattungen jeweils den Lebens- und Klimabedingungen anpassten. Ein Beispiel: Wenn Rudel von Wüsten-Kojoten aus dem heißen Arizona in die sibirische Tundra versetzt werden, werden viele dieser Tiere in der ungewohnt frostig-eisigen Umwelt nicht lebensfähig sein. Andere hingegen passen sich an. Sie entwickeln über Generationen hinweg ein dickeres Fell zum Schutz gegen Kälte, akklimatisieren sich an das veränderte Nahrungsangebot.
Ähnlich verhält es sich bei uns Menschen. Wenn wir uns über viele Jahre hinweg mit zu fetten und süßen Lebensmitteln ernähren, uns also dauerhaft zu viele Kalorien zuführen, glaubt unser Organismus irrtümlich, dass wir in einer Region leben, in der das Speichern von Körperfett lebensnotwendig ist, nicht anders wie bei Grizzlybären oder Murmeltieren vor deren Winterschlaf. Dafür sorgen sogenannte Obesity-Gene (von englisch Obesity = Fettleibigkeit).
Bakterien, aber auch Insekten oder viele Pflanzen verfügen über weniger Gene als wir Menschen, können sich deshalb in sogenannten Punktmutationen rascher auf veränderte Umweltbedingungen einstellen. Auf das Einwirken von Herbiziden oder anderen Schädlingssprühmitteln entwickeln sie oft innerhalb Wochen, Tagen oder Stunden veränderte Gensequenzen, die sie immun machen.
Biophysiologen erklären deshalb: » Über längere Zeiträume von Jahrzehnten oder vielleicht Jahrhunderten werden Umweltgifte unser Leben auf der Erde vernichten. Danach aber– wenn wir Menschen uns selbst mit unseren eigenen Chemietoxinen ausgerottet haben– wird neues, wuchernd-üppiges Leben auf der Erde entstehen. Dann erobert sich die Natur den Planeten zurück.«
Mehrfachrückstände bilden sich, wenn Kulturpflanzen vor schädigenden Einflüssen verschiedener Erreger oder Organismen geschützt werden sollen. Mitunter sind mehrere Toxineinsätze während einer Vegetationsperiode nötig. Wenn stets der gleiche Wirkstoff eingesetzt wird, bilden sich Resistenzen, die Wirkung der eingesetzten Substanz lässt nach. Deshalb werden häufig unterschiedliche Wirkstoffe versprüht oder anderweitig eingesetzt, die Schädlinge an jeweils unterschiedlichen Punkten angreifen. Nicht selten weisen Erntefrüchte einer einzigen Lieferung, wie zum Beispiel Äpfel, ein unterschiedliches Schadstoffmuster auf, wenn sie etwa aus einer Genossenschaft stammen, an die mehrere Erzeuger liefern.
Für Behörden und Toxikologen ist es nicht immer leicht, gesundheitliche Risiken durch Pflanzenschutzmittel über Proben rechtzeitig zu entdecken. Immerhin gibt es weltweit mehr als 1000 chemische Verbindungen, die in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden. Viele dieser Mittel enthalten mehr als nur einen Wirkstoff. Rückstände mehrerer Wirkstoffe in pflanzlichen Lebensmitteln lassen sich nach Ermessen der Überwachungsgremien kaum oder gar nicht mehr vermeiden. Dafür sorgt schon die zunehmende Anzahl neu entwickelter Pflanzenschutzmittel bzw. neuer Kombinationsstrategien bei deren Einsatz.
Schadstoffe im Tierfutter
Es gab einmal eine Zeit – und die liegt noch gar nicht so lange zurück –, da bekamen die Schweine im Stall die Futterreste aus der Küche in ihren Trog, die Hühner durften frei im Garten herumlaufen und sich ihr Futter picken. Alles war noch reine Natur, Begriffe wie Pflanzenschutzmittel oder Futtermittelzusatz waren unbekannt. Heute sind Vegetarier (die möglichst
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