Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein
Gartenmarkt nicht als Pedant und Rechthaber dastehen. Aber im Stillen genießen Sie Ihr Wissen, dass es sich in Wahrheit um eine Hosta sieboldiana var. elegans Hylander handelt.
Warten
Der Winter und Berlin haben ja viel gemeinsam: Beide sind groß und grau und schwer zu ertragen.
Aber es gibt etwas, das ohne jede Frage für beide spricht, für Berlin und für den Winter. Und das ist die Grüne Woche. Die Grüne Woche ist wirklich beeindruckend, völlig unersetzbar und sehr, sehr eigenartig, und weil man da auch Pflanzenzwiebeln kaufen kann, wovon ich allerdings abraten würde, müssen wir uns hier dringend mit der Grünen Woche befassen.
Ich stelle mir vor, dass die Menschen des Mittelalters mit einer ähnlichen Mischung aus ungläubigem Staunen und fröhlicher Neugier über die Jahrmärkte gegangen sind, wie ich jedes Jahr über die Grüne Woche gehe. Mein Vorwand für den Besuch sind natürlich die Kinder. Ihnen macht es Spaß. Aber in Wahrheit würde ich auch allein gehen. Man kann dort sonderbare Tiere sehen, von deren Existenz man keine Ahnung hatte und deren Namen und Eigenschaften sich als kostbare Fundstücke im Gedächtnis einprägen: Ich denke etwa an das Axolotl, den viel zu wenig beachteten mexikanischen Schwanzlurch, der in der Literatur durch ein gleichnamiges Buch gleichsam ein kurzes, kometenhaftes Aufglühen erlebte, wenn man das von einem Schwanzlurch sagen darf, der aber in der Biologie schon seit langem dadurch auffällig ist, dass er nie erwachsen wird. Oder an die Gespenstschrecke, die ein zugleich furchterregendes und wunderschönes Insekt ist, das ich eine junge Frau auf ihrem Arm tragen sah wie ein prächtiges Schmuckstück.
Oder eben an das Edelschwein Paula, das – ausweislich seiner Beschilderung – zuletzt am Heiligen Abend geferkelt hat und dessen »Standort«, so war da zu lesen, der »MAFZ Erlebnispark Paaren« ist. Es handelt sich da, falls das nicht allgemein bekannt ist, um das »Märkische Ausstellungs- und Freizeitzentrum, das im Jahr 1990 gegründet wurde und im Jahr 2008 in »MAFZ Erlebnispark Paaren« umbenannt wurde und das vermutlich ein sehr anschauliches Beispiel für die Verwendung des Solidaritätszuschlages ist. Jedenfalls finden im havelländischen Paaren Landesmeisterschaften für Gebrauchshunde statt und Nachtflohmärkte, und außerdem werden für den Herbst die Brandenburger Kreativtage angedroht.
Die Grüne Woche lockt mit allen Herrlichkeiten des Landlebens. Ich denke nur an die prächtigen Bullen bei der Bundesschau »Schwarz Rot Gold Robust«, die von ihren stolzen Züchtern in prallen Lederhosen am geschwungenen Horn in einer großartigen Parade unter den ungläubigen Blicken einer der Natur und ihren Wundern weitgehend entwöhnten Städterschaft aus der Halle geführt werden! Ich staune über das herrliche Skandinavien, für das kräftige blonde Frauen sonderbare Süßigkeiten, Stockfische und Smörrebröd feilbieten! Und ich verneige mich natürlich in Ehrfurcht vor der endlosen Russischen Föderation, die ebenso groß ist wie die Vielfalt ihrer Republiken, Gebiete, Autonomen Kreise und Regionen unüberschaubar.
Jedes Jahr entdeckt man hier in Berlin einen neuen Staat, eine neue Nation, deren Namen und Landestracht aus einem Tim-und-Struppi-Abenteuer zu stammen scheinen. Borschowistan? Nein, so hieß der Landstrich nicht. Aber so ähnlich. Mein Wort drauf! Und es sind immer untersetzte, fröhliche Männer mit Kunstlederjacken, die an diesen Ständen Wodka und Würste anbieten. Überhaupt gewinnt man den Eindruck, die Produktion der Russischen Föderation bestehe vornehmlich aus Wodka und Würsten, und das sei auch die übliche Ernährung aller dort lebenden Menschen. Die Hallenwände sind bedeckt von riesigen stalinesken Bildern endloser Weizenfelder, auf denen junge, glückliche Traktoristen ihre Komsomolpflicht erfüllen.
Auch wenn Sie nur als Gartenfreund die Grüne Woche besuchen, werden Sie auf Ihre Kosten kommen. Wobei ich selbst davon Abstand genommen habe, in den Blumen- und Zwiebelhallen Geschäfte zu machen: Die Amaryllisknollen, die ich gesehen habe, schienen alt und trocken zu sein.
Aber das sind Kleinigkeiten. Man verlässt die Hallen unter dem Funkturm, die Beine müde, der Geist hellwach und voller Bilder und Sehnsüchte. Und schaut gleich zu Hause in Hans Haases unverzichtbarem Ratgeber für den praktischen Landwirt nach, der den Stand agrarökonomischen Wissens wenigstens bis zum Jahr 1960 umfassend widerspiegelt. Vom
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