Die Taeuschung
schließlich
zu ihr um. Sie versuchte in seinen Augen zu lesen ... Liebe,
Begehren ... Sie konnte nicht ausmachen, ob sein Blick etwas
davon enthielt, aber zweifellos sah er sie sehr weich an.
»Es war so wunderschön mit dir, Nadine. Ich könnte mir
mein Leben nicht mehr vorstellen ohne dich darin. Nein«, er
schüttelte den Kopf, »das wäre undenkbar.«
Sie mußte die Frage stellen. »Wegen ... ist es, weil wir
gerade miteinander geschlafen haben?«
Er zögerte einen Moment. »Ich bin verrückt nach dir«, sagte
er schließlich, und es klang ehrlich. »Ich war es vom Moment
unserer ersten Begegnung an. Ich habe dich gesehen und mir
vorgestellt, wie es sein muß, deine Brüste zu berühren, deine
wunderbaren langen Beine, dein Haar ... Ich habe mich gefragt,
wie du schmeckst, wie sich dein Atem dicht und heiß an
meinem Hals anfühlt ... Und jetzt war es noch besser und
einzigartiger, als ich es mir hätte träumen lassen. Aber es ist
nicht nur das. Es ist ...« Er schaute jetzt wieder hinaus in die
Nacht, hob in einer hilflosen Geste die Schultern. »Mein Gott,
Nadine, ich glaube, ich kann das nicht beschreiben. Es ist
einfach, wie ich gesagt habe: Ich kann mir mein Leben ohne
dich nicht vorstellen. Du gehörst dazu. Bitte zieh nicht einen
Schlußstrich, nachdem unsere Geschichte kaum angefangen
hat.«
Der Wirkung seines bittenden Blicks, seiner leisen Stimme
vermochte sie sich kaum zu entziehen. Dennoch bemerkte sie,
wie sie immer stärker zu frösteln begann, irgendwo von innen
heraus, weil sie ahnte, daß sie nicht bekommen würde, was sie
wollte. Er machte zu viele Worte. Er redete um etwas herum,
was er offensichtlich nicht gern sagte.
Wieder war sie es, die den unangenehmen Vorstoß tätigte –
und im übrigen sollte auch dies typisch werden für ihre
Beziehung: Von sich aus wurde Peter nicht konkret, legte sich
nicht fest, sprach speziell unangenehme Wahrheiten nicht aus.
Stets mußte Nadine vorpreschen, mußte nachhaken, mußte das
Gespräch suchen und klare Auskünfte verlangen. Sie wurde die
Drängende, er der Ausweichende.
»Was ist mit Laura?«
Er zuckte zusammen. Ihr war klar, daß er natürlich gewußt
hatte, daß diese Frage kommen würde, aber dennoch hatte er
sich wohl nicht abschließend auf sie vorbereiten können.
»Was möchtest du?« fragte er, obwohl er das genau wissen
müßte.
»Ich möchte ein neues Leben mit dir anfangen. Das bedeutet
... ich möchte, daß du dich scheiden läßt.« Sie sah, daß er
erneut zusammenzuckte, und fügte rasch hinzu: »Auch ich
würde mich natürlich scheiden lassen.«
Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, seine Geste
wirkte unendlich müde, und erst später fand sie heraus, daß er
sich gern in Müdigkeit flüchtete, wenn er Gesprächen oder
Situationen ausweichen oder sie, Nadine, zwingen wollte,
rücksichtsvoller mit ihm umzugehen.
»Das ist nicht so einfach, Nadine. Wirklich, ich habe die
ganze Woche ständig darüber nachgedacht. Eigentlich schon
vorher, eigentlich schon nachdem ich ins Chez Nadine kam und
die Frau erblickte, von der ich wußte, sie würde mich nie mehr
loslassen. Das Problem ist ...« Er stotterte eine Weile herum.
Schließlich rückte er damit heraus, daß er finanzielle Sorgen
habe.
»Die Agentur läuft nicht ganz so, wie sie sollte. Zudem habe
ich mich in einigen ... Anlagen etwas vertan. Und wir haben
gerade das Haus bei Frankfurt gekauft. Das Haus hier. Ich bin
ein wenig in Bedrängnis. Das wird sich natürlich wieder geben,
es ist einfach ein Engpaß, den ich durchstehen muß.«
»Was hat das mit Scheidung zu tun?«
»Laura und ich haben bei unserer Heirat keine
Gütertrennung vereinbart. Ich müßte ihr von allem die Hälfte
geben. Das würde mich im Augenblick ruinieren.«
»Aber du kannst doch beide Häuser einfach verkaufen. Wir
würden ja sowieso ganz neu zusammen anfangen. Dann gibst
du ihr die Hälfte. Es bleibt doch immer noch genug übrig.«
»Aber beide Häuser sind stark belastet. Ich habe
Bankschulden. Nadine«, er nahm ihre Hände, »bitte schenk mir
ein bißchen Zeit. Ein, zwei Jahre, und ich bin saniert. Dann
kann ich Laura auszahlen, ohne hinterher mit nichts in der
Hand dazustehen. Bitte gib mir diese Chance.«
Was hätte sie tun sollen? Erkennen, daß er auf Zeit spielte,
weil er unfähig war, eine Entscheidung zu treffen? Natürlich
hatte sie diesen Verdacht gehegt. Sie hatte keine Möglichkeit
nachzuprüfen, ob seine Behauptung, daß es ihm
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