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Die Taeuschung

Die Taeuschung

Titel: Die Taeuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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zuerst, fand in der
Dunkelheit auch nicht sofort den richtigen Rückweg und geriet
schon beinahe in Panik, weil sie plötzlich keine Ahnung mehr
hatte, wo sie sich eigentlich befand. Sie begann hektisch und
planlos herumzukurven, und es war nur ein Zufall, daß sie
schließlich vor dem stillgelegten Gärtnereibetrieb landete, den
Peter ihr genannt hatte. Sie konnte im Mondlicht der klaren
Nacht die langen Reihen der einstigen Gewächshäuser sehen
und das dichte Gestrüpp aus Unkraut, das allmählich das
gesamte Gelände überwucherte. Vor allem aber entdeckte sie
das parkende Auto und den Mann, der als langer, dunkler
Schatten an der Fahrertür lehnte und schon Ausschau nach ihr
hielt.
Sie kam neben ihm zum Stehen. Peter stieg zu ihr ein, rieb
sich die Hände. »Himmel, ist das kalt«, sagte er, »aber ich
wagte nicht, im Auto sitzen zu bleiben, weil ich Angst hatte, du
übersiehst mich dann. Warum kommst du so spät?«
»Ich habe mich verfahren.« Sie merkte, wie ihr das Herz bis
zum Hals schlug. Er war so dicht neben ihr. Nichts hatte sich
an ihrer sexuellen Gier nach ihm geändert. Sie fragte sich, ob
er ebenso empfand wie sie.
»O Gott, Nadine«, sagte er leise, »o Gott.«
»Warum wolltest du mich sehen?« Sie merkte, daß sie
ziemlich unterkühlt klang. Aber sie war schon froh, daß
wenigstens ihre Stimme nicht zitterte.
»Weil ich dich will«, antwortete er.
»Weil du mich willst?«
»Das war es doch, was du wissen wolltest. Vor einer Woche.
Als wir in unserem ... in meinem Haus waren. Du sagtest, ich
solle mich ganz für dich entscheiden. Und hier bin ich. Ich
habe mich für dich entschieden.«
Sie hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit einer derart
klaren Aussage, und so wußte sie zunächst nicht, wie sie auf
diese unerwartete Situation reagieren sollte. Stumm saß sie da,
während er ihre Hand nahm, an seine Lippen zog und küßte.
»Und was«, fragte sie schließlich, »heißt Entscheidung in
diesem Fall?«
Anstelle einer Antwort neigte er sich diesmal ganz zu ihr
herüber und küßte ihren Mund. Sie antwortete mit all der
Erregung, die sich so lange in ihr aufgestaut hatte, und obwohl
sie nicht vorgehabt hatte, mit ihm zu schlafen, bevor er nicht
genau erklärt hatte, wie er sich ihrer beider Zukunft vorstellte,
vermochte sie auf einmal nicht mehr umzukehren. Es war
unbequem und wenig romantisch im Auto, lächerlich schwierig
für sie beide, die Hosen auszuziehen und eine Position zu
finden, in der sie überhaupt zueinander kommen konnten.
Ständig stießen sie mit Köpfen und Beinen gegen Tür, Lenkrad
oder Schalthebel, aber keiner fing an zu kichern oder schlug
vor, einen anderen Ort aufzusuchen. Sie waren wie besessen
von dem Moment, von ihrer Leidenschaft, von der
Begeisterung, endlich die Kontrolle verlieren zu dürfen. Sie
hatten beide das Gefühl, niemals vorher auf so einzigartige
Weise mit einem anderen Menschen verschmolzen, niemals auf
solchen Wogen von Ekstase getragen worden zu sein. Sie
liebten einander eine unendlich lange Zeit, wieder und wieder
von neuem, noch nicht wissend, daß sie die Besonderheit
dieser Stunde später nie mehr würden wiederholen können. Es
war der beste, der erfüllendste Moment ihrer Beziehung. Kaum
war er vorüber, begann der langsame Abstieg.
Sie hörten auf, weil Peter einen Krampf im Bein bekam und
nicht länger in seiner unbequemen Stellung verharren konnte.
Während er mit schmerzverzerrtem Gesicht seinen Fuß gegen
die Windschutzscheibe stemmte, huschte Nadine hinaus und
pinkelte hinter einen Oleanderstrauch; sie mußte plötzlich ganz
dringend und war nur froh, daß sie das zuvor offenbar nicht
bemerkt hatte. Sie zog sich vollständig an, frierend in der
immer kälter werdenden Nacht, dann stieg sie rasch wieder ins
Auto. Auch Peter hatte sich inzwischen angekleidet, sein
Krampf hatte sich offenbar gelöst. Irgendwie sah er plötzlich so
aus, als sehne er sich nach einer Zigarette oder einem
doppelten Whisky.
Nadines Verstand arbeitete nun wieder, und sie konnte das
Unbehagen spüren, das von Peter ausging. Die Frage nach der
Entscheidung, die sich für eine Weile verflüchtigt hatte,
drängte sich klar und fordernd in den Raum. Es war nicht zu
erwarten, daß Peter das Thema anschneiden würde, das
verrieten seine Mimik, seine abweisende Haltung.
Schließlich sprang Nadine ins kalte Wasser. »Du sprachst
vorhin von einer Entscheidung?«
Er antwortete eine Weile nicht, wandte sich dann

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