Die Tage des Gärtners - vom Glück, im Freien zu sein
als Streckung für Rosenöl benutzt. Dieses wird in Plantagen von Damaszener- und Gallica-Rosen gewonnen und ist sehr teuer. Man braucht ungefähr dreißig Rosen für einen einzigen Tropfen. Geranium-Öl, das billiger ist und einfacher herzustellen, lindert Stress, gleicht Emotionen aus, vertreibt Melancholie und Ängste, hilft bei Wutanfällen, Zellulitis und Menstruationsproblemen. Sagt man jedenfalls. HAGERS HANDBUCH DER PHARMAZEUTISCHEN PRAXIS , das immer einen Blick wert ist, wenn man wissen will, wozu die Gartenpflanze sonst noch so taugt, hat sich dieses Öls mal streng wissenschaftlich angenommen. Danach soll der Geranium-Extrakt tatsächlich blutdrucksenkende Wirkung haben, allerdings werden nur Versuche bei Hunden und Katzen beschrieben. Gleichzeitig – und da scheint mir ein Widerspruch zu liegen – ist hier aber auch zu lesen, dass man in Bulgarien diesem Geranium sexuelle Stimulierung zuschreibe, die jedoch nicht belegt sei. Dem Gärtner steht es also frei, das Kraut zunächst an seinen Haustieren und dann an sich selbst auszuprobieren.
Allerdings ist Geranium macrorrhizum das einzige Geranium, das Sie zuverlässig in jeder Gärtnerei finden werden, wenn zumeist auch ohne nähere Bezeichnung, um welche der zwölf Varietäten von ‘Album’ bis ‘Walter Radloff’ es sich handelt. Aber um eine Ahnung von der ganzen unüberschaubaren Vielfalt dieser Pflanze zu erhalten, muss man schon in eine der wirklich guten Staudengärtnereien gehen. Denn trotz ihres Artenreichtums und ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten gehört die Pflanze mitnichten zur üblichen Ausstattung des deutschen Gartens. Es gibt übrigens eine Geranium-Sorte, die mit dem G. macrorrhizum eng verwandt ist, aber etwas weniger wüchsig ist und auch etwas feiner, ein eleganteres G. macrorrhizum sozusagen. Es handelt sich um eine Kreuzung mit dem G. dalmaticum, und zwar das Geranium x cantabrigiense. In seinen verschiedenen Sorten blüht es weiß (‘Biokovo’ und ‘St. Ola’) oder rosa (‘Cambridge’ und ‘Karmina’).
Ich bin jedesmal geradezu geplättet, wenn ich bei Foerster, der besten denkbaren Staudengärtnerei, unter freiem Himmel durch die lange Reihe voller Geranium-Stellagen gehe.
Ich habe sie nicht gezählt, aber vom Geranium cinereum ‘Ballerina’ bis zum Geranium x oxonianum ‘Hollywood’ müssen es ungefähr einhundert Arten und Varietäten sein, die Foerster bereithält. Das genügt für jeden Garten.
Seine größte Pracht entfaltet das Geranium natürlich im Frühling und frühen Sommer, wenn die Tulpen zwischen seinen dichten grünen Büscheln emporragen. Frühling, das ist für mich der Anblick des käftigen Rots der Tulpe ‘Ronaldo’, das zwischen dem Blaugrün des Geranium sanguineum leuchtet.
Der Blutstorchschnabel ist neben dem Geranium macrorrhizum sicher die zweite bekannte Art. Wenn man ihn in Ruhe lässt, erreicht er nach ein paar Jahren etwa einen halben Meter Höhe und auch eine ebensolche Ausdehnung. Man unterschätzt das leicht. Obwohl die Pflanze schön neben Rosen steht, neigt sie dazu, diese zu überwuchern. Man muss da auf den Abstand achten oder den Storchschnabel gleich in die Nachbarschaft einer hochstämmigen Rose setzen. Auf dem Balkan schwört man auf den Blutstorchschnabel nicht nur wegen der blutdrucksenkenden und antigrippalen Wirkung. Angeblich wirkt er auch vorbeugend gegen Strahlenkrankheiten. Bei den bulgarischen Behörden liegt dazu sogar eine Patentanmeldung vor. Man sieht: der Blutstorchschnabel ist voller Rätsel und das bulgarische Patentamt auch.
Jedenfalls blüht diese Pflanze in einem stillen Rot. Es sind nicht sehr viele Blüten und sie sind, wie alle Geranium-Blüten, sehr fein. G. sanguineum ist eine zuverlässige Pflanze, für meinen Geschmack aber etwas zu krautig, etwas zu ländlich. Ich habe das G. endressii lieber, das in einem kräftigen Pink blüht – anders kann ich die Farbe nicht nennen – und beinahe blaugrüne Blätter hat, dabei aber kompakter wirkt als G. sanguineum, dichter. In einer nach hinten ansteigenden Rabatte steht das gutwüchsige G. endressii beinahe unübertroffen in der zweiten Reihe hinter einer niedriger wachsenden Sorte wie G. cinereum ‘Ballerina’ oder G. sanguineum ‘Max Frei’, die beide etwa zwanzig Zentimeter hoch werden und in fröhlichem Rosa blühen, wobei ‘Ballerina’ über ein dunkles Auge verfügt.
Eine geradezu klassische Geranium-Rabatte würde dann nach hinten hin mit G. psilostemon abschließen,
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