Die tägliche Dosis Gift - Warum fast alles, was wir berühren, essen oder einatmen, chemisch belastet ist. Und wie wir uns davor schützen können
Konzentrationen von Krankheitserregern wie Salmonellen oder Shigellen haben sich in vielen Regionen erhöht.
Neue, bislang kaum registrierte pathogene Bakterien, Mikroben oder Parasiten haben sich in oft beträchtlichen Quantitäten hinzugesellt, wie Campylobacter, von denen einige Arten gesundheitsschädlich sind, außerdem Escherichia coli-Bakterien oder Noroviren.
Die bedrohlichste Verunreinigung stammt allerdings von chemischen Umweltgiften aus Wasch- und Reinigungsmitteln, Lösungsmitteln, Kosmetika- und Farbrückständen etc. Dies ist nicht weiter verwunderlich, wenn man berücksichtigt, dass jährlich Millionen Tonnen solcher Toxine in unser Grundwasser gespült werden.
Der selbst gestellte Auftrag der Gewässerschutzbehörden, dass Trinkwasser keine Krankheitserreger in gesundheitsgefährdenden Konzentrationen enthalten darf, lässt sich kaum oder gar nicht erfüllen. Das Umweltbundesamt entwickelt ständig neue Konzepte zur Verbesserung der Trinkwasserqualität. Doch es hat einen bedeutenden Widersacher: die Union aus Produzenten und Handel, deren Erträge von dem Einsatz von Gift- und Schadstoffen abhängen. Auch hier lautet deren Prämisse: entweder Gesundheit– oder aber Profit plus Arbeitsplätze.
Paradies für Schadstoffe
» Trinkwasser soll genusstauglich und rein sein«– so steht es in der Trinkwasserverordnung. » Und es soll appetitlich sein und zum Genuss anregen, außerdem muss es arm an Keimen sein.« Was aus unseren Wasserhähnen sprudelt, regt freilich nur bedingt zum Genuss an. Dies gilt insbesondere in Ballungsräumen und Großstädten. Das Hauptproblem: Mikroorganismen und Kleintiere werden in ohnehin belasteten Gewässern besonders gerne von Bakterien besiedelt, die die Keimkonzentrationen des Trinkwassers zwangsläufig erhöhen. Die Beimengung von Chlor kann das Wachstum von Mikroorganismen hemmen, trägt aber selbst wiederum zur Beeinträchtigung einer natürlichen Wasserqualität bei.«
Trotz strengster Kontrollen und Strafmaßnahmen werden immer wieder giftige Chemikalien in Gewässer entsorgt, so zum Beispiel aus Klärschlamm oder Düngemitteln. Im Jahr 2006 wurden Behörden in Nordrhein-Westfalen durch die Alarmwarnung aufgeschreckt, dass krebserregende Perfluortenside (PFT), eine extrem toxische, nicht abbaubare Substanz, in das Trinkwasser von Haushalten gelangte. Das Chemiegift befand sich hochkonzentriert in illegal verklapptem Dünger, erreichte über den Fluss Möhne schließlich die Ruhr. » In solchen Fällen zeigt sich nur die Spitze des Eisbergs«, erklären Umweltexperten. » Die Dunkelziffer krimineller Entsorgung ist hoch. Sie reicht von abgelassenen Autoölen bis hin zu Farblösern, sorglos weg gekippten Nagellackentfernern oder hochgradig verseuchtem Klärschlamm.«
Wasser: Biotope für Krankheitserreger
Zahlreiche sogenannte aquatische Mikroorganismen, die im Trinkwasser leben, ernähren sich von Umweltgiften, viele von ihnen synthetisieren und scheiden aber auch Toxine aus. Dazu zählen:
Planktische Algen bzw. Phytoplankton, die Filtersysteme der Trinkwasseraufbereitung verstopfen können. Sie tragen dazu bei, dass Wasser übel riechen und schmecken kann.
Cyanobakterien produzieren Gifte und lästige Geruchs- bzw. Geschmacksstoffe.
Klein- und Kleinsttiere leben am liebsten in verseuchtem Grundwasser: Wasserasseln oder Borstenwürmer, Flohkrebse oder Brunndrahtwürmer freuen sich über den tonnenfachen Schadstoffsegen, der Tag für Tag aus Spülbecken, Toiletten, industrieller Wasserentsorgung oder Waschmaschinen ins Grundwasser gelangt und dessen mikrobielle Struktur zu ihren Gunsten verändert.
Die oft nur millimetergroßen Mini-Krebse sind genetisch mit Shrimps oder Garnelen verwandt, dringen über Rohrleitungen mitunter wenig appetitlich bis in Wassergläser oder Badewannen vor. Unsere Wasserkontrolleure bemühen sich deshalb vorrangig, Lebensbedingungen für solche Kleinlebewesen oder auch Algen bzw. Bakterien zu beschneiden.
Autoschrott im Grundwasser
Was von unserer Gesellschaft nicht mehr gebraucht wird, wird recycelt oder entsorgt, verschwindet aber niemals ganz. Dies gilt auch für wesentliche Teile der Autoverwertung. Während manche Metalle willkommenes Einschmelzgut darstellen, können andere Komponenten nicht verwendet werden. Kunststoffe, Gummi, Textilien und Lack sind Schreddermüll, der deponiert wird, dessen Abbauprodukte aber auch ins Grundwasser gelangen, nicht selten zusammen mit Resten von Bremsflüssigkeit, Altöl, Altbenzin oder
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