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Die Tage sind gezählt

Die Tage sind gezählt

Titel: Die Tage sind gezählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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hatte. Er hatte zwanzigtausend Dollar von jemandem gestohlen, der ebenfalls Lafleur hieß. So zufällig war das alles nun nicht mehr … Und er erinnerte sich, daß dieser Lafleur seine Anzeige zurückgezogen und ihn das Geld hatte behalten lassen.
    Er ließ sich also schnappen, nur ein paar Tage später, mit dem Geld in der Tasche. Wie vorausgesagt, wurde er noch am gleichen Tag mit Maurice Lafleur, dem Besitzer der Summe, konfrontiert. Sie nahmen herzlich voneinander Abschied, und Maurice wünschte Maurice Vergnügen bei einem zwanzigjährigen Nichtstun, während Maurice Maurice Glück wünschte für die vor ihm liegende zwanzigjährige Schriftstellerkarriere. Und riet ihm außerdem, sich nicht allzuviel Sorgen wegen des Flugzeugunglücks zu machen, das auf ihn zukam.
    »Aber«, sagte Maurice hinterlistig, »wenn ich nun eine andere Maschine nehme? Eine, die nicht verunglückt?«
    Der andere Maurice lächelte fein. »Kannst du gar nicht. Frag nur Deschamps. Der hat das alles auch schon mal mitgemacht.«
    »Na gut«, nickte Maurice.
    Zwei Tage später geschah ein spektakulärer Unfall, bei dem der aufstrebende französische Schriftsteller Maurice Lafleur sein Gedächtnis verlor. Und einige Wochen später sprach die gesamte kanadische Literaturszene über den vielversprechenden Nachwuchsautor René Deschamps.

    Übersetzt von Ronald M. Hahn

Rein Blijstra
Das Planetarium des Otze Otzinga
    Otze Otzinga war Gehilfe im astronomischen Institut an der Universität von Franeker. Ein kräftiger Mann mit einem vielleicht zu roten Gesicht; dem ersten Eindruck nach freundlich bis an die Grenze zur Unterwürfigkeit, jedoch bei näherer Betrachtung keineswegs der behäbige und zufriedene Mann, der er zu sein vorgab.
    Und das hatte seine Gründe.
    Otze kam aus einer armen Familie und war auf der Volksschule von seinem Lehrer entdeckt worden, der in ihm ein künftiges Genie sah. Dieser gute Mann ruhte nicht eher, bis er für Otze die Zulassung zum Gymnasium erwirkt hatte, von dem aus Otze zweifellos zur Universität gehen und sein Studium fortsetzen würde. Das nahm nicht nur der Lehrer an, sondern auch andere Leute aus Otzes Umgebung, die ebenfalls das vollste Vertrauen in seine Fähigkeiten hatten. Allerdings wurden sie alle enttäuscht.
    Auf dem Gymnasium entpuppte sich Otze als nur mittelmäßiger Schüler, der es trotz allen Fleißes nicht weiter als bis zur dritten Klasse brachte. Da war er bereits siebzehn Jahre alt, ging von der Schule ab und mußte ein Handwerk erlernen.
    Die Wahl fiel nicht schwer, denn es hatte sich schon lange gezeigt, daß Otzes Begabung weniger in seinem Kopf als in seinen Fingerspitzen saß. So kam er bei einem Feinmechaniker des technischen Laboratoriums der Universität in die Lehre und war noch ziemlich jung (noch nicht dreißig), als er eine Anstellung als Gehilfe im astrophysikalischen Laboratorium des astronomischen Instituts erhielt.
    Das war an sich kein schlechter Posten. Im Gegenteil: er war ziemlich verantwortungsvoll, doch es schien, daß die frühere Hoffnung, die höchsten Gipfel der Wissenschaft zu erklimmen, und die darauffolgende Enttäuschung den jungen Otze zutiefst frustriert hatten. Ohne nun direkt sagen zu können, er sei mißmutig, fehlte ihm doch die unbekümmerte Lebenslust eines glücklichen Menschen. Er war dauernd beschäftigt, mit irgend etwas zugange, steckte stets intensiv in der Arbeit. Vor allem in letzter Zeit.
    In letzter Zeit? Während der letzten Monate, könnte man sagen; vielleicht sogar, obwohl das bisher kaum jemand aufgefallen war, während der letzten Jahre. Genau war das nicht festzustellen, denn Otze hatte schon zu Beginn seiner Ehe den Dachboden seines Hauses als Studierkammer, Arbeitsraum und Zufluchtsort hergerichtet und verbrachte dort einen Großteil seiner Freizeit. Was er dort oben tat, war seiner Frau Boukje nicht ganz klar. Sie hatte den Verdacht, daß er dort nach dem Mittagessen zumindest ein Schläfchen machte; aber daß er dort ab und zu auch etwas anstellte, war ihr ebenso bekannt, weil er zu bestimmten Zeiten mit kunstvoll gefertigten Modellen komplizierter Maschinen, aber auch ganz altmodischen Dingen wie Schiffen, Eisenbahnen und Flugzeugen zum Vorschein kam, die er dann – sichtlich zufrieden – irgendwo hinstellte, wo man sie anschauen konnte. So eine Ausstellung blieb nicht lange unverändert, denn nach einiger Zeit kam Otze wieder mit etwas anderem an, für das ältere Modelle dann Platz machen mußten, und die er dann an Nachbarn

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