Die Tänzer von Arun
scharf. An seinem Hals sah man den Puls schlagen. »Du darfst dir nicht die Schuld geben. Nicht du hast ihn getötet!«
»Wem sonst soll ich die Schuld geben?« fragte Riniard.
»Es war nicht irgend jemand im besonderen.« Arillards Stimme wurde rauh und hart. »Es war nicht einmal dieser arme, verdammte Scheißkerl Barat!«
Der Name hing lastend in der Luft. Elli sagte: »Weißt du was, mein Alter, das ist das freundlichste Wort, das ich je von dir über die Asech gehört habe.«
»Daß Barat ein armer, verdammter Scheißkerl war?«
»Nein. Daß nicht einer von ihnen für einen Tod verantwortlich ist.«
Arillard rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Das Mädchen ist ja auch gestorben«, sagte er. »Viel zu viele Menschen sind gestorben. Der Mensch kann auch zu lange über den Tod nachdenken.« Er starrte auf die dunkelschimmernde Scheibe des Teiches.
Der Wind fuhr rauh durch die Zweige der Bäume. Kerris fühlte ein Frösteln auf der Haut bei diesem unheimlichen Geräusch. Elli zog die Knie an die Brust. »Es wird kalt.« Sie grinste zu Kerris herauf. »Ist dir mein Kopf zu schwer?«
»Nein.«
Der Mond schob seinen weißen Bug durch das Geäst.
Jensie sagte: »Wir könnten Zweige sammeln und ein Feuer bauen.«
»Nein!« sagten Elli und Riniard einstimmig. Wieder überlief Kerris ein Frösteln. In all ihren Seelen spürte er das gleiche Bild.
Es wurde immer kälter. »Arillard!« Es war Kels Stimme. Er saß aufrecht da. Seine Stimme schwankte. »Hast du Zunder und Feuerstein mit?«
»Wo sonst sollte ich sie haben?«
»Mach uns ein Feuer!«
Riniard und Jensie gingen Zweige und trockenes Laub sammeln. Cal machte eine Stelle am Teich frei und setzte einen Kreis nasser Steine darum. Arillard entzündete auf der Feuerstelle ein Feuer. Die Piniennadeln knackten und zischten unter den kleinen Flammen. In dem schwarzen Spiegel des Teiches brannte ein zweites Feuer. Der Geruch des brennenden Holzes war angenehm und sauber. Kerris blickte zu Kel hinüber. Er lag auf dem Rücken, und Ilene sprach auf ihn ein. Einen Arm hatte er über die Augen gelegt.
Wieder kreiste der Weinschlauch. Cal hob ihn hoch. »Er ist fast leer«, sagte er trübsinnig. »Wir könnten noch einen holen gehn.«
»Du hast genug getrunken«, sagte Arillard.
»Ich bin nicht die Spur betrunken!«
Kel und Ilene kamen aus der Dunkelheit näher an den Feuerkreis. »Wir werden uns nicht besaufen!« sagte Kel. Er ließ sich schwer ins Gras fallen. Kerris vermochte nicht zu entscheiden, ob der Glanz in seinen Augen von Tränen herrührte oder vom Wein. »Wir ziehen morgen weiter!«
»Wirklich?« fragte Elli und setzte sich auf. »Wohin gehen wir?«
»Wohin auch immer«, sagte Ilene. »Weit kann es nicht sein.«
»Warum nicht?«
»Weil wir eine Verpflichtung in einem Dorf im Galbareth haben und rechtzeitig zur Herbsternte dort sein müssen.« Der Wind trieb Funken aus dem Feuer. Im Gehölz schrie eine Eule.
Elli sagte mit träumerischer Stimme: »Wir könnten nach Mahita ziehen.« Das Feuer zeichnete kupferne Bänder auf ihr Haar. Sie schlug Kerris aufs Knie. »Mahita würde dir gefallen, Kerris!«
»Wir könnten nach Kendra-im-Delta gehen«, sagte Ilene. »Wir könnten in Mahita haltmachen und dann die Große Straße am Fluß entlang hinunterreiten.«
Kel sagte: »Das werden wir. Ich muß dorthin.«
Arillard fragte: »Warum ›muß‹, Kel?«
»Keren lebt dort. Sefers Schwester.« Es war das erstemal seit dem Tag zuvor, daß Kerris ihn den Namen seines toten Geliebten aussprechen hörte.
Es herrschte Schweigen. Kerris durchbrach es und sagte: »Ich komme nicht mit euch nach Mahita.«
Elli drehte sich um und starrte ihn an. Das Feuer spielte auf ihrem Gesicht. »Ich hab' gedacht ...«
Er unterbrach sie – er mußte es tun. »Ich weiß, daß du das gedacht hast.« Sie hörten ihm jetzt alle zu. »Ich bin kein cheari. Ich bin keiner von euch. Ich kann nicht mitkommen. Elath ist ...« – er atmete tief – »Elath ist meine Heimat. Ich bin hier geboren, und ich hab' Verwandte hier.« Er stierte in das Gezüngel der Flammen, um nicht Kels Augen sehen zu müssen.
Das Feuer färbte die Stämme der Bäume orange. Kel sagte leise: »Du mußt tun, was du willst, chelito.« Das zärtliche Kosewort drang wie eine Kralle in Kerris' Herz ein.
Ein Zweig zerbrach in Ellis Hand. Jensie wies hinauf zu dem leuchtenden Sternengürtel. »Schaut! Ein fallender Stern!«
»Ich hab' ihn verpaßt«, sagte Riniard.
»Ich hab's gesehen«, rief
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