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Die Tänzerin von Darkover - 9

Die Tänzerin von Darkover - 9

Titel: Die Tänzerin von Darkover - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Winterabenden von ihm hörten, regte unsere Phantasie jedenfalls weitaus mehr an als die Aussichten als Schuster, Schmied oder in sonst einem Handwerk, auf das wir von unseren Vätern vorbereitet wurden, zu arbeiten.
    Ich heiße übrigens Alaric.
    Mein Vater – und damit meine ich den Mann, den ich während der ersten zwölf Jahre meines Lebens so nannte – war Hayat, der Hufschmied von Dom Valentine. Meine Mutter hatte nach dem Tod meiner Großeltern und vor ihrer Heirat mit dem Schmied eine Stellung als Näherin bei der ersten Frau des Lords gefunden, die wiederum die Mutter des Erben war, der ertrank, als -
    Aber dieses tragische Ereignis gehört bereits zu Rafes Geschichte, auch wenn ich sie nie von ihm direkt erzählt bekam, als ich noch klein war. Im Dorf wurde eine Generation lang das Alter aller Kinder auf jenen Winter, in dem Dom Coryn umkam, zurückgerechnet. Ich wurde am Ende des darauffolgenden Sommers geboren.
    Am Talschluß, dort wo die Straße nach Neskaya in den Bergen verschwindet, befindet sich ein See. Dom Valentines Ur-ur-urgroßvater hatte seinen Leroni einst befohlen, einen Damm im Flußbett zu errichten und so diesen See aufzustauen. Im Winter fror er meist ganz zu. Während eines besonders strengen Winters war die Eisdecke stark genug, um das Gewicht vieler Männer zu tragen.
    Es kam aber viel öfter vor, daß die Eisschicht trügerisch war, und die Dorfbewohner warnten ihre Kinder immer wieder davor, das Eis zu betreten, solange es von den Erwachsenen nicht freigegeben wurde.
    Rafe war in jenem Jahr zehn, also alt genug, ein Handwerk zu erlernen, aber er hatte keinen einzigen Verwandten, der ihn darin hätte unterweisen können. Als das Mittwinterfest herannahte und die MacArans mit ihren Familien und dem restlichen Gefolge im Forst eintrafen, gab es bei all den zusätzlichen Reittieren in den Stallungen genügend Arbeit. Für Rafe bedeutete das tagsüber einen Arbeitsplatz im Warmen und mittags eine warme Mahlzeit im Hof zusammen mit den anderen Stallburschen.
    Eines Tages beschlossen der fünfzehnjährige Dom Coryn, der Erbe der MacArans, und seine Cousins, auf Falkenjagd zu gehen, und Rafe gehörte zu dem guten Dutzend Jungen, die sie aus der Menge im Hof ausgewählt hatten, um die Pferde zu betreuen und nötigenfalls Wild aus dem Unterholz aufzuscheuchen. Die jungen Adligen, die mit ihrem vom Wind zerzausten, kupferroten Haar und in den reich bestickten Westen umherstolzierten, waren fest entschlossen, auf ihre Kosten zu kommen und so viel Wild wie möglich zu erlegen, um später mit den blutigen Jagdtrophäen ihre kleinen Schwestern erschrecken zu können.
    Von all dem Gerede und den Ereignissen des Tages erfuhr Rafe erst später durch die Berichte, die andere, wie zum Beispiel der Sohn des Schusters, verbreiteten. Als er die Geschichte zum ersten Mal hörte, war sie ihm so wenig vertraut, als ob sie sich in El Haleine oder in einer der Trockenstädte vor Hunderten von Jahren ereignet hätte. Und als er viele Jahre später davon berichtete, gestand er mir, daß er zwischen dem, was andere ihm erzählt hatten, und seinen eigenen Erinnerungen an jenen Tag nicht länger unterscheiden konnte.
    Das edle Vogelweibchen, das sich mit seiner Beute auf dem zugefrorenen See niedergelassen hatte, war Dom Coryns Lieblingsfalke gewesen; es war der erste Vogel, den er eigenhändig ausgebildet hatte. An diesem Tage aber schien sie ihre Unabhängigkeit wiedererlangen zu wollen. So sehr sich Coryn auch mit Pfiffen, Zurufen und Ködern abmühte, sie war nicht zu bewegen, auf seinen Falknerhandschuh zurückzukehren.
    Glaubt man den Jungen aus unserem Dorf, so befahl Dom Coryn, daß Rafe sich aufs Eis hinauswagen sollte, um den Falken zurück ans Ufer zu treiben. Seine Cousins berichteten hingegen, daß sich Rafe als kleinster und leichtester der Stallburschen freiwillig für diese Aufgabe gemeldet habe. Übereinstimmend beschrieben aber alle das entsetzliche Krachen, das so klang, als ob ein Blitz in einen Baum eingeschlagen wäre, als das Eis nachgab und Rafe vor ihren Augen versank.
    Jeder von uns im Dorf kannte die eine oder andere Version der Geschichte, wie sich Dom Valentines Sohn und Erbe in das eisige Wasser stürzte und bei dem heldenhaften Versuch, den Stallburschen zu retten, umkam. Als ich es aber zum ersten Mal von Rafe selber hörte, waren wir vom Schauplatz weit entfernt, und ich war längst kein Kind mehr. Wir beide übernahmen die Mitternachtswache an einem Grenzposten von Lord Dellerays

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