Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tänzerin von Darkover - 9

Die Tänzerin von Darkover - 9

Titel: Die Tänzerin von Darkover - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
Außerdem fürchtete er sich noch immer vor den anderen Männern. Auch vor Mikhail hatte er Angst, wie Varzil kläglich feststellen mußte. Wahrscheinlich hatte er aus diesem Grund das Angebot so schroff abgelehnt.
    Plötzlich glaubte Varzil, er könnte die Hand des Rebellen auf seinem Arm spüren und fragte sich kurz, ob er wohl nun, da es dem Ende zuging, Wahnvorstellungen habe. Aber die Hand schob sich weiter nach oben und nahm ihm die Decke vom Gesicht.
    »Verdammt, Varzil, ich hab’s versucht, aber ich konnte nicht einfach daliegen und dich erfrieren lassen«, knurrte Mikhail barsch.
    »Willst du jetzt meine Hilfe annehmen oder nicht?«
    Varzil war fest entschlossen, den Rebell diesmal keines seiner Worte mißverstehen zu lassen. »Ja! Ich flehe dich an, bitte hilf mir, Mikhail!« stieß er zwischen klappernden Zähnen hervor.
    Der Prinz rechnete schon fast damit, daß der Rebell ihn wieder mit irgend einer sarkastischen Bemerkung zurücklassen würde; statt dessen machte sich Mikhail daran, in einer Schneewehe eine kleine Höhle auszuheben. Wortlos trug oder vielmehr schleppte er Varzil hinein, dann zog er ihnen beiden die Hemden aus und wickelte die Decken um sich herum.
    Als sein Zittern so weit abgeklungen war, daß er wieder sprechen konnte, fragte Varzil scheu: »Warum bist du zurückgekommen?«
    »Ich weiß es auch nicht so genau«, seufzte Mikhail. »Vielleicht kann ich einfach dieses sinnlose Sterben nicht länger ertragen.«
    Einen Moment lang schwieg er. »Oder vielleicht, weil ich beobachtet habe, wie du heute einem anderen geholfen hast. Mir scheint, du bist nicht mehr der selbe Mann, den ich zuerst in jener Gefängniszelle traf.«
    »Das wirst du mir wohl nie verzeihen?« fragte der junge Prinz mit leiser Stimme.

    »Es gibt nichts zu verzeihen, Val. Jener Varzil ist tot.« Der Rebell lachte plötzlich laut auf. »Oder glaubst du im Ernst, ich würde mit dem meine Decken teilen?« Dann fügte er wieder ernsthafter hinzu:
    »Wenn wir an unseren Bestimmungsort gelangen, dann tu für meine Männer alles, was dir möglich ist. Mehr verlange ich nicht.«
    Als der Morgen anbrach, war der Himmel wolkenlos, aber noch immer war es eisig kalt. Dutzende Männer litten unter Frostbeulen an Zehen, Fingern und im Gesicht, aber unter den unerbittlichen Peitschenhieben ihrer Bewacher rafften sie sich auf und marschierten weiter.
    Gegen Mittag holte Varzil Mikhail ein, als dieser an der Seite eines gestürzten Kameraden kniete. Der Prinz warf einen kurzen Blick auf das Gesicht des Verletzten – er hatte sich die Lippe durchgebissen; das Blut, das ihm am Kinn herablief, gefror zu kleinen Tropfen. Der Mann gab keinen Laut von sich, aber Varzil konnte an der Art, wie er Augen und Zähne immer wieder zusammenpreßte, erkennen, daß er offensichtlich Todesqualen litt. Schließlich ergriff der Mann flehentlich Mikhails Hand.
    »Es hat keinen Zweck, Mikhail«, flehte er sanft. »Selbst wenn ich den heutigen Tag überstehen sollte, was mehr als fraglich ist, was soll dann morgen oder übermorgen geschehen? Die schwarze Fäule ist mir sicher – so möchte ich nicht sterben!«
    Es verging einige Zeit, bevor Mikhail seine Hand der des anderen entzog und zu einem großen Stein am Wegrand herüberging. Er hob ihn in wild-verzweifelter Entschlossenheit auf und trug ihn zurück; dann kniete er wieder an der Seite des Verwundeten.
    Der Mann erblickte den Stein und ein jähes Entsetzen packte ihn; er wandte den Kopf ab, und seine Augenlider zuckten.
    »Du weißt, daß sie mir kein Messer geben würden«, sagte Mikhail ruhig. »Ich glaube aber, ich könnte es schnell hinter uns bringen, wenn du es noch immer wünschst.«
    Der Mann nickte stumm, und Mikhail legte seine Hand auf dessen. Wange. »Dann wende den Kopf ab und schließ die Augen, mein alter Freund. Val, nimm seine Hand«, fügte er sanft hinzu.
    Der Mann streckte blind seine Hand Varzil entgegen, und als er sie ergriff, hörte der Prinz ein kurzes »Ich danke dir, Mik«, ehe der Stein die Schläfen des Mannes zertrümmerte.
    Als der Kommandant die Leiche einige Minuten später entdeckte, ließ er die Männer unter zornigen Peitschenhieben Aufstellung nehmen.
    »Wer von euch ist hierfür verantwortlich?« schrie er und deutete auf den Leichnam; die Blutlache neben dem Kopf war bereits gefroren.
    »Ich, Sir«, antwortete Mikhail gefaßt. »Er konnte nicht weitermarschieren – beide Füße sind letzte Nacht erfroren. Er war einer meiner Männer und er hat mich um den

Weitere Kostenlose Bücher