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Die Tänzer von Arun

Titel: Die Tänzer von Arun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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einem so unglaublich vor.«
    »Ich weiß«, sagte die alte Frau. »Man findet keine Entschuldigung, wenn Junge sterben. Aber auch sein Tod ist ein Teil der Harmonie. Ich muß dies einfach glauben. Er würde es tun.«
    Der kleine Junge mit dem nackten Po tauchte in der Gartentür auf. »Waa?« fragte er.
    »Deine Mutter ist in der Küche, chelito«, sagte Lara. Er wackelte durch das Zimmer auf den Wandschirm zu und widmete dabei seine ganze Aufmerksamkeit den braunen Fußbodenbrettern. Kerris vermutete, daß er sie noch nie zuvor gesehen hatte. »Kerris, dein Pack ist hier.«
    »Danke.« Er runzelte die Stirn, da ihm einfiel, daß er die Decken oben beim Teich hatte liegen lassen.
    Plötzlich und überraschend füllte sich sein Kopf mit Bildern von Kel, Erinnerungen an Kel: Kel, wie er ihn liebte, Kel lachend, Kel mit Tränen im Gesicht ... Er verschloß sein Denken gegen diese sträflichen Bilder und wartete gleichmütig, daß sie verschwinden würden.
    »Das Papier, das Merith dir gegeben hat, ist auch dabei.«
    »Ich danke dir«, sagte er nochmals. Dann dachte er daran zu fragen: »Wie geht es ihr, lehi?«
    Aus der Küche kam ein Wehgeschrei, dann Soriths leise Stimme. »Es geht ihr nicht besser«, sagte Lara. »Sie ist schon seit Monaten unverändert so. Ich glaube nicht, daß es viel besser oder viel schlimmer mit ihr werden wird.«
    Eine Fliege summte durch den langen Raum. Kerris hob die Hand, um sie zu fangen, aber sie zog eine Schleife und verschwand in Richtung auf die Küche. »Lehi ...« Das entzückende Krähen des kleinen Jungen unterbrach ihn.
    »Ja?« fragte die Frau.
    »Warum kannst du sie nicht heilen?«
    Sie war über die Frage nicht beleidigt, wie er befürchtet hatte. Sie schloß die Augen und öffnete sie wieder. »Es sind die Menschen, die wir am tiefsten lieben, die wir nicht retten können«, sagte sie.
    Sorith kam um den Wandschirm herum, ihren Sohn auf der Hüfte tragend. Scheu blickte sie von Kerris zu Lara. Dieses vorsichtige Spähen ließ sie als fast so kindlich erscheinen wie ihren Sohn. Der Kleine glitt an ihrem Rock zu Boden und wackelte, den Daumen ernst im Mund, hinaus in den Garten. Eine Glocke ertönte.
    »Ich g-g-geh schon«, sagte Sorith.
    Lara sagte: »Nein! Sie will mich sehen. Es ist immer so.« Und mit dem Ausdruck eines Soldaten, der in den Krieg zieht, reichte sie ihrer Tochter den Besen.
    Kerris ging wieder auf die Straße zurück.
    Er war auf der Jagd nach etwas. Aber er wußte nicht, wonach er suchte. Er ertappte sich dabei, daß er einen ihm vertrauten Pfad beschritt. Die Brise strich durch die Zypressen. Der dunkle Stieg, der zum Tanjo führte, wirkte wie ein Tunnel. Er trat aus ihm hervor in den hellen dufterfüllten Garten. Die Sonne blitzte reflektierend auf dem Standbild des Wächters.
    Er erlaubte sich längere Blicke auf die Statue, sah jedoch dazwischen immer wieder von ihr fort. Das Bildnis sah nicht aus, als wäre es von Menschenhand geformt. Es wirkte naturhaft, ein Ding aus Wind, Wasser, Erde oder Feuer. Elementar. Es war nicht unangenehm, es anzusehen. Es wurde ihm nicht schwindlig dabei. Er schaute das Bild lange Zeit ruhig an und versuchte sich zu erinnern, warum er früher vor ihm Furcht gehabt hatte.
    Das Sonnenlicht rann die Kanten des Tanjos herab. Er hörte Sefer sagen: Ich hätte gern, daß du in Elath bleibst und an der Schule unterrichtest. Wenn er hierblieb, konnte er bei Lea und Ardith wohnen. Du hast einen Platz hier, sagte er zu sich selber.
    Im Gras, nahe bei seinem Fuß, blitzte etwas. Er hob es auf. Es war eine rote Perle. Er rollte sie zwischen den Fingern. In den Zypressen sang ein Vogel. Es war ein silbriger Laut.
    Er hatte zu Elli gesagt – und er hatte gewünscht, es möge die Wahrheit sein: Elath ist meine Heimat.
    Elath bot ihm einen Platz, an dem er nützlich sein konnte, eine Aufgabe, Gefährten. Aber das war auch auf Tornor der Fall gewesen. Und er begriff, warum die heiligende Gegenwart sich aus dem Garten zurückgezogen hatte. Er war nicht Sefer. Er konnte hier nicht bleiben. Er ließ die rote Perle ins Gras fallen. Für ihn war hier aus allem die Seele, das Herz verschwunden.
     

15. Kapitel
     
    Er kehrte zu Laras Haus zurück. Als er durch die Tür trat, verschwand Sorith hinter dem Wandschirm vor der Küche.
    »Ich komme meinen Pack holen«, sagte er.
    Lara suchte zwischen den zusammengelegten Wandbehängen, fand seine Sachen und brachte sie ihm. Er schnürte die Rolle auf. Das Papier lag mit dabei. Auch sein Wollhemd,

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