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Die Tage sind gezählt

Die Tage sind gezählt

Titel: Die Tage sind gezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Liebesspiels ankommen, krümmt sich Vance Johnson plötzlich hustend auf dem weißen, schwitzenden Körper seiner Frau zusammen.
    Mangel an Sauerstoff und Überarbeitung lautet die hastig gestellte Diagnose. Eine häufig auftretende Todesursache in letzter Zeit. So ist das Leben nun einmal. Man kommt und geht und wird schließlich zu Dünger verarbeitet, um der Gemeinschaft zu dienen …

    Symptom Nummer vier: Der König stirbt, oder nicht, lonesco?

    Im Innern des Bunkers flackert das ewigdauernde Licht. Es deutet etwas an.
    »Die Luft wird schlechter«, sagt die Frau. »Sie haben alle Luftkanäle verstopft. Wenn wir hierbleiben, ersticken wir. Wir müssen etwas tun. Dies kann das Ende nicht sein. Nicht so.«
    »Und was?« fragt der Mann. »Wenn wir die Schleuse öffnen, sind wir mit Sicherheit sofort verloren. Man kann nicht gegen einen Insektenschwarm kämpfen. Sie setzen sich auf dich, ersticken dich schon durch ihre Masse, und fressen dich auf. Unsere einzige Möglichkeit ist, zu warten. Sie müssen bald alles kahlgefressen haben und werden dann weiterziehen.«
    »Ja«, sagt die Frau. »Sie sind wie die Menschen, nicht wahr? Oder sind wir anders als sie?« Sie blickt auf einen Knochenberg in einer Ecke des Bunkers. »Aber du vergißt, daß sie mittlerweile gelernt haben, alles zu fressen, daß sie sich sogar von dem Gift ernähren können, das sie eigentlich töten sollte. Und es gibt immer noch genügend automatische Fabriken, die Weiterarbeiten und Dinge herstellen, von denen sie leben können. Solange das so weitergeht … Und was werden wir tun, wenn sie weitergezogen sind? Was bleibt da draußen für uns noch übrig? Eine nackte, kahlgefressene Erde. Laß uns gemeinsam ein Ende machen. Es hat doch alles keinen Sinn mehr. Auf der ganzen Welt dasselbe; keine einzige Radiostation sendet mehr. Es ist aus … aus …!«
    »Vielleicht hast du sogar recht«, gibt der Mann zu. »Vielleicht ersticken wir, vielleicht werden wir auch verhungern. Aber hinausgehen, zwischen die Insekten …«
    Er schüttelt sich.
    Die Frau schaut ihn stumm an.
    »Du kannst es noch etwas länger aushalten, wenn du willst. Töte mich und iß mich auf. Außerdem bringt es dir zusätzlichen Sauerstoff. Nun?«
    Sie sehen einander an. Draußen summen die Insekten.
    »Gut«, sagt der Mann schließlich. »Du hast es so haben wollen.« Sie wehrt sich nicht gegen das Messer, das ihren Leib durchdringt. Einige Tage später, als der Mann hinübersinkt in den Erstickungstod, hat er erst einen ihrer Arme verzehrt.

    Symptom Nummer fünf: Jeder Mensch eine Insel, jede Insel ein Universum

    Die Insel war nur ein Pünktchen am Horizont. Pedro Alvarez zog mit Mühe das Netz in sein Boot. Gott war ihm gnädig, seine Fänge wurden täglich größer. Und das mußten sie auch, denn es gab auch immer mehr Mäuler, die man zu stopfen hatte. Rosita, seine Frau, hatte vor kurzem das fünfte Kind geboren. Und die Insel war eben nur eine Insel. Jedes Jahr gab es eine bestimmte Menge an Kartoffeln, ein bißchen Gemüse und etwas Getreide, mehr nicht. Schafe gab es wenige, und ihr Fleisch war somit begrenzt. Glücklicherweise gab es das Meer mit seinem unerschöpflichen Fischvorrat. Aber langsam ging es ihm auf den Geist, fünf Tage in der Woche mit seinem Boot auf See zu verbringen.
    Er fragte sich, was Pater Jimenez im Zusammenhang mit seinen Plänen zu tun gedachte. Sie annehmen oder verwerfen? Er wird sich wohl kaum den Wünschen der meisten jungen Leute auf der Insel widersetzen, dachte er. Legenden hin, Legenden her – ob die Geschichten über den Großen Zusammenbruch und die falschen Götter, die man stürzte, stimmen, ist eine andere Frage. Wenn es keine Fantasterei war, daß es auf der anderen Seite des Ozeans riesige Landmassen gab, dann wurde es höchste Zeit, nach ihnen zu suchen. Das Volk wuchs und benötigte Platz, um sich zu ernähren und zu vermehren. Und es würde endlich erfahren, welche Wunder die Welt noch vor ihm verborgen hielt.
    Pedro Alvarez setzte Kurs auf Tristan de Cunha. Es war gut, wieder nach Hause zu segeln. Rosita und die Kinder würden ihn erwarten. Er würde den Fisch verteilen, und sie würden gemeinsam essen. Später, am Abend, wenn er am Feuer saß und die warme Ziegenmilch trank, wenn die Kinder eingeschlafen waren, konnte er seine Probleme zwischen den weichen Schenkeln Rositas vergessen …
    Vielleicht würde sie bald wieder ein Kind haben. Die Pläne für das große Schiff waren bereits fertig, und auf ihm würde es Platz

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