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Die Tänzerin von Darkover - 9

Die Tänzerin von Darkover - 9

Titel: Die Tänzerin von Darkover - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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immer da war.
    Stefan wickelte etwas aus. Die Matrix an seinem Hals glühte so hell, daß ich sie selbst durch den Beutel deutlich erkennen konnte.
    »Hast
    du
    schon
    einmal
    mit
    anderen
    Telepathen
    zusammengearbeitet?« fragte er Michela.
    Sie nickte und berührte ihre eigene Matrix.
    »Gut.« Stefan hob das Schwert hoch und prüfte, wie es in der Hand lag. Er schien sich zum Kampf zu rüsten. Er nickte erst mir, dann Michela zu. »Also los!«
    Ich wollte ihm gerade noch sagen, es sei unmöglich, sich draußen inmitten des dämonischen Sturms auf den Beinen zu halten, aber er war bereits, mit Michela an seiner Seite, zur Tür hinaus. Ich stürzte ihnen hinterher.
    Stefan schwang sein Schwert. Um uns herum toste der Sturm und brach sich wie eine mächtige Flutwelle an der Brüstung der Burg, aber dort, wo wir standen, herrschte unerklärliche Windstille. Stefan glühte – ein Nimbus umgab ihn. Er lachte, und es war das Lachen eines Mannes, der siegessicher in den Kampf zieht. Vor meinen Augen verwandelte er sich: er nahm die Gestalt des legendären Hastur an, des Sohn des Lichts. Die Erscheinung war so real, daß mir im Vergleich dazu die Gemälde, die ich auf der Burg Hastur gesehen hatte, wie Kinderkrakeleien vorkamen.
    Ich wollte niederknien, doch in diesem Moment nahm mich Hastur, ohne mich zu berühren, bei der Hand, und zusammen mit Michela stellten wir uns dem Dämon, der in großen Schritten auf Burg Thendara und die Stadttore zueilte. An Kraft, Größe und Macht konnte nur Stefan/Hastur es mit dem Dämon aufnehmen. Ein zorniges Tosen. Noch ein Schritt vorwärts. Und das Schwert hoch erhoben.
    Stefans Stimme übertönte das Sturmgeheul und hallte an dem Burgfels wider, als er befahl: »Weiche! Zurück in die Hölle, die dich gebar!«
    Augenblicklich herrschte Stille. Nur die abgerissenen Zweige und das herumgewirbelte Laub erinnerten an den soeben verstummten Sturm. Dann sah ich, daß wir uns nicht mehr auf dem Dach der Burg, sondern auf der Ebene vor den Stadttoren befanden. Ich wandte mich Michela zu. Sie war zwar verwirrt, sonst aber wohlauf.
    Daraufhin drehte ich mich in die andere Richtung und suchte Stefan. Dort stand er, wieder in seiner ursprünglichen Gestalt, und lächelte uns zu. Nur eines hatte sich verändert; ich brauchte einige Zeit, bis es mir voll zu Bewußtsein kam – sein Haar war wieder so weiß wie in seiner Kindheit.
    »Ich glaube, jetzt wird der Rat deinen Vorschlägen zustimmen.
    Meinst du nicht auch?« sagte der König.
    Meine Mutter kehrte zu Vaters Begräbnis zurück, und auch all meine Geschwister versammelten sich an seinem schlichten Grab am Ufer von Hali. Gleich daneben befand sich das nach meinen Plänen neu errichtete Gewölbe, in dem Stefans Schwert hinter einer doppelten Barriere verwahrt wurde, um es vor dem Zugriff der Türme zu schützen.
    Bei Vaters Begräbnis kamen endlich auch mir die Tränen, aber ich trauerte nicht um den Mann, der in meine Gedanken eingedrungen war und sich dort eingenistet hatte. Ich trauerte um den Mann, der mir als Kind Geschichten vorgelesen, meine Ängste besänftigt und mich zu Bett gebracht hatte. Und ich trauerte um den Mann, der zuletzt erkannte, welche Schrecken er hervorgerufen hatte, und alles daran setzte, sie aufzuhalten. Vor allem aber bedeutete Vaters Tod eine große Erleichterung für mich. Ich hatte das Gefühl, daß die Ketten, die ich als Erwachsener immer verspürt hatte, endlich von mir abfielen.
    Im Rat wurde ich offiziell zum neuen Lord Alton ernannt, und ich konnte mich damit durchsetzen, die Bewahrer der Türme dort auch künftig auszuschließen. Mein Triumph wurde durch die Heirat mit Michela noch mehr versüßt. Kein Geringerer als König Stefan legte die Catenas um unsere Handgelenke. Das aber war keine neue Fessel, sondern das Siegel unserer gegenseitigen Zuneigung.
    In dieser Nacht liebten wir uns, und ich gab mich ihr mit meinem ganzen Herzen und all meinen Sinnen hin. Danach lagen wir uns noch lange in den Armen und sprachen miteinander.
    »Ich hoffe, es kränkt dich nicht, wenn ich das sage, aber ich glaube, daß dich dein Vater trotz allem geliebt hat.«
    Ich seufzte. »Ja, er hat mich tatsächlich geliebt, auch wenn ich das nicht erkennen konnte, solange wir in Gedanken aneinandergekettet waren. Wir waren uns auf so unerträgliche Art nahe, daß es nicht ausbleiben konnte, daß wir immer wieder aneinander gerieten. Und Vaters Haltung hat es mir auch nicht gerade leicht gemacht. Er glaubte, es genüge, daß er

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