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Die Taeuschung

Die Taeuschung

Titel: Die Taeuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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mit Füßen getreten hätte. Sie begriff, daß sie
und Sophie ihm seinen Seelenfrieden hätten zurückgeben
können, so wie Camille Raymond und ihre kleine Tochter es
gekonnt hätten, und daß er ihr so wenig wie Camille verzeihen
würde, daß sie ihm diesen Trost verweigert hatten. Ihr fiel
Anne ein, die sie auf die Parallelen zwischen ihr und Camille
hingewiesen hatte, und sie begriff erst jetzt, wie wichtig ihm
Frauen mit Kindern gewesen waren, und vor allem verwitwete Frauen, nicht geschiedene, denn einem verrückten Ehrenkodex
folgend, hätte er wohl anderen Vätern nicht die Kinder
weggenommen.
»Dann hatte Peter jedenfalls kein Verhältnis mit Camille
Raymond?« fragte sie und dachte, wie unwichtig es eigentlich
noch war, ihn in diesem Punkt zu rehabilitieren.
»Nein. Camille kannte er überhaupt nicht.«
»Ich hatte Angst, er hätte mich auch mit ihr betrogen.« Rede,
rede, rede! Wenn du aufhörst zu reden, bist du tot! »Ich habe
versucht, mit ihrer Putzfrau zu sprechen. Aber sie hat nicht
reagiert.«
»Ich weiß«, sagte er gelassen, »die liegt mit gebrochenem
Genick in meinem Keller. Ich habe neulich abends den Zettel
weggetan, der bei deinem Telefon lag. Sie hat sich zu tief in
Dinge gemischt, die sie nichts angingen.«
Ihre Zähne schlugen aufeinander. Wenn niemand diesen
Verrückten überlebte, wie konnte sie glauben, daß es ihr
gelingen sollte?
»Jetzt mach die Tür auf«, sagte er.
Und in diesem Moment hatten sie beide wahrgenommen,
daß sich jemand dem Haus näherte.
Nach dem ersten Schreck, dem ersten Entsetzen wehrte sich
Nadine mit allen Kräften. Sie glaubte, es sei Laura, die sie von
hinten angefallen hatte, eine betrunkene, wütende,
durchgedrehte Laura, die endlich hinter die ganze Geschichte
um Nadine und Peter gekommen war. Aber sehr schnell begriff
sie, daß sie es mit einem Mann zu tun hatte; ihr Gegner war zu
groß und zu stark für eine Frau. Schließlich vernahm sie seine
keuchende Stimme an ihrem Ohr: »Halt still, du Schlampe.
Halt still, oder du bist tot!«
Er schleifte sie zur Haustür. Sie trat um sich, spuckte, biß,
versuchte, die Hände frei zu bekommen. Ein Einbrecher
wahrscheinlich. Ein gottverdammter Einbrecher. Und sie tappte
ihm genau vor die Füße. Sicher hatte er das Licht des
Bewegungsmelders gesehen. Kein Kunststück für ihn, sie hier
abzufangen. Sie war so idiotisch gewesen. So abgrundtief
dumm.
Die Wut auf sich selbst verlieh ihr stärkere Kräfte. Sie trat
ihn mit aller Gewalt auf den Fuß und hörte ihn stöhnen vor
Schmerz. Es gelang ihr, eine Hand loszureißen. Wie eine
Schlange wand sie sich in seinen Armen. Sie hatte ihren
Autoschlüssel in der Hand. Sie versuchte, ihn ihm ins Auge zu
rammen.
Sie verfehlte das Auge knapp, aber das Metall schrammte
über seine Schläfe und riß eine blutende Wunde. Er ließ auch
ihre andere Hand los, faßte sich ins Gesicht. Für eine Sekunde
war er außer Gefecht. Sie rannte an ihm vorbei in den Garten.
Das Licht sprang wieder an und beleuchtete die
gespenstische Szenerie.
Sie riskierte es, sich umzuschauen. Er folgte ihr, aber es ging
alles zu schnell, und sie war geblendet vom Licht, und so
konnte sie nicht erkennen, wer er war. Er war ein auffallend
großer und starker Mann, und sicher stärker und schneller als
sie, aber er schien Probleme mit dem Laufen zu haben. Er zog
ein Bein nach, konnte einen Fuß offenbar kaum aufsetzen.
Hatte sie ihn mit ihrem Tritt so stark verletzt?
Sie rannte weiter. Einmal rutschte sie auf den Kieselsteinen,
wäre beinahe hingefallen, konnte sich gerade noch fangen.
Läge sie auf der Erde, wäre sie verloren. Trotz seiner
Behinderung holte er auf. Der Abstand zwischen ihnen
verringerte sich ständig.
Sie erreichte ihr Auto, riß die Fahrertür auf, fiel auf den Sitz.
Sie hörte den Regen auf das Blechdach prasseln, aber lauter
noch war ihr keuchender Atem. Sie fingerte am Zündschloß
herum.
Sie merkte, daß sie den Schlüssel nicht mehr hatte.
Er mußte ihr aus der Hand gefallen sein, als sie ihren
Angreifer damit attackiert hatte.
Schon hatte er den Wagen erreicht. Voller Panik drückte sie
die Verriegelung an ihrer Tür, lehnte sich zur Beifahrerseite
hinüber, um sie ebenfalls zu verschließen. Aber sie hätte mehr
Hände und eine halbe Minute länger Zeit gebraucht. Schon riß
er eine der hinteren Türen auf, griff hinein, zerrte sie an den
Haaren auf ihren Sitz zurück. Er tat dies mit einer Brutalität,
daß sie meinte, ihr

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