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Die Tänzerin von Darkover - 9

Die Tänzerin von Darkover - 9

Titel: Die Tänzerin von Darkover - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Fuß an einem losen Felsblock auf dem Pfad plötzlich den Halt; Varzil stöhnte auf, als sich sein Knöchel schmerzhaft dehnte. Er blieb an der Stelle, an der er gestürzt war, liegen und fühlte sich zu schwach, um auch nur zu versuchen wieder aufzustehen.
    Wie durch ein Wunder erschien der Rebellenführer an seiner Seite und streckte ihm die Hand entgegen. »Steht auf«, befahl er ihm schroff.
    »Ich kann nicht«, entgegnete Varzil kopfschüttelnd, während er die Tränen des Schmerzes und der Verzweiflung zurückzuhalten suchte.
    »Verdammt nochmal, steh auf, oder sie werden uns beide auspeitschen«, wiederholte der Rebell scharf.
    Der Rebell packte ihn unsanft an der Schulter und schüttelte ihn kräftig durch.
    »Ganz im Gegensatz zu uns anderen bist du aus freien Stücken hier! Du wolltest dieses Spiel spielen. Du wolltest lernen, Verzweiflung zu sehen. Nun, chiyu, du stehst gerade mal am Anfang deiner Lektion. Und jetzt steh, verdammt noch mal, auf!«
    Varzil wich dem feurigen Blick des Rebellen aus und versuchte noch einmal aufzustehen. Es gelang ihm mit Hilfe des anderen, der ihn auch bei seinen ersten unsicheren Schritten weiter stützte.
    »Schon besser«, meinte der Rebell jetzt schon sanfter. »Heute abend wird es etwas zu essen geben. Bei dem Gedanken wirst du es wohl noch ein paar Stunden durchhalten.«
    Als Varzil sich zur Antwort umdrehte, war der Mann bereits ohne ein weiteres Wort weitergegangen.
    An diesem Abend bekamen sie im Lager tatsächlich eine kleine Schale mit gekochtem Getreide und Brot als Marschverpflegung.
    Varzil stürzte sich sofort gierig darauf und riß wie ein Wolf mit seinen Zähnen große Stücke aus dem Brotlaib. Plötzlich hielt er inne und schaute sich verwundert um – die anderen Männer teilten das Brot sorgfältig und verstauten es in ihren Kleidern. Mit einigem Bedauern folgte er ihrem Beispiel. Der Anführer der Rebellen setzte sich neben ihn und lachte rauh.
    »Sieh an, du bist anscheinend doch noch lernfähig, chiyu. Vielleicht stehst du es ja doch durch.«
    »Könntest du bitte aufhören, mich chiyu zu nennen«, gab Varzil verärgert zurück. »Mein Name …«
    »… bleibt hier besser unerwähnt!« unterbrach ihn der Rebell rasch.
    Varzil schluckte kräftig, als er daran erinnert wurde; andererseits verlangte es ihn nach den langen Tagen, in denen ihm keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt worden war, so sehr nach einem Gespräch, daß er schnell weiterredete.
    »Woher hast du überhaupt gewußt, daß wir heute abend etwas zu essen bekommen?« Und als ihm bewußt wurde, daß er den Namen des Mannes noch immer nicht kannte, fügte er zögernd »… Lord General« hinzu, wobei er versuchte, für die Stellung des Rebellen unter seinen Männern eine angemessene Rangbezeichnung zu finden.

    »Lord General!« prustete der Mann los, der gerade einen Schluck Wasser aus seinem Krug trinken wollte. »Wo, in Zandrus Hölle, hast du das bloß her? Rebellen halten nicht viel von Titeln, falls dir das noch nicht aufgegangen sein sollte! Du kannst mich Mikhail nennen, und für mich bist du vorerst besser, na sagen wir mal, Val – das kann eine Kurzform für alles mögliche sein«, fügte er mit gesenkter Stimme an.
    »Und was das Essen heute abend betrifft?« fuhr er zynisch fort.
    »Proklamation 416, Dienstvorschrift zur Behandlung Gefangener bei der Überführung, legt fest, daß wir alle drei Tage etwas zum Essen bekommen müssen, ob wir es nun nötig haben oder nicht. Gäb’s mehr, könnten wir womöglich stark genug sein zu fliehen; gäb’s weniger, könnten wir wahrscheinlich gar nicht mehr marschieren.«
    »Willst du damit etwa behaupten, daß mein Va …« Varzil brach abrupt ab. »Daß Lord Serrais von dieser Art Mißhandlung weiß?«
    »Was ich damit sagen will, ist, daß er es befohlen hat.«
    Varzil weigerte sich, das zu glauben. »Er mag wohl sehr streng und manchmal auch etwas vorschnell in seinem Urteil sein, aber ich habe nie erlebt, daß er vorsätzlich grausam ist.«
    »Das macht es für mich nur umso schlimmer.« Tiefe Verbitterung klang aus Mikhails Worten. »Für ihn ist so etwas noch nicht einmal grausam – denn er glaubt tatsächlich, daß wir weniger Schmerz und Hunger spüren, nur weil wir nicht von adliger Geburt sind. Nun, mein Lord, wir spüren den Schmerz gerade so wie ihr, und wir lieben das Leben, und wir haben ein Recht zu leben, genau wie ihr!«
    »Das weiß ich. Vergiß nicht, daß ich hierher gekommen bin, um dem Töten Einhalt zu gebieten!«

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