Die Tänzerin auf den Straßen
steckt die Wahrheit,
tief in der Wahrheit steckt die Seele, die Seele hinter den Dingen.
Als ich geboren wurde, brach mein Herz.
Aus meinem gebrochenen Herzen habe ich dich geboren.
Geh jetzt, du bist frei!
Die Liebe ist ein freier Vogel.
Erinnere dich eines Tages,
irgendwo auf der Welt, irgendwann in der Welt.
Erinnere dich an einen, der dich liebte.
Und eines Tages öffnete ich die Tür
und ging
und kehrte nicht zurück.
Und ich singe am Morgen
und ich singe in der Nacht,
wie eine, die Liebe hat.
Heute habe ich mich erinnert.
Lieber Leon, ich gehe diesen Weg, und er führt nur zu mir, tiefer und tiefer in mich hinein. Du öffnetest eine Tür in meiner Seele, und ich schreite hindurch, hier auf dem Jakobsweg schreite ich hindurch. Weil du Liebe für mich hattest, konnte ich die Tür sehen und die Räume dahinter. Danke, alter Mann. Ich sitze heute Nacht an deinem Bett und behüte deine Träume...
Am nächsten Tag schrieb ich Johannes einen Brief. Ich hatte das Gefühl, durchzusehen, was in unserer Liebe geklärt werden musste. Es geht um mehr Wahrheit, Echtheit, Gefühlstiefe und Berührbarkeit. Wir müssen uns neu zeigen, uns ausliefern, so wie wir sind, müssen die Dimensionen öffnen hinter unseren zugehaltenen Türen. Zeige mir deine Wunden und Wahrheiten, du bist mein Lebenskamerad. Ich will dir die meinen zeigen. Gib mir deine Liebe, ich will dir die meine geben.
Wir wanderten und gingen manchen Weg. Was ist jetzt mit uns? Noch während ich schrieb, hatte ich das Gefühl, ihn nicht zu erreichen.
I ch falle in den Garten deiner Seele,
taumelnd wie ein Blatt im Wind,
abgerissen von meinem sicheren Halt,
einen Frühling, einen Sommer lang...
Oh, könnte ich in dein Herz eintauchen
wie die Sonne in den tiefsten See,
im Rauschen deines Blutes wissen.
Ach, grauer Vogel der Unentschlossenheit,
verbrenne die Angst unter deinem Gefieder!
Die Lust ist der Schauder
der heißen Quelle,
nach oben drängend, satt
und voller Gier, sich auszugießen...
Und nichts, Geliebter,
soll das Licht unserer Tränen trösten.
Am selben Tag bekam ich von meiner Freundin die Nachricht, dass sie sich erneut einer Operation unterziehen muss, da am von der Krebsoperation zurückgebliebenen Stumpf eine Wucherung gefunden wurde. Ist das ihr Jakobsweg, immer wieder ins Krankenhaus zu gehen, weil sie anders nicht aus der Arbeitsmaschinerie einer Hausärztin aussteigen kann? Weitergehen oder zu ihr fahren? Ich telefonierte lange mit ihr aus einer Telefonzelle, dann wusste ich, ich laufe weiter.
Ich schrieb in einem Brief an sie über die Liebe, die mich erfasst hatte, und über uns arme Menschen, die wir uns das Leben mit Leistung, Aufopferung, übergroßer Verantwortlichkeit und vielem mehr verdienen mussten. Sie opferte ihre Gesundheit und ihr Leben den Kranken und einem noch kränkeren System der Gesundheitsbetreuung. Doch ich schrieb ihr auch, dass ich ihre Entscheidungen akzeptiere, wie auch immer sie aussehen mögen. Kannte ich doch selber meine Sucht, mich für andere Menschen zu opfern und bis zum Umfallen zu arbeiten. Und ich kannte das Gefühl, damit niemals aufhören zu können, da ich sonst kein Lebensrecht zu haben glaubte.
Heute ist mein neunzehnter Tag des Gehens. Ich hatte einen Traum. Die Jakobsmuschel war mir direkt ins Herz eingebrannt wie ein Mandala. Ich bekam richtige Worte gesagt: dass ich Johannes verlassen soll, da unsere Zeit vorbei ist. Er und ich müssen andere Wege gehen, jeder hat seinen eigenen Weg und eine andere Bestimmung.
Leon, ich bin mit Angst erwacht. Ich will die Wahrheit meines Traums nicht sehen, ich will nicht. Ich bin in Reliegos, mitten in der Tierra de Campos. Einöde. Hitze. Alle Häuser sind aus Lehmziegeln gebaut, die nicht gebrannt sind. Sie fallen schnell wieder ein, wenn die Leute ausziehen. Die Landschaft ist wie ich nach dem Traum heute Nacht: zerrüttet.
Doch ich begegne einer Gemüsefrau, der ich zwei Apfel und Möhren abkaufe. Sie schenkt mir beides und sagt, ich solle in Santiago für sie beten. Ihr Gesicht hat weiche Züge. Ihre Augen blitzen lustig unter dem bis in die Stirn gezogenen Kopftuch. Sie hat was Schelmisches, das mich froh macht. Ihr Haus ist alt wie sie, die verbrauchte Fassade einladend und warmherzig. Die Steine reden von Jahren und Leben. Mir ist nach Sitzenbleiben und Zuhören.
Schritt... Schritt... Gehen... Gehen...
Alles ging leichter in den nächsten Tagen. Ich hatte Flügel! Immer wieder stellte ich mir die Frage,
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