Die Tänzer von Arun
...« – Moro schüttelte den Arm des Jungen – »hat euch etwas zu berichten.« Unter der Bräune war Perin blaß. Seine Augen zuckten unruhig hin und her, er ließ den Blick nicht von den Chearis. »Also, du gewaltiger Spurenleser, rede!«
Perin starrte auf die Bodenmatten.
Moro gab seinen Arm frei. Auf der bloßen Haut hatten die Finger rote Druckstellen hinterlassen. Perin schwieg. Moro stemmte die Fäuste in die breiten gurtumschlungenen Hüften. »Darum muß ich eure Ruhe stören«, sagte er. »Gut, also dann rede ich jetzt.«
Und er begann: »Vor zwei Nächten hat dieser mein Sohn bei den Stallungen Himmelkraut geraucht, und dieser rothaarige cheari ist vorbeigekommen.« Jensies Kopf zuckte in die Höhe. »Sie haben sich die Pfeife geteilt. Und das Ergebnis war, daß sie beschlossen haben, sich an Cleos Posten vorbeizuschleichen und so nahe wie möglich an das Lager der Asech heranzukriechen.« Moros Stimme verlor den Ton mahnender Verärgerung. Sie klang nun nur noch irgendwie beunruhigt. Er befeuchtete sich mit der Zunge die Lippen.
»Und das haben sie getan. Perin hat die Nerven verloren und ist zurückgelaufen. Aber euer Freund schlich weiter.« Der Seiler trat einen Schritt auf seinen zitternden Sohn zu. »Ich hab' mir gedacht, daß du das wissen solltest, Kel. Es ... es tut mir leid. Ich weiß nicht, wer da wen angestachelt hat.«
Jensie atmete zischelnd ein. Ilene packte sie bei den Schultern, ehe sie eine Bewegung machen konnte, und zog sie zurück. Keiner sonst sagte ein Wort. Arillard hustete. Kel schaute den Jungen an. »Wie alt bist du?« fragte er.
»S-s-sechzehn, skayin«, brachte Perin hervor.
»Alt genug, um dich an den Überfall vor zehn Jahren zu erinnern«, sagte Kel.
Ilene sagte: »Aber nicht alt genug, um Furcht vor ihnen zu haben.«
»Du hast keinen aus deiner Familie bei diesen Überfällen damals verloren«, sagte Kel fragend zu Moro.
»Dem chea sei Dank, nein«, antwortete der wuchtige Kerl.
Kel seufzte. Er streckte die Hände einen Augenblick lang in die Luft und ließ sie dann sinken. »Was soll ich dazu sagen, Moro? Nimm ihn mit nach Hause und verabreiche ihm eine Tracht Prügel, genau wie ich es bestimmt mit unserm Rotkopf tun werde, sobald er wieder bei uns ist.«
»Nur wenn ich ihn nicht zuerst erwische«, sagte Ilene, die neben der sitzenden Jensie kniete. Erleichterung flog über Moros Züge. Und er zögerte nicht lange und zerrte seinen Sprößling aus dem Haus. Die Tür war noch nicht ganz zugefallen, da konnten sie bereits seine lauter werdende Stimme und das Klatschen von Ohrfeigen hören.
Sefer sagte ruhig: »Das hast du gut gesagt, nika!«
Kel antwortete: »Sollte ich etwa dem Jungen die Schuld an Riniards Dummheit geben?« Er ging zu Jensie hinüber und kniete bei ihr nieder. Sie starrte auf ihre Hände, als wären dort Worte eingegraben. »Wir kriegen ihn zurück, Jen!« Sie nickte ihren Fingern zu.
Kerris beugte sich vor und nahm einen Streifen Räucherfisch. Als er sich wieder aufrichtete, ertönte in seinem Kopf eine Stimme: Habt acht! Habt acht! Der Fisch fiel ihm aus der Hand, doch Elli erwischte ihn, ehe er den Boden berührte.
»Was ist los?« fragte Ilene.
»Die Asech sind los«, sagte Sefer.
Sie begaben sich auf den Dorfplatz.
Dort hatte sich bereits eine Menschenmenge versammelt: vielleicht alles in allem zweihundert Menschen. Lara stand in ihrem goldenen Kleid da, und Tamaris und Dorin. Die Menge machte eine Gasse frei für Kel und Sefer. Der chearas, und Kerris mitten in ihm, folgte ihnen nach.
Die Leute von Elath schauten zu, wie der kleine Trupp der Asech vorsichtig den Südhang herabgeritten kam. Ab und zu war ein Murmeln, war ein Fluch zu hören. Die Dorfbewohner waren waffenlos – jedenfalls jene, die Kerris sehen konnte –, aber die Türen der Häuser und der Werkstätten standen weit offen, und aus dem Dunkel der Räume längs der Hauptstraße schauten Gesichter mit finsteren, wachsamen Augen. Die Sonne blitzte auf dem Heft eines Messers. Hinter einem Baumstamm stand ein Schatten, der einen ungespannten Bogen hielt.
Kerris empfand einen Augenblick lang Mitleid mit den Asech. Es waren nicht sehr viele, die da herankamen. Er sah Thera an der Spitze reiten, und einen Mann, dessen Gesicht ihm undeutlich bekannt erschien. In seinen Ohren blitzten blaue Steine. Kerris überlegte sich, wie die Asech sich fühlen mochten, während sie da so in einen Ort hineinritten, in dem jede Hand danach verlangte, sie zu vernichten.
Sie
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