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Die Taeuschung

Die Taeuschung

Titel: Die Taeuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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und
Sophie gehalten. Er ist immer wieder zu euch zurückgekehrt
Dann jedoch ...«
»Du wußtest, daß er vorhatte, ins Ausland zu gehen?« Sie
erinnerte sich, wie überrascht er gewirkt hatte, als sie ihm
davon erzählte. Er war ein guter Schauspieler. Und auf eine
schizophrene Art hielt er seine Taten auf der einen Seite für
zwingend und gerecht, andererseits wußte er jedoch daß er sie
vertuschen mußte und keinen Verdacht auf sich lenken durfte.
»Ich habe es an jenem Abend erfahren. An dem Abend, an
dem ich ihn dann getötet habe, meine ich.«
»Wie hast du es erfahren?« Bring ihn zum Reden. Halte ihn
auf, solange du kannst.
»Er hat mich angerufen. Er war vor dem Chez Nadine angekommen, wollte hineingehen. Ich fragte, mußt du gleich
als erstes zu ihr ? Und er antwortete, daß sie vielleicht gar nicht
mehr da sei. Sie würden sich am Abend woanders treffen. Ich
sagte, aha, aber vorher darf ihr Mann dich noch bekochen,
hättest du dir nicht etwas Geschmackvolleres ausdenken
können? Und plötzlich schrie er, er wisse nicht mehr aus noch
ein, er müsse einfach an den Ort, an dem er sie das erste Mal
getroffen habe, ob sie nun noch da sei oder nicht; er müsse den
Ort sehen, um zu wissen, ob er das Richtige tue. Aber vielleicht
sei es sowieso das Falsche, vielleicht habe er immer das
Falsche getan, aber sein Leben sei nun verpfuscht, und alles sei
egal. Und dann wurde er ganz ruhig und sagte, er habe sich nur
von mir verabschieden wollen. Er werde mit Nadine das Land
verlassen und nie mehr wiederkommen.«
»Und das wolltest du verhindern?« Sie sah sich hektisch im
Schlafzimmer um. Gab es etwas, das sie als Seil benutzen
konnte, um aus dem Fenster zu klettern? In Filmen und
Büchern zerrissen sie in solchen Fällen das Bettlaken und
knoteten die Streifen aneinander. Unglücklicherweise würde er
es hören, wenn sie damit anfinge. Er würde ihr nicht die Zeit
lassen, die sie brauchte.
»Was interessiert dich das?« fragte Christopher. »Das alles
kann dir doch jetzt gleich sein!«
»Er war mein Mann. Jahrelang haben wir unser Leben
geteilt. Mich interessieren seine letzten Stunden.«
Das schien ihm einzuleuchten.
»Ich sagte ihm, er solle sich das noch einmal überlegen, aber
er meinte, er habe keine Wahl. Dann brach er das Gespräch ab.
Ich konnte es nicht fassen. Wie kann ein Mann von seiner
Familie fortgehen? Ich lief in meinem Haus hin und her. Ich
dachte an dich und Sophie. An diese zauberhafte kleine Familie
...«, er klang nun wirklich verzweifelt, »und ich wußte, ich darf
es nicht zulassen. Also fuhr ich zum Chez Nadine.«
»Du wolltest es für mich tun?« Es gab in diesem
verdammten Zimmer nichts, was sich zum Abseilen geeignet
hatte. Wie stolz war sie immer auf ihr Einrichtungstalent
gewesen. Fehlanzeige. Für die Zukunft sollte sie sich merken:
In jedem Raum ein Telefon und ein Kletterseil. Und eine
Pistole.
Für welche Zukunft?
»Was meinst du?« fragte Christophe, »Was meinst du mit: Du wolltest es für mich tun?«
»Du wolltest ihn für mich töten?«
»Ich wollte mit ihm reden. Ich wollte die se Familie erhalten.
Wie sieht denn die Welt aus? Wohin sind wir denn gekommen?
Überall Scheidungen. Jede dritte Ehe schafft es nicht. Man
bemüht sich doch auch gar nicht. Es ist ja so einfach heute.
Man heiratet, man läßt sich scheiden. Kein Problem. Früher
war man hinterher nicht mehr gesellschaftsfähig. Früher hatte
das Konsequenzen. Früher haben die Menschen auch Krisen
gehabt. Aber sie rannten nicht gleich zum Anwalt. Sie standen
es durch, sie probierten es von neuem miteinander. Und wie oft
schafften sie es!«
»Natürlich. So sehe ich das auch.«
Die Welt ist im Großen so, wie ihre kleinsten Zellen sind.
Und die kleinste Zelle ist die Familie. Ist sie kaputt, ist auch die
Welt kaputt.«
»Ja. Das leuchtet mir ein.« Sie fragte sich, ob sie es schaffen
konnte, sich zu seiner Komplizin zu machen. Sie mußte die
Nerven behalten. Sie merkte, daß die Innenfläche ihrer linken
Hand blutete, so tief hatte sie ihre Fingernägel hineingegraben.
»Dir leuchtet das überhaupt nicht ein«, sagte er spöttisch,
»sonst hättest du nicht beschlossen, dein Kind allein
großzuziehen und im übrigen auf den
Selbstverwirklichungstrip zu gehen. Dich zu finden. Herauszubekommen, wer du eigentlich bist! Gott, wie ich diese
Sätze kenne! Wie ich sie hasse! Du bist um nichts besser als
meine Mutter!«
»Das ist nicht wahr. Mir ging das doch nur alles viel

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