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Die Täuschung

Die Täuschung

Titel: Die Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caleb Carr
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Genting Highlands Resort – eine Anzahl großer, weiß gestrichener Hotels, die sich um ein teures Casino gruppierten – als luxuriösestes und beliebtestes Spielerparadies in ganz Südostasien etabliert. Mit der Zeit hatte man in dem Resort auch andere Freizeitattraktionen gebaut, um die Illusion eines Urlaubsortes für die ganze Familie zu erzeugen; das war aber niemals so richtig gelungen, denn die Spieltische blieben die Hauptattraktion, was man schon daran sah, dass sie vierundzwanzig Stunden pro Tag belegt waren. Und obwohl mehrere der Hotels während des Krieges beschädigt worden waren und der Malaysia-Tourismus verständlicherweise nachgelassen hatte, traten viele unbeugsame Draufgänger aus dem Ausland weiterhin ihren regelmäßigen Pilgerzug in die Highlands an. Zusammen mit den nicht muslimischen Angehörigen der Garnison der malaysischen Armee (Moslems war es verboten, das Casino zu betreten) sorgten diese loyalen Stammgäste dafür, dass an den Tischen immer Hochbetrieb herrschte, und unterstützten gleichzeitig jene nachgeordneten Wirtschaftszweige – Prostitution, Alkohol, Drogenhandel und Diebstahl –, die immer an Orten entstehen, wo Menschen eine irrationale Entschlossenheit demonstrieren, sich von ihrem Geld trennen zu lassen.
    Im Jahr 2023 waren solche vergleichsweise normalen, geradezu idyllischen Aktivitäten allerdings nicht mehr das Hauptgeschäft im Genting Highlands, wie schon in dem Moment klar wurde, als Slayton, Larissa, Tarbell und ich auf dem alten Theme Park Hotel abgesetzt wurden, das während des Krieges wiederholt bombardiert und schließlich aufgegeben worden war. Auf den trümmerübersäten, aber unverzagt fröhlichen Straßen um das Resort herrschte ein geschäftiges Treiben, das ich nur als eine Art Weltuntergangsbasar beschreiben kann. In den Betonbecken ehemaliger Brunnen waren Stände mit teilweise hochmodernen Waffen aufgebaut, und die Händler verhökerten ihre Ware tatkräftig an Gruppen malaysischer Soldaten wie auch an Dealer und Terroristen, die gerade auf Besuch weilten. Händler, die sahen, dass wir Ausländer waren, sprachen uns immer wieder an, ob wir »Diener« – letztendlich ein klarer Euphemismus für Sklaven – kaufen und mit nach Hause nehmen wollten, während raffiniertere Männer und Frauen uns in leise Gespräche verwickelten, bei denen es um alle erdenklichen Hightech-Gerätschaften ging. Scharen von Menschen jubelten, tranken, rauchten, feuerten Waffen ab, zündeten Feuerwerke und ließen ihren sexuellen Gelüsten überall freien Lauf, wo auch nur eine Spur weniger Müll herumlag als auf dem Erdboden. Währenddessen nahmen die Geschützbatterien um das Resort herum unablässig Kuala Lumpur unter Beschuss, und eine riesige, tragbare Radarschüssel suchte den Himmel nach Anzeichen alliierter Flugzeuge ab. Es war eine wahrhaft bestürzende Szenerie, vor allem wegen dem, was ihr zugrunde lag: der simple Wunsch der übrigen Welt, weiterzuleben.
    Das Ausmaß des Durcheinanders im Resort bereitete uns nicht übermäßig viel Sorgen, denn obwohl wir Eshkol vorübergehend aus den Augen verloren hatten, wussten wir recht genau, wie und warum er ins Genting Highlands gekommen war, und waren deshalb ziemlich sicher, dass es uns gelingen würde, ihn wieder zu finden. Nachdem wir Erkundigungen über zum Verkauf stehendes waffenfähiges Plutonium eingeholt hatten – Erkundigungen, die keinen der von uns angesprochenen Händler auch nur im Mindesten zu erschrecken oder zu überraschen schienen –, erfuhren wir, dass solche Transaktionen ganz allein in den Zuständigkeitsbereich von General Tunku Said fielen. Sein Hauptquartier befand sich in einer ans Casino angrenzenden Bowlinghalle, einem Gebäude, das äußerlich schon immer dem geähnelt hatte, was es nun tatsächlich geworden war: ein fensterloser Luftschutzbunker aus Beton. Said, der seit der Eskalation des Konflikts anscheinend wie ein Kriegsherr über das Gebiet herrschte, überwachte auch das Casinogeschäft; aber die richtig großen Profite machte er mit dem Verkauf äußerst seltener Waren. Larissa hatte natürlich ihre Rail-Pistole mitgebracht, und nach einer kurzen Besprechung beschlossen wir, sie Said in der Hoffnung zu zeigen, dass sein Wunsch, eine solch wertvolle Technologie in die Finger zu bekommen, ihn dazu veranlassen würde, uns seine Informationen über Eshkol preiszugeben.
    Als wir uns den Wachposten draußen vor der Bowlinghalle näherten, merkte ich, dass mein Herzschlag erstaunlich

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