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Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein

Titel: Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Dungausfahren bis zum Einspritzen von Zottelwicke findet man darin alles, was man wissen muss, wenn man sich als Landwirt selbständig machen will – oder davon zumindest träumt.
    Denn der Winter ist ja, wir hatten es bereits erwähnt, vor allem die Zeit der Träume. Und es kann darum sein, dass in Wahrheit der Winter die schönste Zeit des Gärtners ist. Ich habe noch ein anderes Buch gefunden. Es liegt hier vor mir. Groß und eindrucksvoll. Während draußen graues Schneetreiben jeden Gedanken an den Frühling erfrieren lässt, lese ich mit wohligem Schaudern diese ersten Worte: »Selbstversorgung ist nicht die Rückkehr zu einer idealisierten Vergangenheit, in der die Menschen nach Nahrung mit primitiven Werkzeugen wühlten und sich gegenseitig wegen Hexerei verbrannten. Sie ist ein Vorstoß zu einer neuen und besseren Lebensweise, einem Leben mit mehr Freude als dem überspezialisierten Kreislauf des Büros oder der Fabrik.« Ja. Wie wahr!
     
    Selbstversorgung als Rezept gegen Überspezialisierung! Eine großartige Idee. Leiden wir nicht alle an der Überspezialisierung unserer Leben?
     
    Die Telefondesinfizierer, von denen Douglas Adams schreibt, das sind wir. Wie willkommen ist uns da die Botschaft: Autarkie ist machbar, Herr Nachbar. Auch wenn das natürlich in Wahrheit völliger Blödsinn ist. Wenn ich mich auf den 1200 Quadratmetern, die mir zur Verfügung stehen, selbst versorgen wollte, wäre das eine karge Diät. Und für die Kinder wäre gar nichts übrig. Und meine Schuhe kann ich mir dann immer noch nicht selber machen. Und mein Fernsehprogramm auch nicht. Aber das ist viel zu konkretistisch gedacht. Es ist die Idee, die zählt. Und als Idee ist Selbstversorgung toll.
    Blättern wir also ein bisschen in diesem großartigen, sehr praktischen Buch, in dem einfach alles steht, was man wissen muss, wenn mal die Lichter ausgehen. Über Haus und Hof und Land und Tier, da wusste der Autor John Seymour Bescheid. Er war in den siebziger Jahren sehr berühmt. Und schrieb über alles, was wichtig ist, wenn man Schluss gemacht hat mit der Zivilisation, mit der Gesellschaft, wenn man alles hinter sich gelassen hat. Die mutigen Glücklichen, die das wagen! Seymour hat über Feldfrüchte und ihre Folge geschrieben, über die Kräuter und das Gemüse und die Gewächshäuser, über das Vieh, von Kalbung bis Zerlegung, über die Arbeiten, das Töpfern, Körbeflechten, Ziegelmachen, Häuserbauen. Ein Rausch aus einfachem Leben, eins mit der Natur, lass nichts zurück als deine Spuren, nimm nichts mit als deine Eindrücke. Von dieser Art. »Nichts wird verschwendet – es gibt keinen Abfall!« Noch so ein prägrünes Motto.
     
    Seymour arbeitete nach dem Studium der Agrarwissenschaften zwei Jahre auf englischen Bauernhöfen und danach zehn Jahre lang in Afrika, wo er eine Schaf- und Rinderfarm leitete, in Kupferminen beschäftigt war und als Tierarzt praktizierte. Er kämpfte, auch das sei noch erwähnt, als Offizier im britischen Regiment »Kings African Rifles« in Abessinien, Ceylon und Burma, als alle diese Länder noch so hießen. Das alles ist also schon eine Weile her. Nach dem Krieg hatte er sich ein holländisches Fischerboot gekauft und war damit über englische und holländische Kanäle geschippert. Er heiratete und zog dann mit seiner Frau endgültig aufs Land, zunächst in die ostenglische Grafschaft Suffolk, später an die Küste der irischen See in der Grafschaft Pembrokeshire. Dort unterzogen Seymour und seine Frau ihre Thesen zur Selbstversorgung der Überprüfung am eigenen Leib. Zwei echte Aussteiger avant la lettre.
     
     
     
    Auf einem Morgen Land glücklich werden. Darum ging es.
     
    Ein Morgen kann übrigens alles Mögliche heißen. Ursprünglich war damit die Fläche gemeint, die man an einem Vormittag mit einem Pflug bearbeiten kann. Und da scheinen die Bauern, je nach Gegend, ganz unterschiedlich abzuschneiden, in deutschen Landen reicht die agricolare Manneskraft von schlappen 1906 Quadratmetern in Homburg über realistische 2585 Quadratmeter in Schaumburg und stolze 3600 Quadratmeter in Baden bis zu sagenhaften 10484 Quadratmeter im Alten Land bei Hamburg – aber das ist bestimmt eine besondere Variante von agrarisch-hanseatischem Seemansgarn.
    »Wenn morgen die übrige Welt in die Luft gehen sollte, könnten wir hier glücklich weiterleben und würden kaum einen Unterschied merken«, soll jedenfalls Seymour gesagt haben. Man kann sich vorstellen, dass er seine beste Zeit in den

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